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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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vor ihnen. Sie hatten eine gute Welt entdeckt, aber sie waren sich nicht völlig sicher, wo sie sich wirklich befanden. Waren sie noch immer in ihrer vertrauten Galaxie oder waren sie hinausgesprungen zu einer der zur lokalen Gruppe gehörenden Galaxie? Sie wussten es nicht genau. Es gehörte zur Politik der Alten Erde, die Kolonistengruppen nicht allzu umfangreich auszurüsten, aus Furcht, dass einige von ihnen einen umfassenden kulturellen Wandel durchmachen oder angriffslustige Eroberer werden und zurück zur Erde kehren und sie zerstören würden. Die Erde war stets darauf bedacht, die besten Trümpfe nicht aus der Hand zu geben.
    Die dritte, vierte und fünfte Generation der Arachosianer waren noch immer Menschen. Und allesamt Männer. Sie verfügten noch über die Geschichte der Menschheit, sie besaßen menschliche Bücher, sie kannten Worte wie »Mama« und »Schwester« und »Liebling«, aber sie wussten nicht mehr genau, was diese Worte bedeuteten.
    Der menschliche Körper, der auf der Erde vier Millionen Jahre zu seiner Entwicklung benötigt hatte, verfügte über ungeheure Reserven, über Reserven, die größer waren als das Gehirn oder die Persönlichkeit oder die Hoffnungen des Einzelnen. Und die Körper der Arachosianer trafen ihre Entscheidungen. Da die Chemie des weiblichen Geschlechtes den sofortigen Tod bedeutete, und da hin und wieder ein Mädchen tot geboren und achtlos begraben wurde, nahmen die Körper von sich aus die erforderliche Anpassung vor. Die Menschen von Arachosia wurden zugleich Männer und Frauen. Sie verliehen sich selbst den unschönen Namen »Klopten«. Da sie den wohltuenden Einfluss eines Familienlebens nicht mehr kannten, wurden sie zu prahlerischen Streithähnen, die ihre Liebe mit Mord würzten, ihre Lieder mit Duellen anreicherten, ihre Waffen schärften und sich das Recht erwirkten, sich in einem fremdartigen Familiensystem fortzupflanzen, dem kein ehrbarer Erdenmensch Verständnis entgegengebracht hätte.
    Aber sie überlebten.
    Und die Methode ihres Überlebens war so streng, so grausam, dass es in der Tat schwerfiel, sie zu verstehen.
    In weniger als vierhundert Jahren hatten sich die Arachosianer zu Gruppen untereinander verfeindeter Clans zusammengeschlossen. Sie besaßen noch immer nur einen Planeten, der um eine einzige Sonne kreiste. Sie besaßen einige Raumschiffe, die sie selbst entwickelt hatten. Ihre Wissenschaft, ihre Kunst und ihre Musik schritten voran in seltsamen, neurotisch inspirierten Entwicklungssprüngen, denn ihnen mangelte es an den fundamentalen Strukturen der menschlichen Persönlichkeit selbst, an dem Gleichgewicht zwischen Mann und Frau, an der Familie, den Wirkungen der Liebe, der Hoffnung, der Fortpflanzung. Sie überlebten, aber sie waren zu Ungeheuern geworden, ohne es zu wissen.
    Aus ihrer Erinnerung an die alte Menschheit erschufen sie eine Legende von der Alten Erde, in der Frauen Missgeburten gewesen waren, die getötet werden mussten. Unglückselige Geschöpfe, die ausgerottet werden durften. Die Familie, so erinnerten sie sich, war etwas Schmutziges und Abartiges, das sie ausmerzen wollten, falls sie ihr jemals begegneten.
    Sie selbst waren bärtige gleichgeschlechtliche Wesen mit geschminkten Lippen, prächtigen Ohrringen, kunstvollen Frisuren, und es gab nur sehr wenige alte Männer unter ihnen. Sie töteten ihre Leute, bevor sie alt werden konnten; die Dinge, die sie nicht aus der Liebe, durch Entspannung oder Trost gewannen, holten sie sich durch Schlachten und den Tod. Sie dichteten Lieder, in denen sie sich selbst als die Letzten der alten Menschen und die Ersten der neuen Menschen priesen, und sie besangen ihren Hass auf die Menschheit, der sie vielleicht einst begegnen würden, und sie sangen Verloren ist die Erde, sollten wir sie jemals finden . Und trotzdem trieb sie etwas in ihrem Innern dazu, an jedes Lied einen Refrain anzufügen, der sie selbst am meisten beunruhigte:
    Und ich traure um den Menschen!
    Sie trauerten um die Menschen und dennoch schworen sie sich, alles anzugreifen, was menschlich war.
     
     
    Die Falle
     
    Suzdal war von der Signalkapsel getäuscht worden. Er legte sich zum Schlafen hin und wies die Schildkrötenmenschen an, den Kreuzer nach Arachosia zu steuern, wo immer sich dieser Planet auch befinden mochte. Er handelte nicht aus Wahnwitz oder Leichtfertigkeit. Er handelte aufgrund reiflicher Überlegung. Und diese Entscheidung führte dazu, dass man ihn später verhörte, anklagte, verurteilte und ihm

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