Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
später – über das Kind, auf das sie zu hoffen begonnen hatte, das Kind, das sie nun niemals haben würden. Nun ja, sie hätte das Kind benutzen können. Sie hätte ihn an sich binden können, denn er war ein anständiger Mann und hätte sie geheiratet, wenn sie ihm etwas davon gesagt hätte. Aber Helens Liebe, trotz ihrer Jugend, war von einer Art, dass sie diese Dinge nicht benutzen konnte. Sie wollte, dass er freiwillig zu ihr kommen, dass er sie heiraten würde, weil er nicht ohne sie leben konnte. In einer solchen Ehe wäre ihr Kind ein zusätzliches Glück gewesen.
Natürlich gab es noch die andere Alternative. Sie hätte das Kind zur Welt bringen können, ohne den Vater anzugeben. Aber sie war nicht Mona Muggeridge. Sie kannte die Schrecken und die Unsicherheit zu gut und die Einsamkeit, die es bedeutet hatte, Helen Amerika zu sein, und die Verantwortung für die Existenz einer weiteren Helen würde sie niemals übernehmen. Und in den Plänen, die sie hegte, gab es keinen Platz für ein Kind. Deshalb tat sie das Einzige, was sie tun konnte. Am Ende ihres Urlaubs in Neu-Madrid nahm sie sein endgültiges Lebewohl entgegen. Wortlos und ohne Tränen zu vergießen verließ sie ihn. Dann fuhr sie in eine arktische Stadt, einen Vergnügungsort, wo solche Dinge wohlbekannt waren, und voller Scham, Kummer und schmerzlichem Gram wandte sie sich an einen vertraulichen medizinischen Dienst, wo das ungeborene Kind abgetrieben wurde.
Dann kehrte sie nach Cambridge zurück und erneuerte ihren Anspruch, als erste Frau ein Schiff zu den Sternen zu segeln.
VI
Der präsidierende Lord der Instrumentalität war zu dieser Zeit ein Mann namens Wait. Wait war nicht grausam, aber noch nie hatte jemand an ihm Nachsicht oder sehr viel Verständnis für die Abenteuerlust der Jugend bemerkt. Sein Adjutant meldete ihm: »Dieses Mädchen möchte ein Schiff zur Neuen Erde segeln. Werden Sie ihr das gestatten?«
»Warum nicht?«, erwiderte Wait. »Ein Mensch ist ein Mensch. Sie ist wohlerzogen, gut ausgebildet. Wenn sie versagt, werden wir es in achtzig Jahren erfahren, wenn das Schiff zurückkehrt. Wenn sie Erfolg hat, dann wird es endlich die Frauen zufriedenstellen, die sich immer beschwert haben.« Der Lord beugte sich über seinen Schreibtisch. »Falls sie sich qualifiziert und falls sie aufbricht, dann geben Sie ihr keine Verurteilten mit. Verurteilte sind zu gut und zu wertvoll als Siedler, als dass wir sie einem ungewissen Schicksal wie diesem aussetzen können. Wir spielen lieber mit einem geringen Einsatz. Geben Sie ihr alle religiösen Fanatiker mit. Wir haben davon mehr als genug. Gibt es nicht zwanzig- oder dreißigtausend von ihnen auf der Warteliste?«
»Ja, Sir«, bestätigte der Adjutant, »26.200. Die letzten Neuzugänge nicht mitgerechnet.«
»Sehr gut«, nickte der Lord der Instrumentalität. »Geben Sie ihr den ganzen Haufen mit und überlassen Sie ihr dieses neue Schiff. Ist es schon getauft worden?«
»Nein, Sir.«
»Dann taufen Sie es.«
Der Adjutant wirkte ratlos.
Ein geringschätziges cleveres Lächeln erschien auf dem Gesicht des Chefbürokraten. »Nehmen Sie das Schiff jetzt in Dienst und taufen Sie es«, befahl er. »Taufen Sie es auf den Namen Seele und lassen Sie die Seele zu den Sternen fliegen. Und lassen Sie Helen Amerika ein Engel sein, wenn sie es möchte. Das arme Ding. Sie hat auf dieser Erde nicht viel von ihrem Leben gehabt, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, unter welchen Umständen sie geboren und erzogen wurde. Und es hat keinen Sinn zu versuchen, sie zu verändern, ihre Persönlichkeit umzuwandeln, vor allem da es solch eine lebendige, starke Persönlichkeit ist. Es würde ihr nicht viel Gutes bringen. Warum sollten wir sie dafür bestrafen, dass sie sie ist? Lassen Sie sie ziehen. Lassen Sie ihr ihren Willen.« Wait erhob sich, blickte seinen Adjutanten an und wiederholte mit fester Stimme: »Lassen Sie ihr ihren Willen, aber nur, wenn sie sich qualifiziert .«
VII
Helen Amerika qualifizierte sich.
Die Ärzte und Experten versuchten ihr von der Fahrt abzuraten.
Einer der Techniker sagte: »Wissen Sie denn überhaupt, was das bedeutet? Vierzig Jahre Ihres Lebens werden in einem einzigen Monat aus Ihnen strömen. Sie gehen hier als Mädchen fort – Sie werden dort als sechzigjährige Frau eintreffen. Nun, Sie werden vermutlich danach noch immer hundert Jahre Leben vor sich haben. Und es ist schmerzhaft. Sie werden für all diese Menschen verantwortlich sein, für
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