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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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bist?«
    Elaine drehte sich auf der Bank um, so dass sie wieder das Fenster im Blickfeld hatte. Von den Strahlen der untergehenden Sonne war ihr Gesicht rot getönt. Sie keuchte. »Ich weiß nicht, was du damit meinst …«
    Die Stimme fuhr unerbittlich fort: »Denk nach, Elaine, denk nach. Bedeutet denn der Name H’jeanne überhaupt nichts für dich?«
    »Ich nehme an, es handelt sich dabei um einen Untermenschen, einen Hund. Dafür steht das H, nicht wahr?«
    »Das war das kleine Mädchen, dem du begegnet bist«, erklärte Lady Panc Ashash, als ob diese Bemerkung von enormer Bedeutung wäre.
    »Ja«, sagte Elaine pflichtschuldig. Sie war höflich und stritt sich nie mit Fremden.
    »Warte einen Augenblick«, bat Lady Panc Ashash. »Ich werde meinen Körper hervorholen. Gott weiß, wann ich ihn zum letzten Mal getragen habe, aber dann wirst du dich nicht ganz so unwohl in meiner Gegenwart fühlen. Achte nicht auf die Kleidung. Sie ist ziemlich in die Jahre gekommen, aber ich glaube, dass der Körper funktionieren wird. Dies ist der Anfang der Geschichte von H’jeanne, und ich möchte, dass dein Haar gekämmt ist, und wenn ich es selbst bürsten müsste. Bleib, wo du bist, Mädchen, und warte einen Moment. Es dauert nur eine Minute.«
    Die Wolke färbte sich von Dunkelrot in Leberschwarz. Was konnte Elaine schon tun? Sie blieb auf der Bank sitzen. Klapperte mit ihrem Schuh auf dem Boden. Fuhr leicht zusammen, als die altmodischen Straßenlampen der unteren Stadt mit geometrischer Plötzlichkeit aufflammten. Sie besaßen nicht den milden Glanz der neueren Lampen in der oberen Stadt, wo der Tag ohne jähen Farbwechsel sanft in die helle klare Nacht überging.
    Die neben dem Fenster gelegene Tür öffnete sich quietschend. Uraltes Plastik rieselte auf den Bürgersteig.
    Elaine war fassungslos.
    Sie hatte unbewusst ein Ungeheuer erwartet, doch stattdessen stand eine charmante Frau vor ihr, von etwa ihrer eigenen Größe, die gespenstische, altmodische Kleider trug. Die fremde Frau hatte glänzend schwarze Haare, war weder durch bestehende noch geheilte Krankheiten gezeichnet, es gab keinerlei Hinweise auf schwere Verletzungen in der Vergangenheit, ihr Aussehen, Haltung, Tastsinn und Augen waren in keiner Weise beeinträchtigt. (Es gab keine Möglichkeit, mit der Elaine jetzt Geruchs- und Geschmackssinn hätte überprüfen können, aber das war die medizinische Prüfung, die ihr von Geburt an eingegeben worden war – die Prüfung, der sie bis jetzt jeden Erwachsenen unterzogen hatte, der ihr begegnet war. Sie war als »Laientherapeut, weiblich« entworfen worden, und sie war eine gute Therapeutin, auch wenn es niemanden gab, den sie hätte behandeln können.)
    Der Körper war wirklich luxuriös. Er musste so viel gekostet haben wie die Gebühren von vierzig oder fünfzig Landungen auf den Planeten: Die menschliche Gestalt war perfekt nachgebildet. Der Mund wölbte sich über richtige Zähne; die Worte wurden von Kehle, Gaumen, Zunge, Zähnen und Lippen geformt und nicht nur durch einen im Kopf installierten Lautsprecher. Der Körper war tatsächlich ein Museumsstück, vermutlich eine genaue Kopie von Lady Panc Ashash, so wie sie zu Lebzeiten ausgesehen hatte. Wenn das Gesicht lächelte, war der Eindruck ungemein gewinnend.
    Die Lady trug das Kleid eines vergangenen Zeitalters – ein prunkvolles Kleid aus schwerem blauem Material, das an Saum, Taille und Ausschnitt mit rechteckigen Goldmustern bestickt war. Außerdem trug sie einen dazu passenden Umhang aus dunklem, verblasstem Gold, blau bestickt mit den gleichen rechteckigen Mustern. Ihr Haar war hochgekämmt und mit juwelenbesetzten Kämmen aufgesteckt. Es wirkte völlig naturgetreu und war nur an einer Seite leicht angestaubt.
    Der Roboter lächelte. »Ich bin aus der Mode. Es ist lange Zeit her, seit ich noch ich selbst war. Aber ich dachte, meine Liebe, dass es dir leichter fiele, dich mit diesem Körper zu unterhalten als mit dem Fenster …«
    Elaine nickte stumm.
    »Du weißt, dass ich das nicht bin?«, fragte der Körper scharf.
    Elaine schüttelte den Kopf. Sie wusste es nicht; sie hatte das Gefühl, überhaupt nichts mehr zu wissen.
    Lady Panc Ashash sah sie ernst an. »Das bin ich nicht. Das ist nur der Körper eines Roboters. Du hast ihn angesehen wie einen richtigen Menschen. Und ich bin auch nicht ich selbst. Manchmal schmerzt es. Wusstest du, dass eine Maschine Schmerzen empfinden kann? Ich kann es. Aber … ich bin nicht ich .«
    »Wer bist du

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