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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Mundwinkeln, an allen empfindlichen Körperteilen. Der Krebs trat in vielen verschiedenen Formen auf, doch es war immer Krebs. Es musste an irgendeiner Strahlung liegen, die den menschlichen Körper durchdrang und dazu führte, dass sich eine bestimmte Form von Desoxycorticosteron in eine – auf der Erde unbekannte – Abart von Pregnandiol verwandelte, die unweigerlich Krebs erzeugte. Die Krankheit griff ungeheuer schnell um sich.
    Die neugeborenen Mädchen starben zuerst. Die Frauen klammerten sich verzweifelt an ihre Männer, ihre Väter. Die Mütter verabschiedeten sich von ihren Söhnen.
    Unter den Ärzten gab es eine Frau, eine starke Frau.
    Rücksichtslos schnitt sie Gewebe aus ihrem eigenen Körper, legte es unter das Mikroskop, nahm Proben von ihrem Urin, ihrem Blut, ihrem Speichel und erhielt schließlich die Antwort: Es gab keine Antwort. Und trotzdem gab es etwas, das zugleich besser und schlechter als eine Antwort war.
    Wenn Arachosias Sonne alles tötete, was weiblich war, wenn die weiblichen Fische bäuchlings auf der Oberfläche der Meere trieben, wenn die weiblichen Vögel einen immer schrilleren, wilderen Gesang anstimmten, wenn sie über Eiern starben, die niemals ausgebrütet werden würden, wenn die weiblichen Tiere in den Höhlen grunzten und knurrten, in denen sie sich in ihrem Schmerz versteckt hatten, dann brauchten die weiblichen menschlichen Wesen den Tod noch lange nicht resigniert hinzunehmen. Die Ärztin hieß Astarte Kraus.
     
     
    Die Magie der Klopten
     
    Die menschliche Frau konnte etwas tun, was den weiblichen Tieren verwehrt war.
    Sie konnte ein Mann werden.
    Mit Hilfe von Schiffsmaschinen wurden ungeheure Mengen von Testosteron hergestellt, und jedes einzelne Mädchen und jede einzelne Frau, die noch am Leben waren, wurden in einen Mann verwandelt. Jede erhielt starke Injektionen. Ihre Gesichter wurden kantiger, sie wuchsen alle ein Stück, ihre Brüste verflachten sich, ihre Muskeln wurden kräftiger, und in weniger als drei Monaten waren sie Männer geworden.
    Einige niedere Lebensformen hatten überlebt, weil bei ihnen keine klare Trennung zwischen männlich und weiblich vorlag und es kein Geschlecht gab, das auf diese bestimmte organische Substanz zur Fortpflanzung angewiesen war. Da die Fische ausgestorben waren, breiteten sich Wasserpflanzen in den Ozeanen aus; die Vögel waren verschwunden, doch die Insekten hatten überlebt – Libellen, Schmetterlinge, mutierte Arten von Heuschrecken, Käfern und anderen Insekten schwärmten über den Planeten. Die Männer, die ihre Frauen verloren hatten, arbeiteten Seite an Seite mit den Männern, die aus den Körpern der Frauen entstanden waren.
    Wenn sie einander gut kannten, war jede Begegnung unendlich traurig. Ehemann und Ehefrau, beide bärtig, stark, streitsüchtig, verzweifelt und geschäftig. Die kleinen Jungen, die irgendwie erkannt hatten, dass sie aufwachsen würden, ohne jemals einen Schatz, eine Frau zu haben, ohne jemals zu heiraten und Töchter zu bekommen.
    Doch was bedeutete schon eine einzige Welt für den rastlosen Geist und den brillanten Intellekt von Dr. Astarte Kraus? Sie wurde zur Führerin ihres Volkes, der Männer und der Mannweiber. Sie trieb sie an, sie brachte sie dazu, zu überleben und bei klarem Verstand zu bleiben.
    (Vielleicht hätte sie sie alle sterben lassen, wäre sie ein mitfühlender Mensch gewesen. Aber es lag nicht in der Natur von Dr. Kraus, mitfühlend zu sein – sie war nur genial, rücksichtslos und unbeugsam dem Universum gegenüber, das versucht hatte, sie zu vernichten.)
    Bevor sie starb, hatte Dr. Kraus ein sorgfältiges genetisches Programm entwickelt. Kleine Teile männlichen Gewebes konnten nun mittels eines unkomplizierten chirurgischen Eingriffs in den Unterleib verpflanzt werden, knapp unterhalb des Bauchfells. Eine künstliche Gebärmutter und künstlich erzeugte chemische Prozesse sowie künstliche Befruchtung durch Bestrahlung und Erwärmung machten es möglich, dass Männer männliche Kinder zur Welt bringen konnten. Was hätte es auch für einen Sinn gehabt, Mädchen zu bekommen, wenn sie doch alle anschließend starben?
    Die Menschen von Arachosia lebten weiter. Die erste Generation arbeitete weiter trotz der Tragödie, halb verrückt vor Gram und Enttäuschung. Sie schickten Signalkapseln aus und wussten, dass ihre Botschaften die Erde erst in sechs Millionen Jahren erreichen würden.
    Als Pioniere hatten sie es gewagt, weiter hinauszufahren als jedes andere Schiff

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