Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
bin konditioniert. Wenn jemand mir jemals meinen wahren Namen nennt, wird diese Konditionierung dafür sorgen, dass ich laut schreie, bewusstlos werde und alles vergesse, was bei dieser Gelegenheit gesagt wurde. Man hat mir gesagt, dass ich das dem Tod vorgezogen habe. Vielleicht. Manchmal wirkt der Tod verführerisch auf einen Vergessenen.«
»Haben Sie jemals geschrien und sind dann bewusstlos geworden?«
»Nicht einmal das weiß ich«, erwiderte Gosigo.
Casher berührten die Geheimnisse des Mannes so, dass er sich nicht zu hemmungsloser Neugier verleiten lassen wollte. Da ihn jedoch der Zustand des Vergessens an sich interessierte, fragte er: »Schmerzt es … schmerzt es, ein Vergessener zu sein?«
»Nein«, sagte Gosigo, »es schmerzt nicht. Nicht mehr, als man zulässt.« Dann starrte er Casher plötzlich an. Seine Stimme änderte den Tonfall und wurde schließlich eine Oktave höher. Er schlug die Hände vors Gesicht und keuchte durch die Finger, wie um sich das Sprechen zu verbieten. »Aber … oh! Die Furcht … die gespenstische, düstere Furcht, ich selbst zu sein!« Er starrte Casher noch immer an. Schließlich beruhigte er sich wieder, nahm die Hände vom Gesicht, wie durch eine fremde Gewalt dazu gezwungen, und sagte mit fast normaler Stimme: »Sollen wir uns auf den Weg machen?«
Gosigo führte Casher durch den leeren dunklen Korridor. Ein spürbarer Wind fuhr über sie hinweg, obwohl es keinen Hinweis auf offene Fenster oder Türen gab. Sie stiegen eine majestätische Treppe hinunter, deren Stufen so breit waren, dass Casher auf dem ganzen Weg bis zum Eingang des Gebäudes hinunter Zwischenschritte machen musste. Einstmals schien dies hier eine normale Empfangshalle gewesen zu sein. Nun standen überall Fahrzeuge herum.
Seltsame Fahrzeuge.
Von einer Art, die Casher noch nie zuvor gesehen hatte. Sie ähnelten ein wenig den altertümlichen »Kampfpanzern«, die er auf Bildern gesehen hatte. Sie erinnerten aber auch ein wenig an klein geratene Unterseeboote und waren von einem wahrhaft hässlichen Aussehen. Sie besaßen große, dornenbesetzte Räder, aber ihr außergewöhnlichstes Merkmal waren riesige Spiralen, vier an jeder Seite, die mit dem Fahrzeug durch komplizierte und trotzdem bewegliche Vorrichtungen verbunden waren. Seit Casher mit einem Planoformschiff genau im Palast gelandet war, hatte er noch keinen Anlass gehabt, sich nach draußen, in die Wirbelstürme von Henriada, zu begeben.
Der Administrator erwartete sie bereits; er trug einen Overall, der mit den Insignien seiner hohen Stellung versehen war.
Casher verbeugte sich höflich vor ihm und warf gleichzeitig einen Blick auf die hübsche metrische Armbanduhr an seinem Handgelenk, die unter seinem Overall hervorsah. Es war 3:95 Uhr. »Ich bin bereit, Sir, wenn Sie es auch sind.«
»Beobachten Sie ihn!«, flüsterte einen halben Schritt hinter ihm Gosigo.
»Ich bin bereit«, erklärte der Administrator. Seine Stimme zitterte.
Casher stand höflich, wachsam, unbeweglich da. Bedeutete das Gefahr? Erwartete ihn ein närrischer Ausbruch? War der Administrator wieder betrunken?
Casher musterte den Administrator sorgfältig, aber eher verstohlen, wartete darauf, dass er ihn auffordern würde, in den nächsten Bodengleiter zu steigen, dessen Tür offenstand.
Nichts dergleichen geschah. Doch der Administrator erbleichte.
Sechs oder acht Menschen hielten sich in der Halle auf. Sie mussten früher schon etwas Ähnliches erlebt haben, denn sie zeigten weder Neugier noch Erstaunen. Der Administrator begann zu zittern; Casher konnte es trotz der Polsterung des Schutzanzugs erkennen. Die Hände des Mannes bebten.
»Ihr Messer«, sagte der Administrator mit hoher nervöser Stimme. »Sie haben es bei sich?«
Casher nickte.
»Lassen Sie es mich sehen.«
Casher griff in seinen Stiefel und holte das schöne, hervorragend ausbalancierte Messer hervor. Noch ehe er sich wieder aufrichten konnte, fühlte er den Druck von Gosigos kräftigen Fingern auf seiner Schulter.
»Gebieter«, sagte Gosigo zu Meiklejohn, »sagen Sie Ihrem Besucher, dass er seine Waffe fortwerfen soll. Es ist keinem von uns gestattet, in Ihrer Gegenwart eine Waffe zu tragen.«
Casher versuchte sich aus dem festen Griff zu lösen, ohne sein Gleichgewicht oder seine Würde zu verlieren. Der Vergessene gab nicht nach, und die beiden Männer lieferten sich einen eisernen, unsichtbaren Ringkampf, die Stärke von Cashers Schulter widersetzte sich dem festem Griff von Gosigos
Weitere Kostenlose Bücher