Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
dann?«, fragte Elaine.
»Bevor ich starb, war ich Lady Panc Ashash. Genau wie ich es dir sagte. Nun bin ich eine Maschine und ein Teil deines Schicksals. Wir werden einander helfen, das Schicksal der Welten zu ändern, um der Menschheit vielleicht sogar die Menschlichkeit zurückzubringen.«
Verwirrt starrte Elaine sie an. Das war kein gewöhnlicher Roboter. Er schien ein Wahrer Mensch zu sein, er sprach mit beeindruckender Autorität. Und dieses Ding, dieses Ding schien so viel über sie zu wissen. Niemand hatte sich je richtig um sie gekümmert. Die Pflegemütter im Kinderhaus auf der Erde hatten gesagt: »Ein neues Hexenkind, und ein hübsches dazu, die machen nicht viel Schwierigkeiten.« Und dann hatten sie ihr Leben vorübergehen lassen.
Endlich konnte Elaine das Gesicht genau sehen, das kein wirkliches Gesicht war. Der Charme, der Humor, die Ausdrucksfähigkeit – nichts war verschwunden. »Was … was …«, stammelte sie, »… was soll ich jetzt tun?«
»Nichts«, eröffnete ihr die seit langem tote Lady Panc Ashash. »Du musst dich nur deinem Schicksal stellen.«
»Sie meinen, meinem Geliebten?«
»So ungeduldig!«, lachte die Kopie einer toten Frau auf sehr menschliche Art. »Solch eine Eile. Zuerst der Geliebte und dann erst das Schicksal. Ich war genauso wie du, als ich noch ein Mädchen war.«
»Aber was soll ich tun?«
Die Nacht war nun vollständig hereingebrochen. Die Straßenlampen glühten über den leeren, ungekehrten Straßen. Ein paar Türen, keine einzige von ihnen weniger als eine volle Straßenbreite entfernt, bildeten Rechtecke aus Licht oder Schatten – aus Licht, wenn sie weit genug von den Straßenlampen entfernt waren, so dass ihr eigenes Licht sie von innen erhellte; aus Schatten, wenn sie sich so dicht unter den großen Lampen befanden, dass sie von dem Schein abgeschnitten wurden.
»Geh durch diese Tür«, befahl die alte nette Frau.
Doch sie deutete auf das gleichförmige Weiß einer leeren Wand. An dieser Stelle befand sich überhaupt keine Tür.
»Aber dort ist ja gar keine Tür«, protestierte Elaine.
»Wenn da eine Tür wäre«, erwiderte Lady Panc Ashash, »würdest du mich nicht benötigen, um zu erfahren, dass du dort hineingehen sollst. Du brauchst mich aber.«
»Warum?«
»Weil ich seit Hunderten von Jahren auf dich gewartet habe – darum.«
»Das ist keine Antwort!«
»Es ist eine Antwort«, lächelte die Frau, und ihre Unerschütterlichkeit wirkte nicht im Geringsten roboterhaft. Es war die Freundlichkeit und Nachsicht eines reifen menschlichen Wesens. Sie sah auf, blickte in Elaines Augen und sprach einfühlsam und sanft weiter: »Ich weiß es, weil ich es weiß. Nicht weil ich ein toter Mensch bin – das spielt keine Rolle mehr –, sondern weil ich jetzt eine sehr alte Maschine bin. Du wirst in den braunen und gelben Tunnelgang gehen, und du wirst an deinen Geliebten denken, und du wirst deine Arbeit erledigen, und die Menschen werden dich jagen. Aber am Schluss wirst du glücklich sein. Verstehst du das?«
»Nein«, erwiderte Elaine, »nein, das verstehe ich nicht.« Aber sie streckte ihre Hand nach der reizenden alten Dame aus.
Die Lady ergriff die Hand. Die Berührung war warm und sehr menschlich. »Du brauchst es auch nicht zu verstehen. Du musst es nur tun. Und ich weiß, dass du es tun wirst. Und dass du gehen wirst, geh!«
Elaine versuchte zu lächeln, aber sie war besorgt, auf sehr bewusste Weise besorgter als je zuvor in ihrem Leben. Etwas Wirkliches geschah mit ihr, mit ihrem eigenen individuellen Selbst, und es hatte sehr lange gedauert. »Wie komme ich durch die Tür?«
»Ich werde sie öffnen«, lächelte die Lady und ließ Elaines Hand los. »Und du wirst deinen Geliebten daran erkennen, dass er diesen Vers singt.«
»Welchen Vers?« Elaine versuchte Zeit zu gewinnen; sie fürchtete sich vor der Tür, die nicht einmal existierte.
»Er beginnt mit ›Ich kenne dich, und ich liebe dich, und ich gewann dich in Kalma …‹. Du wirst ihn erkennen. Geh nun hinein. Es wird zu Beginn unangenehm sein, aber wenn du den Jäger triffst, wird alles ganz anders aussehen.«
»Waren Sie denn schon einmal dort drinnen?«
»Natürlich nicht. Ich bin eine Maschine. Der Ort ist gedankensicher. Niemand kann in ihn hinein- oder aus ihm heraussehen, -hören, -denken oder -sprechen. Es ist ein Bunker aus der Zeit der alten Kriege, in denen das leiseste Anzeichen eines Gedankens zur Zerstörung des gesamten Ortes führte. Deshalb hat ihn
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