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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Er sprang mit eigentümlicher Anmut an den beiden Ärzten vorbei, befingerte zerstreut das zerbrochene Türschloss, als ob er es reparieren wollte, doch als er bemerkte, dass Vomact ihn immer noch beobachtete, verließ er endlich den Raum.
    Einen Moment später ertönte leises Hämmern. Beide Ärzte lauschten einen Augenblick und ignorierten es dann. Der Roboter war draußen im Gang und beulte behutsam den Stahlfußboden aus. Er war ein ordentlicher Roboter, der wahrscheinlich von einem Hühnergehirn gesteuert wurde, und seine Ordnungsliebe hatte ihn halsstarrig werden lassen.
    »Zwei Fragen, Grosbeck«, sagte Sir und Doktor Vomact.
    »Zu Ihren Diensten, Sir!«
    »Wo stand der Patient, als er die Wand in den Korridor schob, und woher bezog er die dafür erforderliche Hebelkraft ?«
    Grosbeck verengte verwirrt seine Augen. »Jetzt, da Sie es erwähnen, muss ich gestehen, dass es mir vollkommen unbegreiflich ist. An sich hätte ihm das gar nicht gelingen dürfen. Aber es ist geschehen. Und die andere Frage?«
    »Was halten Sie von Condamin?«
    »Natürlich ist es gefährlich. Es kann eine Abhängigkeit …«
    »Kann es diese auch ohne kortikale Aktivität geben?«, unterbrach Vomact.
    »Selbstverständlich«, nickte Grosbeck sofort. »Gewebeabhängigkeit.«
    »Dann überprüfen Sie das«, befahl Vomact.
    Grosbeck kniete neben dem Patienten nieder und betastete mit seinen Fingerspitzen die Muskelenden, strich über die Stelle am Schädelansatz, an der sie zusammenliefen, über die Schultern, die Knoten am Rücken. Als er wieder aufstand, lag ein erstaunter Ausdruck auf seinem Gesicht. »Ich habe noch nie einen derartigen menschlichen Körper untersucht. Ja, ich bin mir nicht einmal sicher, ob dies überhaupt noch ein Mensch ist .«
    Vomact sagte nichts. Die beiden Ärzte sahen einander an. Grosbeck wurde nervös unter dem starren Blick des Älteren.
    Schließlich stieß er hervor: »Sir und Doktor, ich weiß, was wir tun könnten .«
    »Und das wäre?«, fragte Vomact, ohne einen Hauch von Ermutigung oder Ablehnung in seiner Stimme.
    »Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas in einem Krankenhaus gemacht würde.«
    »Was?«, fragte Vomact, und seine Augen – diese gefürchteten Augen! – zwangen Grosbeck, das zu sagen, was er nicht hatte sagen wollen.
    Grosbeck errötete. Er beugte sich vor, so als wollte er flüstern, obwohl sich niemand in ihrer Nähe befand. Als er sprach, besaßen seine Worte die nervöse Unanständigkeit einer unschicklichen Liebeserklärung. »Töten Sie den Patienten, Sir und Doktor. Töten Sie ihn. Wir haben genügend Aufzeichnungen über ihn. Wir können einen Leichnam aus dem Keller holen und ihn in ein überzeugendes Simulacrum verwandeln. Wer weiß, was wir auf die Menschheit loslassen, wenn wir erlauben, dass er wieder gesund wird.«
    »Wer weiß.«, sagte Vomact mit ausdrucksloser, sachlicher Stimme. »Aber, Bürger und Doktor, wie lautet die zwölfte Pflicht eines Arztes?«
    »Nicht das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, die Heilung dem Heiler zu überlassen und dem Staat oder der Instrumentalität das zu geben, was dem Staat oder der Instrumentalität zusteht.« Grosbeck seufzte, als er die Worte überdachte. »Sir und Doktor, ich ziehe meinen Vorschlag zurück. Mir ging es nicht um die medizinischen Aspekte. Ich hatte mich in die Politik und in die Angelegenheiten der Regierung eingemischt.«
    »Und jetzt?«
    »Heilen Sie ihn. Oder überlassen Sie ihn sich selbst, bis er von allein gesund wird.«
    »Und was würden Sie tun?«
    »Ich würde versuchen, ihn zu heilen.«
    »Und wie?«
    »Sir und Doktor«, rief Grosbeck verzweifelt, »machen Sie sich nicht über meine Hilflosigkeit lustig! Ich weiß, dass Sie mich mögen, weil ich ein kühner, selbstsicherer Mann bin. Aber verlangen Sie nicht von mir, diese Eigenschaften einzusetzen, wenn wir noch nicht einmal wissen, woher dieser Körper gekommen ist. Wenn ich so kühn wie sonst wäre, würde ich ihm Typhoid und Condamin verabreichen und ihm Telepathen an die Seite geben. Aber dies ist etwas Neues in der Geschichte der Menschheit. Wir sind Menschen – und er ist vielleicht kein Mensch mehr. Vielleicht repräsentiert er eine mit neuen Kräften ausgestattete Spezies. Wie ist es ihm gelungen, von der anderen Seite des Nirgendwo hierherzukommen? Wie viele Millionen Male ist er vergrößert oder verkleinert worden? Wir wissen nicht, was er ist oder was er durchgemacht hat. Wie können wir einen Menschen behandeln, wenn wir dafür die

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