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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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umgelegt.
    Ihr Körper lag nun halb in der Rakete, halb draußen.
    Eine böse Brandwunde zog sich über ihren linken Arm, wo ihre Haut die heiße Außenhülle der Rakete berührt hatte.
    Der Schwachsinnige brach durch das Gebüsch und war gleich darauf bei ihr.
    »Ich bin der Lordgroßadministrator des Gebietes Dreiundsiebzig«, sagte er und wies sich gemäß den herrschenden Gesetzen aus.
    Das bewusstlose Mädchen antwortete nicht.
    Dicht neben der Rakete richtete er sich auf, nachdem er sich die ganze Zeit nur in geduckter Haltung vorwärtsbewegt hatte, um nicht von den Gefahren der Nacht verschlungen zu werden, und lauschte aufmerksam dem Strahlungsmesser, der ihm unter die Haut seines Schädels, hinter seinem rechten Ohr, implantiert worden war.
    Geschickt hob er dann das Mädchen auf, legte es sich sanft über die Schulter, drehte sich um, rannte in die Büsche zurück, machte eine Wendung nach rechts, lief ein paar Schritte, sah sich unentschlossen um und rannte (noch immer unsicher, noch immer Haken schlagend und ängstlich) zum nahen Bach hinunter.
    Er griff sich in die Tasche und holte eine Brandsalbe hervor. Bestrich die Brandwunde an ihrem Arm dick mit der Paste. Sie würde haften bleiben, den Schmerz vertreiben und die Haut schützen, bis die Wunde verheilt war.
    Er spritzte ihr kaltes Wasser ins Gesicht. Da erwachte sie.
    »Wo bin ich?«, fragte sie auf Deutsch.
     
    Auf der anderen Seite der Welt hatte Laird, der Telepath, für einen kurzen Moment die Rakete vergessen. Er hätte das Mädchen vielleicht verstehen können, doch er war nicht bei ihr. Der Wald umgab sie, und der Wald war voller Leben, Furcht, Hass und erbarmungsloser Zerstörungskraft.
     
    Der Schwachsinnige plapperte in seiner eigenen Sprache.
    Carlotta sah ihn an und hielt ihn für einen Russen.
    »Sind Sie ein Russe?«, fragte sie auf Deutsch. »Sind Sie ein Deutscher? Gehören Sie zu General Wlassows Armee? Wie weit ist es bis Prag? Sie müssen mich höflich behandeln. Ich bin ein einflussreiches Mädchen …«
    Der Schwachsinnige starrte sie nur an. Sein Gesicht leuchtete vor unschuldiger und purer Lust. (Die Wahren Menschen hatten es nie für notwendig gehalten, die Fortpflanzungsgewohnheiten zwischen den Schwachsinnigen, den Bestien, den Heillosen und den Menschenjägern zu verbieten. Für jede Art menschlichen Lebens war es schwer, am Leben zu bleiben. Die Wahren Menschen verlangten von den Schwachsinnigen, dass sie sich vermehrten, Berichte verfassten, einige Pflichten übernahmen und die anderen Bewohner der Welt so beschäftigten, dass die Wahren Menschen in der Ruhe und Besinnlichkeit leben konnten, die ihr stolzer, aber müder Geist benötigte.)
    Dieser Schwachsinnige war ein typischer Vertreter seiner Art. Für ihn bedeutete Nahrung essen, Wasser bedeutete trinken, Frauen bedeuteten Lust.
    Er machte da keinen Unterschied.
    Obwohl sie erschöpft, verwirrt und durchgerüttelt war, erkannte Carlotta die Bedeutung seines Gesichtsausdrucks.
    Vor sechzehntausend Jahren hatte sie damit gerechnet, von den Russen vergewaltigt oder ermordet zu werden. Der Soldat vor ihr war ein absonderlicher kleiner Mann, stand dick und grinsend da und trug genug Orden, um ein sowjetischer Generaloberst sein zu können. Nach allem, was sie im Mondlicht erkennen konnte, war er glatt rasiert und liebenswürdig, aber er wirkte zu unschuldig und zu dumm, um ein derart hochrangiger Offizier sein zu können. Vielleicht sahen alle Russen so aus, dachte sie.
    Er griff nach ihr.
    Trotz ihrer Müdigkeit schlug sie nach ihm.
    Der Schwachsinnige war verwirrt. Er wusste, dass er das Recht hatte, jede Frau seiner Art zu besitzen, die er fand. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass ihm Schlimmeres als der Tod drohte, wenn er eine Frau der Wahren Menschen berührte. Von welcher Art war dieses … dieses Ding … diese Macht … dieses Wesen, das von den Sternen herabgestiegen war?
    Mitleid ist so alt und von Gefühlen abhängig wie Lust. Als seine Lust wich, wich sie elementarem menschlichem Mitleid. Er griff in die Tasche seines Lederwamses und suchte nach Essensresten. Er bot ihr ein paar davon an.
    Sie aß sie, betrachtete ihn vertrauensvoll und erinnerte sehr an das Kind, das sie noch war.
    Sie fragte sich, was geschehen war.
    Ganz zu Anfang war sein Antlitz voller Besorgnis gewesen. Dann hatte er gelächelt und gesprochen. Später war er lüstern geworden. Schließlich hatte er sich nobel verhalten. Nun war seine Miene völlig ausdruckslos; Gehirn und

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