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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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und ihre Augen fortgesengt. Ihre jungen, mädchenhaften Brüste zeigten in ihrer herzergreifenden Schamlosigkeit, dass sie jung und weiblich gewesen war. Nun war sie tot, endgültig tot.
    Die Soldaten hätten sie in eine Kiste geworfen, wenn sie ein Untermensch gewesen wäre. Stattdessen erwiesen sie ihr die militärischen Ehren, die sie ihren eigenen Kameraden oder einem wichtigen Zivilisten in Katastrophenzeiten zukommen ließen. Sie entrollten eine Trage, legten den kleinen geschwärzten Leichnam darauf und bedeckten ihn mit ihrer Flagge. Niemand hatte ihnen befohlen, dies zu tun.
    Während der Soldat Elaine und den Jäger die Waterrock Road hinaufbegleitete, wo die Kasernen und Büros des Militärs lagen, sah Elaine, dass auch er geweint hatte. Sie wollte ihn deswegen ansprechen, aber der Jäger bedeutete ihr mit einem Kopfschütteln, es nicht zu tun. Später erklärte er ihr, dass der Soldat vielleicht bestraft worden wäre, wenn er mit ihnen gesprochen hätte.
    Als sie in das Büro kamen, trafen sie dort auf Lady Goroke.
    Lady Goroke ist schon da … Dies wurde in den folgenden Wochen zu einem Alptraum. Sie hatte ihren Kummer überwunden und leitete die Untersuchung im Fall Elaines und H’jeannes.
    Lady Goroke ist schon da … Sie blieb wach, wenn sie schliefen. Ihr Abbild – oder vielleicht auch sie selbst – saß bei ihnen während all der endlosen Verhöre. Sie war besonders interessiert an einer Begegnung mit der toten Lady Panc Ashash, der falsch eingesetzten Hexe Elaine und des nichtangepassten Mannes, des Jägers.
    Lady Goroke ist schon da … Sie fragte sie alles, aber sie sagte ihnen nichts.
    Bis auf das eine Mal.
    Einmal brach es aus ihr heraus, leidenschaftlich und während eines Gesprächs nach endlosen Stunden bürokratischer Arbeit. »Ihre Erinnerungen werden gesäubert werden, wenn wir hiermit fertig sind, so dass es keine Rolle spielt, wie viel Sie noch erfahren. Wissen Sie denn, wie mich das getroffen hat – mich! – und meinen tiefsten Glauben erschüttert?«
    Sie schüttelten den Kopf.
    »Ich werde ein Kind bekommen, und ich werde zur Menschenheimat zurückkehren, um es zu gebären. Und ich werde den genetischen Kode persönlich festlegen. Ich werde meinen Sohn Jestocost nennen. Der Name stammt aus einer der alten Sprachen, aus dem Paroski, und er bedeutet ›Grausamkeit‹, um ihn daran zu erinnern, woher er kommt und warum. Und er oder sein Sohn oder dessen Sohn werden der Welt die Gerechtigkeit wiedergeben und das Rätsel der Untermenschen lösen. Was halten Sie davon? Nun, wenn ich es mir genau überlege, denken Sie lieber nicht darüber nach. Es ist nicht Ihre Angelegenheit, und ich werde es ohnehin tun.«
    Sie blickten sie voller Mitgefühl an, aber sie waren zu sehr mit den Problemen ihres eigenen Überlebens beschäftigt, um ihr sehr viel Sympathie entgegenzubringen oder einen Ratschlag zu erteilen.
    Jeannes Leichnam war pulverisiert und in die Luft geblasen worden, denn Lady Goroke hatte befürchtet, dass die Untermenschen eine Pilgerstätte aus ihrem Grab machen würden; ihr selbst gefiel diese Vorstellung sehr, und sie wusste, wenn sie selbst schon dafür anfällig war, dann würden die Untermenschen es noch mehr sein.
    Elaine erfuhr nie, was mit den Leichnamen all der anderen Untermenschen geschehen war, die sich unter Jeannes Führung von Tieren in Menschen verwandelt und den gefährlichen, närrischen Marsch aus dem Tunnel Engloks in die obere Stadt von Kalma mitgemacht hatten. Aber war er wirklich gefährlich gewesen? Und wirklich närrisch? Wenn sie in dem Tunnel geblieben wären, hätten sie vielleicht noch einige Tage oder Monate oder Jahre weiterleben können, doch früher oder später hätte man sie entdeckt und sie wie Ungeziefer ausgerottet, das sie ja auch waren. Vielleicht war der Tod, den sie gewählt hatten, etwas Besseres gewesen. Jeanne hatte gesagt: »Es ist die Aufgabe des Lebens, immer nach etwas Besserem Ausschau zu halten und dann zu versuchen, das Leben für etwas Sinnvolles einzutauschen.«
    Schließlich rief Lady Goroke Elaine und den Jäger zu sich und sagte: »Leben Sie wohl. Es ist töricht, sich Lebwohl zu wünschen, wenn Sie sich in einer Stunde weder an mich noch an Jeanne erinnern werden. Ihre Arbeit hier ist beendet. Ich habe eine wunderbare Aufgabe für Sie gefunden. Wenn man Ihre Synapsen neu anordnet, wird Ihre Liebe füreinander erhalten bleiben.«
    Beide knieten vor ihr nieder und küssten ihr die Hand, doch niemals sahen sie sie

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