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Was am Ende bleibt

Was am Ende bleibt

Titel: Was am Ende bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Fox
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der Mann im Plauderton. Sie gingen weiter und zur Tür hinaus.
    «Du willst doch nicht sagen, daß eure Ehe am Ende ist, oder?»
    «Nein!» sagte er wütend. «Nein … Sie hat niemanden außer mir, und sie hat Angst vor dem Alter. Sie ist jetzt einfach nicht sie selbst. Aber sie wird zurückkommen, die dumme Kuh.»
    «Die Kinder?»
    «Ach, denen geht’s gut. Linda weiß, daß die Dinge zwischen Ruth und mir schlecht stehen. Aber sie ist zu sehr mit dem Erwachsenwerden beschäftigt, um sich über irgend etwas anderes Sorgen zu machen. Sie hat so eine pampige Art,
yeah
zu sagen, die mich die Wände hochtreibt. Möchtest du noch ein Bier? Worüber denkst du nach? Es ist komisch hier, nicht? Du und ich? Bier trinken und unsere Lieben daheim betrügen.»
    «Ich betrüge niemanden.»
    «Wir sind immer Freunde gewesen, oder?» fragte er und ging über ihr Leugnen hinweg. «Es hat immer etwas zwischen uns gegeben, stimmt’s? Schau nicht so verängstigt drein! Mein Gott … Otto, Ruth, dieses Land mit seinen Todesstrahlen und Tiefkühlerbsen … Ich bin gar nicht so anders als Otto. Auch ich wünsche mir die Vergangenheitzurück. Ich hasse Flugzeuge und Autos und Raumschiffe. Aber ich trau mich nicht … ich trau mich nicht. Siehst du das nicht? Dieser Krieg! Bobby ist schon sechzehn. In ein paar Jahren kann er eingezogen werden. Schau dir den Schlamassel an!»
    «Manchmal bin ich froh, daß ich keine Kinder habe», sagte sie.
    Er schien sie nicht gehört zu haben. Er schlüpfte unter dem Tisch hinaus, ging zur Theke und kehrte mit zwei neuen Flaschen Bier zurück.
    «Ich hatte zwei Fehlgeburten», sagte sie.
    «Das weiß ich», sagte er und klang griesgrämig.
    «Meine Gebärmutter ist anscheinend wie ein Flipperautomat.»
    «Warum habt ihr kein Kind adoptiert?»
    «Wir haben es immer wieder aufgeschoben und jetzt – jetzt sind wir so ein etabliertes kinderloses Ehepaar.»
    «Das macht nichts», sagte er. «Sie haben unser Glück als Geisel genommen. Ich liebe sie, aber sie erdrücken mich. Und es ist ein Geschäft wie alles heutzutage, das Kinder-haben-Geschäft, das linksliberale Geschäft, das Kultur-Geschäft, das Umsturz-der-alten-Werte-Geschäft, das militante Geschäft … jede Anomalie wird eine Mode, ein Geschäft. Es gibt sogar ein Versagen-Geschäft.»
    «Und dann gibt es noch dieses engagierte, aufopfernde Rechtsanwalt-Geschäft», sagte sie.
    «Ich wollte nur wie Mr. Jarndyce sein, ganz ehrlich. Das ist die Art von Anwalt, die ich sein wollte», sagte Charlie und rieb sich wie wild die Kopfhaut an einer bestimmten Stelle, als würde jemand von innen dagegen hämmern. «Du kennst …
Bleak House
. Da gibt es diese Szene, wenn Esther Summerson in der Kutsche weint, und der alte Jarndyce zaubert einen Rosinenkuchen und eine Torte aus seinem Mantel hervor und bietet ihr beidesan, und als sie ablehnt, mein Gott, da wirft er einfach beide aus dem Fenster und sagt: ‹Schon wieder einer platt!› Das hat vielleicht Stil!» Er lachte los und rief: «Und warf sie aus dem Fenster!» und klappte in der Ecke der Nische zusammen, erstickte fast und winkte dem Barkeeper zu, der besorgt zu ihnen herüberstarrte.
    «Ich glaube, ich habe die Tollwut», sagte sie.
    «Nimm lieber einen Rosinenkuchen», antwortete er kichernd.
    «Du bist derjenige, dem alles egal ist», sagte sie. «Ach, hör doch mit diesem blöden Gekicher auf!»
    «Ich kümmere mich um alles», sagte er. «Auf meine verzweifelte Art. Was mich aufrechterhält, ist die Verzweiflung. Komm, wir wecken Otto auf. Ich möchte ihm etwas über Jarndyce erzählen.» Und er fing wieder an zu lachen. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über das Gesicht und sah sie eindringlich an. «Bist du verzweifelt?» fragte er.
    «Ich weiß es nicht. Ich denke, ich muß mich mit irgend etwas beschäftigen. Ich bin zu faul. Man hat mir einen Roman zum Übersetzen geschickt, und ich fand ihn schrecklich. Dann rief vor ein paar Tagen jemand an und wollte über einen Hafenarbeiter aus Marseille reden, der irgendwelche Gedichte geschrieben hat. Ich sagte, ich würde es mir überlegen, aber das habe ich dann doch nicht gemacht. Weißt du, daß mein Vater Halbfranzose war? Und Halbalkoholiker?»
    «Und deine Mutter?»
    «Waschechte Kalifornierin. Sie wohnt in San Francisco und zieht von Zeit zu Zeit Astrologen zu Rate. Das ist ihre einzige Macke.»
    «Und sonst keine Familie?»
    «Nein. Ein oder zwei Cousinen zweiten Grades in Oakland, Verwandte meiner Mutter, aber niemand, denich

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