Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Tausende und Abertausende. Man wird Ihnen Fracht von der Erde mitgeben. Sie werden über dreißigtausend Kapseln in sechzehn Reihen hinter sich herziehen. Und Sie müssen in der Schaltzentrale leben. Wir werden Ihnen so viele Roboter mitgeben, wie Sie benötigen, vielleicht ein Dutzend. Sie werden ein Großsegel und ein Focksegel haben, und Sie müssen beide in Ordnung halten.«
    »Das weiß ich. Ich habe das Buch gelesen«, sagte Helen Amerika. »Und ich werde das Schiff mit Licht segeln, und wenn die Infrarotstrahlung das Segel trifft – dann fahre ich los. Falls eine Störstrahlung aufkommt, hole ich die Segel ein. Und wenn die Segel beschädigt werden, werde ich dort warten, solange ich lebe.«
    Der Techniker wirkte ein wenig verärgert. »Es gibt keinen Grund für Sie, eine Tragödie daraus zu machen. Tragödien sind billiger zu bekommen. Und wenn Sie das Bedürfnis nach einer Tragödie haben, dann lässt sich das einrichten, auch ohne dass Sie dreißigtausend andere Menschenleben zerstören oder einen gewaltigen Vermögenswert der Erde verschleudern. Sie können sich hier im Wasser ertränken oder in einen Vulkan springen, wie die Japaner in den alten Büchern. Eine Tragödie ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, wenn man den Erfolg nur knapp verfehlt und weiterkämpfen muss. Wenn man weiter und weiter und weiter machen muss, nur mit der Hoffnungslosigkeit vor Augen, nur mit der Versuchung der Verzweiflung. Nun, das Focksegel funktioniert folgendermaßen: Dieses Segel misst an der Breitseite zwanzigtausend Meilen. Es verjüngt sich nach unten und die Gesamtlänge beträgt knapp achtzigtausend Meilen. Es wird von kleinen Servorobotern eingeholt und ausgerollt. Die Servoroboter werden über Funk ferngesteuert. Ich empfehle Ihnen, Ihr Funkgerät sparsam einzusetzen, denn die Batterien müssen vierzig Jahre halten. Und sie dienen dazu, Ihr Leben zu bewahren.«
    »Ja, Sir«, sagte Helen Amerika beschämt.
    »Sie müssen immer daran denken, was Ihre Aufgabe ist. Sie segeln, weil Sie billig sind. Sie segeln, weil ein Segler sehr viel weniger wiegt als eine Maschine. Es gibt Allzweckcomputer, die weniger als hundertfünfzig Pfund wiegen. Wie Sie. Sie segeln einfach deshalb, weil Sie entbehrlich sind. Jeder, der hinaus zu den Sternen fliegt, hat eine Chance von eins zu drei, niemals dort anzukommen. Aber Sie segeln nicht hinaus, weil Sie die Tüchtigste, sondern weil Sie jung sind. Sie haben ein Leben, das Sie geben können, und ein Leben, das Sie behalten. Weil Ihre Nerven gut sind. Sie verstehen, was ich damit sagen will?«
    »Ja, Sir, ich weiß Bescheid.«
    »Außerdem segeln Sie, weil Sie die Reise in vierzig Jahren hinter sich bringen. Wenn wir automatische Geräte hinausschicken und sie die Segel bedienen ließen, könnten sie auch das Ziel erreichen – vielleicht. Aber es würde dann hundert bis hundertzwanzig Jahre dauern, und nach dieser Zeit wären die adiabatischen Kapseln defekt, der Großteil der menschlichen Fracht für eine Wiederbelebung untauglich und der Wärmeverlust, gleichgültig, was wir dagegen unternehmen würden, wäre groß genug, um das gesamte Unternehmen fehlschlagen zu lassen. Also denken Sie daran, die Tragik und die Schwierigkeiten, die auf Sie warten, bestehen hauptsächlich aus Arbeit. Arbeit und sonst gar nichts. Das ist Ihre Aufgabe.«
    Helen lächelte. Sie war ein kleines Mädchen mit vollem dunklem Haar, braunen Augen und sehr ausgeprägten Augenbrauen, aber wenn Helen lächelte, dann war sie fast wieder ein Kind, und ein sehr reizendes dazu. Sie sagte: »Meine Aufgabe besteht aus Arbeit. Ich habe verstanden, Sir.«

VIII
    Die Vorbereitungen für den Start gingen rasch, doch ohne Hast voran. Zweimal drängten die Techniker Helen, Urlaub zu machen, bevor sie sich zum Schlusstraining meldete. Sie lehnte den Vorschlag ab. Sie wollte alles schnell hinter sich bringen; sie wusste, dass die Techniker über ihren Wunsch informiert waren, die Erde für immer zu verlassen, und auch, dass sie nicht einfach die Mutter ihrer Tochter war. Sie versuchte auf irgendeine Weise, sie selbst zu sein. Sie hatte erkannt, dass die Welt ihr nicht glaubte, aber die Welt spielte keine Rolle mehr für sie.
    Als man ihr zum dritten Mal zu Urlaub riet, war der Rat ein Befehl. Sie durchlebte zwei trostlose Monate, und erst zum Schluss, als sie auf den wundervollen Hesperiden-Inseln eintraf, besserte sich ihre Stimmung. Die Inseln waren aus dem Meer aufgetaucht, als das Gewicht von Erdhäfen eine neue