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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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jung und nicht zu alt. War das Opfer zu jung, kannte es die Antwort nicht; war das Opfer zu alt, hatte es keinen Zweck, sich mit ihm einzulassen. Norstrilier waren gefürchtete Kämpfer; Erwachsene waren geistig und körperlich so stark, dass ein Angriff keine Aussicht auf Erfolg hatte.
    Benjacomin wusste, dass jeder Dieb, der den Planeten der Norstrilier besuchte – der einen Raubzug in die Traumwelt von Altnordaustralien unternommen hatte –, jegliche Verbindung zu seinem Volk verlor und starb. Von keinem hatte man jemals wieder etwas gehört.
    Aber er wusste auch, dass Hunderte oder Tausende Norstrilier das Geheimnis kennen mussten. Dann und wann machten sie Witze darüber. Als junger Mann hatte er diese Witze gehört, und nun war er mehr als ein alter Mann, ohne der Antwort näher gekommen zu sein. Das Leben war teuer. Er befand sich weit in seiner dritten Lebensperiode, und die Lebensjahre waren von seinem Volk redlich erworben worden. Sie alle waren gute Diebe und hatten ihr mühsam zusammengestohlenes Geld ausgegeben, um die Medizin zu kaufen, die ihren größten Dieb am Leben erhielt. Benjacomin mochte keine Gewalt. Aber wenn Gewalt den Weg zu dem größten Diebstahl aller Zeiten ebnete, dann war er bereit, sie anzuwenden.
    Die Frau sah wieder zu ihm hinüber. Die Maske des Bösen, die sein Gesicht verzerrt hatte, machte Wohlwollen Platz; er beruhigte sich. Ihr Blick traf ihn genau in diesem Moment. Er gefiel ihr.
    Sie lächelte und fragte mit jenem schüchternen Zögern, das für die Norstrilier so charakteristisch war: »Könnten Sie vielleicht einen Moment auf meinen Jungen aufpassen, während ich im Wasser bin? Ich glaube, wir haben uns im Hotel schon einmal getroffen.«
    »Aber selbstverständlich«, versicherte er. »Es würde mich freuen. Komm her, mein Kleiner.«
    Johnny ging durch die sonnenüberfluteten Dünen seinem eigenen Tod entgegen. Er kam in die Nähe des Feindes seiner Mutter.
    Aber seine Mutter hatte sich schon abgewandt.
    Die geübte Hand von Benjacomin Bozart packte zu. Er griff den Jungen an der Schulter. Drehte ihn zu sich um und zwang ihn auf die Knie. Bevor das Kind aufschreien konnte, hatte Benjacomin ihm schon die Spritze mit der Wahrheitsdroge injiziert.
    Johnny reagierte nur auf den Schmerz und dann auf den Hammerschlag in seinem Schädel, als die starke Droge zu wirken begann.
    Benjacomin blickte zum Wasser hinüber. Die Mutter schwamm. Sie schien zu ihnen zurückzuschauen. Offensichtlich machte sie sich keine Sorgen. Für sie musste es aussehen, als ob der Fremde ihrem Kind auf freundliche, ruhige Weise etwas zeigte.
    »Nun, Freundchen«, begann Benjacomin, »verrate mir einmal, wie die äußere Verteidigung aussieht.«
    Der Junge antwortete nicht.
    »Worin besteht die äußere Verteidigung, Kleiner? Was ist die äußere Verteidigung?«, wiederholte Benjacomin.
    Der Junge antwortete immer noch nicht.
    Etwas wie Entsetzen prickelte auf Benjacomin Bozarts Haut, als er erkannte, dass er seine Sicherheit auf diesem Planeten, ja sogar seine Pläne selbst aufs Spiel gesetzt hatte, nur um eine Chance zu bekommen, das Geheimnis der Norstrilier zu erfahren.
    Er wurde von einfachen, lächerlichen Vorkehrungen daran gehindert. Das Kind war gegen einen Angriff konditioniert worden. Jeder Versuch, das Wissen aus ihm herauszupressen, löste den automatischen Reflex völliger Stummheit aus. Der Junge war buchstäblich unfähig zu sprechen.
    Als sich die Mutter umdrehte, glitzerte Sonnenlicht auf ihrem nassen Haar, und sie rief ihnen zu: »Ist mit dir alles in Ordnung, Johnny?«
    Benjacomin winkte an seiner Stelle. »Ich zeige ihm meine Bilder, Ma’am. Sie gefallen ihm. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    Die Mutter zögerte und kehrte dann wieder ins Wasser zurück.
    Johnny, im Bann der Droge, saß schlaff wie ein Schwerkranker auf Benjacomins Schoß.
    »Johnny«, sagte Benjacomin, »du wirst jetzt sterben, und es wird schrecklich wehtun, wenn du mir nicht sagst, was ich wissen will.« Der Junge kämpfte schwach gegen seinen Griff an. Benjacomin wiederholte: »Ich werde dir wehtun, wenn du mir nicht sagst, was ich wissen will. Was ist die äußere Verteidigung? Was ist die äußere Verteidigung?«
    Das Kind wehrte sich, und Benjacomin begriff, dass sich der Junge befreien wollte, um dem Befehl zu gehorchen und nicht, um fortzulaufen. Er ließ das Kind durch seine Hände schlüpfen, und der Junge streckte einen Finger aus und begann in den nassen Sand zu schreiben. Die Buchstaben traten

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