Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
geblieben.
Casher wandte sich an den Jungen und erklärte: »Ich bin ein Schwert, das in die Scheide zurückgesteckt wurde. Ich bin eine Pistole, deren Patronen herausgefallen sind. Ich bin ein Strahler ohne Batterie. Ich bin ein Mann, aber ich fühle mich ausgehöhlt.«
Der Junge machte würgende, verrückte Geräusche, als ob er zu denken, er selbst zu werden versuchte, um all die verlorene Zeit aufzuholen, die er in Unverstand zugebracht hatte.
Casher handelte aus einem Impuls heraus. Neugierig, wie er darauf reagieren würde, verlieh er dem Jungen seine eigene Heimatsprache von Kaheer. Er fühlte, wie sich Muskeln, Schultern, Nacken, Fingerspitzen verhärteten, als er sich auf die Fähigkeiten konzentrierte, die er im Palast von Beauregard erlernt hatte, wo das Mädchen S’ruth noch für eine Ewigkeit im Namen ihres Sirs und Meisters Murray Madigan regierte. Er packte den Jungen energisch an den Schultern. Er blickte in furchtsam weinende Augen, und dann, in einem einzigen Gedankenblitz, schenkte er dem Jungen Sprache, Worte, Erinnerungen, Ehrgeiz, Fähigkeiten. Der Junge stand benommen da.
Schließlich sprach der Junge und fragte: »Wer bin ich?«
Casher konnte ihm keine Antwort auf diese Frage geben. Er klopfte dem Jungen auf die Schulter. »Geh zurück in die Stadt«, forderte er ihn auf, »und finde es selbst heraus. Ich habe andere Aufgaben. Ich muss erfahren, wer ich bin. Lebe wohl, und Friede mit dir.«
II
Casher fiel ein, dass seine Mutter noch immer hier lebte. Er hatte selten an sie gedacht. Es war leichter für ihn, wenn er sie vergaß. Ihr Name war Triheap, und sie war Kurafs Schwester. War Kuraf verdorben, dann war sie tugendhaft. War Kuraf verschwenderisch, dann war sie besonnen und sparsam. Brachte Kuraf in all seiner Schlechtigkeit Menschen und Dingen und Ideen Toleranz entgegen, blieb sie bei den Gedankenmustern, die ihre Eltern sie vor langer Zeit gelehrt hatten.
Casher tat etwas, von dem er gedacht hatte, er würde es nie tun. Er war noch nicht einmal auf den Gedanken gekommen, es zu tun. Es war zu einfach. Er ging heim.
Am Tor des Hauses erkannte ihn die alte Dienerin seiner Mutter trotz der Veränderungen in seinem Gesicht, und sie sagte mit erschreckender Ehrfurcht in ihrer Stimme: »Mir scheint, dass ich Casher O’Neill gegenüberstehe.«
»Ich trage den Namen Bindaoud«, sagte Casher, »aber ich bin Casher O’Neill. Lass mich ein und sag meiner Mutter, dass ich da bin.«
Er betrat das Privatzimmer seiner Mutter. Die alten Möbel waren noch immer da. Die auf Hochglanz gebrachten Nippsachen aus hundert Zeitaltern, die alten Gemälde und die alten Spiegel und die toten Menschen, die er nie gekannt hatte, nur durch ihre Bilder und Andenken. Er fühlte sich so krank wie damals, als er noch ein kleiner Junge gewesen war und diesen Raum betreten hatte, bevor sein Onkel kam, um ihn mit in den Palast zu nehmen.
Seine Mutter kam. Sie hatte sich nicht verändert.
Halb erwartete er, dass sie ihm ihre Arme entgegenstrecken und affektiert rufen würde: »Mein Baby! Mein Liebling! Bleibe für immer bei mir!«
Sie tat es nicht.
Sie blickte ihn kühl an, als sei er ein völlig Fremder.
»Du siehst nicht aus wie mein Sohn«, erklärte sie, »aber ich glaube, du bist es. Du hast zu deiner Zeit genug Ärger gemacht. Machst du jetzt auch wieder Schwierigkeiten?«
»Nicht aus bösem Willen, Mutter, das habe ich auch vorher nie getan«, erwiderte Casher, »gleichgültig, was du von mir denken magst. Ich habe getan, was ich tun musste. Das, was richtig war.«
»Deinen Onkel zu verraten, war richtig? Deine Familie im Stich zu lassen, war richtig? Uns zu entehren, war richtig? Du musst ein Narr sein, dass du so sprichst. Ich hörte, du warst ein Wanderer und hast große Abenteuer bestanden und viele Welten gesehen. In meinen Augen hast du dich nicht verändert. Du bist ein alter Mann. Du scheinst fast so alt zu sein wie ich. Ich hatte einst ein Baby, aber wie kannst du das gewesen sein? Du bist ein Feind des Hauses Kuraf O’Neill. Du bist einer der Menschen, die es blutig einstürzen ließen. Aber sie kamen von draußen mit ihren Prinzipien und ihren Gedanken und ihren Träumen von der Macht. Und du stahlst von innen wie ein Lump. Du hast die Tür geöffnet und den Verfall hereingelassen. Wer bist du, dass ich dir vergeben sollte?«
»Ich bitte dich nicht um Vergebung, Mutter«, sagte Casher. »Ich bitte dich nicht einmal um Verständnis. Möge Frieden mit dir sein.«
Sie starrte ihn an,
Weitere Kostenlose Bücher