Was bin ich wert
McDonald’s gab es wirklich. 1940 eröffneten sie ihre erste Hackfleischbude in San Bernardino, Kalifornien. Die Marke McDonald’s beruht, so Rüssli, auf diesen beiden Persönlichkeiten. Mittlerweile wird sie, wie die meisten anderen Marken auch, von Managern weiterentwickelt. Wenn es aber noch mehr Unternehmer gäbe, die mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Namen für ihre Produkte einstünden, weil sie das persönliche Risiko übernähmen, dann wäre, sagt Rüssli, Markenberatung, wie er sie betreibt, weitgehend überflüssig. Bei »Mensch, Marke und Wert« muß ich Tiger Woods denken. Als Ende 2009 seine Ehefrau und kurz darauf die ganze Welt erfuhr, daß der Saubermann doch nicht sauber beziehungsweise treu gewesen war, taxierten Wissenschaftler der Universität Berkeley allein die Verluste, die seine Werbepartner aufgrund möglicher Kurseinbrüche würden hinnehmen müssen, auf bis zu zwölf Milliarden Dollar. Oder Steve Jobs, der Gründer und Chef von Apple. Sein schwankender Gesundheitszustand wirkt sich regelmäßig direkt aufdie Aktie des Unternehmens aus. Sollte er überraschend zurücktreten, könnte der Börsenkurs nach Aussage von Analysten um bis zu 30 Prozent fallen, was einem zumindest kurzfristigen Verlust von etwa 45 Milliarden Dollar gleichkäme. Rüssli hat sich wieder zurückgelehnt. Eine Frage muß ich noch stellen. Sie ist mir ein bißchen peinlich.
– Also wenn ich Sie jetzt frage, ob ich einen Markenwert habe, dann sagen Sie ja sicher nein …
– Das hängt von der Perspektive ab.
Ich bin überrascht. Ich könnte also tatsächlich … Ich in der Werbung? Nie wieder arbeiten? Für Lufthansa lächeln und erste Klasse fliegen? Reklame für Luxushotels, in denen ich dann auch wohne, für Whisky-Brennereien, die mir ihre Fässer in den Keller rollen, ein neues Sofa? Obwohl – eigentlich bin ich ja gegen Werbung. Zumindest bisher. Greenpeace und amnesty international wären allerdings okay.
– Es muß ja kein monetärer Markenwert sein. Es gibt eben auch einen ideologischen oder psychologischen Markenwert.
Rüssli befreit mich von meinen inneren Konflikten als potentiellem Markengesicht.
– Man könnte aber auch sagen, aus monetärer Hinsicht leistet die Marke »Jörn Klare« einen ökonomischen Beitrag für seinen Arbeitgeber oder für seine eigene Rechnung. Denn seine Persönlichkeit hat neben dem Technischen oder Handwerklichen eine bestimmte Bedeutung.
Die Marke »Jörn Klare«, »seine Persönlichkeit« … Will er mir schmeicheln?
– Es wäre möglich, meinen Markenwert zu beziffern?
– Ich halte da zwar nichts von. Aber grundsätzlich ist das eine Überlegung wert. Das basiert darauf, daß man »Marke« mit »Persönlichkeit» gleichsetzen kann. Und ich würde mal behaupten, daß ihre »Persönlichkeit« in ihrer Arbeit eine Rolle spielt.
Hoffe ich zumindest.
– Zum Beispiel wenn es darum geht, ob Sie einen Auftrag oder eine feste Stelle bekommen.
– Wie denn das?
– Als Auftraggeber oder Arbeitgeber überlege ich mir doch Kriterien für die Person, die ich suche. Lebenslauf, Ausbildung, Referenzen. Da komme ich um Persönlichkeit nicht herum. Vielleicht ist mir die sogar besonders wichtig. Dann habe ich also vier Faktoren. Die setze ich gleich 100 Prozent Dann rechne ich aus, wie groß daran der Anteil des Kriteriums »Persönlichkeit« ist. Ich behaupte mal einen Fall, wo das 25 Prozent ausmacht. Und nehmen wir an, Sie kriegen dann den Auftrag und dafür 10 000 Euro.
Ich habe noch nie 10 000 Euro für einen einzigen Auftrag bekommen.
– Demnach wären dann 25 Prozent von diesen 10 000, also 2500 Euro, auf ihre Persönlichkeit, das heißt ihre Marke zurückzuführen.
– Persönlichkeit macht 25 Prozent aus?
– Nein, das ist nur ein stark vereinfachtes Beispiel. Das hängt in so einem spezifischen Fall mit den Kriterien des Auftraggebers zusammen. Das kann man mit bestimmten Fragen herausfiltern. Als Marke müssen Sie nicht nur stark, glaubwürdig und relevant sein, damit es Nachfrage gibt. Sie müssen auch »anders« sein, sich von anderen abheben oder zumindest unterscheiden.
Ich ahne, warum sich manche Prominente so auffällig idiotisch benehmen. Vielleicht sind die gar nicht so doof und wollen nur eine Marke sein. Was aber auch wieder doof wäre.
– Grundsätzlich gibt es so viele Persönlichkeiten, wie es Menschen gibt. Es gibt keinen zweiten Federer, Klare oder Rüssli. Das ist
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