Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
fortfuhr, rief sie mit lauter klarer Stimme: »Sie meinen mich ?«
Und er fuhr mit seinen Kondolenzen fort: »… und ich meine dich , K’mell, wenn ich sage, dass du die würdigste Trägerin des Namens deines Vaters bist. Du bist diejenige, an die wir uns in einer Zeit gemeinsamer Trauer wenden. Wen außer dir könnte ich sonst meinen, wenn ich sage, dass K’mackintosh niemals halbe Sachen gemacht hat und so jung starb, weil er stets seinem Gewissen gefolgt ist? Lebwohl, K’mell, ich werde jetzt in mein Büro zurückkehren.«
Sie traf vierzig Minuten nach ihm dort ein.
II
Er sah sie offen an, musterte ihr Gesicht. »Dies ist heute ein wichtiger Tag in deinem Leben.«
»Ja, Mylord, ein trauriger Tag.«
»Ich meine nicht«, sagte er, »den Tod deines Vaters und das Begräbnis. Ich spreche von der Zukunft, der wir uns alle zuwenden müssen. Kurz und gut, ich spreche von dir und mir.«
Ihre Augen weiteten sich. Sie hatte nicht im Mindesten angenommen, dass er zu dieser Sorte Mann gehörte. Er war ein Beamter, der sich frei in Erdhafen bewegen durfte, oft wichtige Besucher von den Außenwelten begrüßte und ein Auge auf das Zeremonialbüro hatte. Sie war Mitglied des Empfangskomitees, wenn ein Girlygirl benötigt wurde, um misslaunige Ankömmlinge zu besänftigen oder einen Streit zu schlichten. Wie die Geishas im alten Japan übte sie einen ehrbaren Beruf aus; sie war kein unmoralisches Mädchen, sondern eine von Berufs wegen kokette Hostess.
Sie starrte Lord Jestocost an. Er sah überhaupt nicht so aus, als ob er auf unanständige Weise persönlich werden wollte. Aber, dachte sie, bei einem Mann kann man da nie ganz sicher sein.
»Du kennst dich mit Menschen aus«, sagte er und überließ ihr damit die Initiative.
»Ich glaube schon«, erwiderte sie. In ihrem Gesicht stand ein sonderbarer Ausdruck. Sie wollte ihm gerade Lächeln Nr. 3 schenken (extreme Anhänglichkeit), das sie auf der Girlygirl-Schule gelernt hatte. Als sie merkte, dass es ihr nicht gelang, versuchte sie, ihm auf normale Weise zuzulächeln; doch wurde sie den Eindruck nicht los, dass es nicht mehr wurde als eine Grimasse.
»Schau mich an«, forderte er sie auf, »und überzeuge dich, ob du mir trauen kannst. Ich werde in Zukunft unser beider Leben in die Hand nehmen.«
Sie blickte ihn an. Welches unvorstellbare Ereignis hatte ihn, einen Lord der Instrumentalität, dazu veranlasst, sich mit ihr zu befassen, ihr, einem Untermädchen? Sie hatten nichts miteinander gemeinsam. Und würden auch niemals etwas gemeinsam haben.
Aber sie sah ihn an.
»Ich möchte den Untermenschen helfen.«
Sie fuhr zusammen. Das war eine sehr direkte Einleitung, der gewöhnlich ein besonders roher Schlag folgte. Aber sein Gesicht wirkte ernst. Sie wartete.
»Dein Volk besitzt nicht einmal genug politische Macht, um auch nur mit uns zu reden. Ich werde keinen Verrat an der Menschheit begehen, aber ich bin bereit, eurer Seite einen Vorteil zu verschaffen. Wenn ihr in Zukunft besser mit uns verhandelt, dann wird das auf lange Sicht mehr Sicherheit für alle Lebensformen bedeuten.«
K’mell blickte zu Boden. Ihr rotes Haar war weich wie das Fell einer Angorakatze, und ihr Kopf schien in Flammen zu stehen. Ihre Augen wirkten menschlich, sah man davon ab, dass sie die Fähigkeit besaßen, einfallendes Licht zu reflektieren; die Iris besaß das tiefe Grün der alten Katzen. Als sie ihn wieder ansah, vom Boden aufblickte, traf ihn ihr Blick wie ein Schlag. »Was verlangen Sie von mir?«
Er hielt ihrem Blick stand. »Schau mich an. Schau mir ins Gesicht. Bist du sicher, sicher , dass ich nichts von dir persönlich will?«
Sie machte einen verwirrten Eindruck. »Was außer etwas Persönlichem soll man denn sonst von mir wollen? Ich bin ein Girlygirl. Ich bin eine völlig unwichtige Person, und ich bin nicht sonderlich gebildet. Sie wissen mehr, Sir, als ich jemals wissen werde.«
»Wahrscheinlich«, nickte er, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen.
Sie fühlte sich jetzt nicht mehr als Girlygirl, sondern als Bürgerin. Das führte dazu, dass ihr unbehaglich zumute wurde.
»Wer«, fragte Jestocost mit feierlicher Stimme, »ist dein Führer?«
»Kommissar Teadrinker, Sir. Er ist für alle außerweltlichen Besucher zuständig.« Sie beobachtete Jestocost genau; er sah noch immer nicht so aus, als ob er sie überlisten wollte.
»Den meine ich nicht. Er gehört zu meinen eigenen Leuten. Wer ist dein Führer bei den Untermenschen?«
»Es war mein Vater, aber er
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