Was allein das Herz erkennt (German Edition)
Großmutter, mit Bildern von Hochzeiten in Kathedralen, Kirchen, Leuchttürmen, Yachtclubs, exklusiven Penthouse-Wohnungen, Rosengärten, Schindeldachhäusern und auf der Bühne des Silver Bay Playhouse.
Genny erzählte von ihrer eigenen Hochzeit mit Ray, in der kleinen Gemeindekirche am Lac Vert.
»Wo er getauft worden und zur Erstkommunion gegangen ist. Langweilig und konventionell.«
»Keine Hochzeit ist langweilig«, entgegnete May. »Und mit einem Eishockeyspieler verheiratet zu sein schon gar nicht.«
»Stimmt. Und, hast du dich daran gewöhnt?«
»Ich vermisse ihn schon jetzt, dabei haben wir erst November und die Saison hat gerade erst begonnen. Aber zum Glück steht die Weihnachtszeit vor der Tür, und die haben wir für uns.«
»Mach dir keine falschen Hoffnungen. Weihnachten fällt mitten in die Eishockeysaison.«
»Ich weiß. Ich tue mein Bestes, nicht daran zu denken. Die Arbeit lenkt mich Gott sei Dank ab.«
»Wenn Leute über ihre Arbeit sprechen, dann beneide ich sie oft und wünschte mir, ich könnte mitreden. Beim Gang durch eine Galerie stelle ich mir vor, ich wäre Malerin. In einem Buchladen frage ich mich, wie es wohl sein mag, ein Buch zu schreiben. Ich möchte irgendetwas tun, eine Tätigkeit, von der ich etwas verstehe .«
»Du weißt ja, was mir dazu auf Anhieb einfällt.« May sah, dass Tobin sie von der anderen Seite der Scheune beobachtete. Warum hatte sie es abgelehnt, Tee mit ihnen zu trinken?
»Meine Marmeladen?«
»Ich meine es ernst, Genny. Meine Bräute lieben es, Geld auszugeben. Wir verkaufen hier unsere eigenen Kräuter. Wir haben Kerzen, Seifen, eben lauter Produkte mit unserer eigenen Marke im Sortiment. Was mir vorschwebt, wäre eine Art Präsentkorb mit deinen Marmeladen und Gelees. Wir könnten ihn ›Hochzeitsfrühstück‹ nennen.«
»Und ich könnte dazu kleine handgeschriebene Kärtchen machen, auf denen steht, dass die Früchte vom romantischsten See Kanadas kommen, dem Lac Vert.«
»Die Präsentkörbe wären ein Renner.«
»Ich weiß nicht.« Genny lächelte. »Es klingt aber, als würde es Spaß machen.«
»Bestimmt. Erdbeeren im Juni, Blaubeeren im Juli – was kommt danach?«
»Pfirsiche, Nektarinen, Kirschen. Brombeeren. Dann die Äpfel … du hast unseren Obstgarten ja gesehen. Aber jetzt haben wir November. Vor dem nächsten Sommer geht nichts.« Genny lachte. »Was gut ist. Ich komme nämlich schwer in die Gänge, normalerweise bleibt es dann beim Träumen.«
»Mach dich nicht kleiner, als du bist.« May erinnerte sich daran, was ihre Großmutter zu ihren Kundinnen zu sagen pflegte: »Man sollte nie den eigenen Wert schmälern, nicht einmal im Scherz, sonst glaubt es am Ende noch jemand.«
»Mmmm …« Gennys Stimme klang, als habe sie das Thema Genny Gardner fürs Erste abgehakt.
»Hat Trisha eigentlich gearbeitet?«, fragte May plötzlich. Ihre Mutter hatte den Bräuten, die eine Zweitehe eingingen, stets geraten, nie Fragen über ihre Vorgängerin zu stellen und die Vergangenheit ruhen zu lassen, weil man damit den Ärger vorprogrammierte, aber May konnte nicht widerstehen.
»Sie hat ein Leben geführt, das in Arbeit ausartete«, lachte Genny. »Wenn du verstehst, was ich meine. Sie war ständig auf Achse: Urlaub an den mondänsten Orten machen, reisen, ›Freunde‹ besuchen. Und wenn man Ray Glauben schenken darf, hat sie dabei nichts anbrennen lassen. Serge machte Martin mit Trisha bekannt, weißt du.«
»Wirklich?«
»Trisha war eher Serges Typ als Martins. Designerfassade, immer braun gebrannt, makelloser Körper.«
»Wie schön.« May blickte auf ihre abgewetzten Stiefel.
»Nein, sie war weiß Gott nicht die Richtige für Martin. Ray und ich wussten das von Anfang an. Sogar Serge erkannte ziemlich bald, dass die beiden nicht zusammenpassten. Sie ist ein L. A.-Mädel und hat nur eines im Kopf: Partys, Show und Glamour.«
»Martin muss das aber doch irgendwie gefallen haben.«
»Eine Weile schon.« Genny sah May in die Augen. »Als er jünger war, hat er sich das wenigstens eingebildet.«
»Ich hoffe, das stimmt. Denn das kann ich ihm nicht bieten.« May spürte einen kalten Lufthauch, der durch das Eingangsloch der Eulen zog.
»Du brauchst so etwas nicht.« Genny lächelte. »Du hast eine natürliche, lässige Eleganz, falls du dich erinnerst.«
May zuckte lächelnd die Schultern. »Ach ja! Hatte ich ganz vergessen.«
»Sogar Serge bedauerte, dass er die beiden zusammengebracht hatte, als er sah, was sich da abspielte.
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