Was bin ich wert
heranwachsen, gibt es die Alternative des Fetozids, das heißt überzählige Föten werden mit einem Nadelstich ins Herz abgetötet.
Das erste sogenannte Retortenbaby der Welt war die am 25. Juli 1978 in Manchester geborene Louise Brown. Louises Eltern gelang es, das sensationelle Ereignis erfolgreich zu vermarkten, indem sie einen Exklusivvertrag mit einem Londoner Boulevardblatt abschlossen, der sie um eine halbe Million Pfund reicher machte. Das erste deutsche Retortenbaby kam im April 1982 in Erlangen zur Welt. Etwa 40 000 Frauen bemühen sich hierzulande jährlich um Nachwuchs aus dem Reagenzglas. Weltweit wurden so bisher schätzungsweise 1,5 Millionen Kinder gezeugt.
Die gängigste Methode zur künstlichen Befruchtung ist aber die bereits 1884 erstmals vollzogene Insemination. Der männliche Samen wird in diesem mittlerweile als Low-Tech angesehenen Verfahren direkt in den Genitalbereich der Frau – meist nach einer hormonellen Stimulation – übertragen.
Insgesamt liegt die Wahrscheinlichkeit, nach künstlicher Befruchtung ein Kind auszutragen, bei 20 bis 40 Prozent. Über 100 000 Kinder sind in Deutschland bereits auf diesem Wege entstanden.
– Natürlich ist Ihr Samen noch was wert!
David Peet beruhigt mich. Der Arzt ist ein sehr sportlich wirkender Endvierziger mit einem Teint, der wohl vom Golf- oder zumindest Tennisplatz stammt. Sein Büro ist groß und sehr aufgeräumt. An den Wänden hängen Diplome aus den USA .
– Aber mit dem Alter steigt das Risiko genetischer Erkrankungen. Irgendwo müssen wir eine Grenze ziehen.
Ich nicke, will auch gar nicht mehr darüber reden. Ein bißchen Stolz habe ich ja auch noch. Ich hätte aber ein paar Fragen zum Geschäft.
– Wenn ich bei Ihnen Samen kaufe, was erfahre ich dann über den dazugehörigen Spender?
– Blutgruppe, Haarfarbe, Augenfarbe, Größe, Gewicht, Statur, ethnische Herkunft, Hobbys und Beruf. Dazu die Fotos. Damit können wir erst mal eine Vorauswahl erstellen, so daß das Kind vom Aussehen her tatsächlich von dem neuen Vater stammen könnte. Die Kunden können dann noch entscheiden, ob es ein fußballspielender Handwerker oder ein klavierspielender Architekt sein soll.
Ich bin beeindruckt.
– Schon mal Reklamationen bekommen?
Peet schüttelt wieder den Kopf, lehnt sich zurück.
– Nee. In der Regel heißt es: »Ganz der Vati!«
Im Internet gibt es Onlinekataloge meist dänischer oder US -amerikanischer Samenbanken mit detaillierten Informationen zum Spender. In Deutschland ist das nicht gestattet. Peet stört das nicht.
– Bei den Webseiten in den USA muß man sich ja schon wundern, wie viele blendend aussehende, hochgebildete, musisch begabte Akademiker sich da in den Katalogen tummeln. Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß all das verkaufte Sperma wirklich von diesen Spendern stammt.
Zur Befruchtung brauchen die Spermien Eizellen. Auch die kann man kaufen. Aber nicht in Deutschland. Hier – ebenso in Österreich und der Schweiz – ist das Spenden von Eizellen sowie die Leihmutterschaft, das Einsetzen der befruchteten Eizelle in den Körper einer anderen Frau, verboten. Begründetwird das Verbot vor allem mit ethischen Bedenken gegen die unnatürliche Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische, biologische und soziale. Darüber hinaus wird auf die medizinischen Risiken für die Spenderinnen verwiesen. Denn die Gewinnung von Eizellen ist ein komplizierter Prozeß »mit hoher Eingriffstiefe«. Durch medikamentöse Behandlung wird die Reifung der Eizellen im Körper der Spenderin stimuliert, wobei es zu lebensgefährlichen Nebenwirkungen kommen kann, zumal die verabreichten Präparate im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Dazu kommen die mögliche Infektionsgefahr bei der Punktion der Eizellen sowie das grundsätzliche Risiko bei der Narkose.
In vielen anderen Ländern, etwa den USA , Spanien, Zypern, Großbritannien, Südafrika, der Ukraine oder Rußland, gibt es keine oder nur geringe gesetzliche Beschränkungen. Die Folge ist ein reger unkontrollierter » IVF -Tourismus« innerhalb Europas oder in der ganzen Welt. Informationen und Tips liefern diverse Webseiten wie www.eizellspende.de. Im Jahr 2006 sollen weit über 400 Kinder deutscher Paare infolge einer im Ausland erfolgten Eizellspende geboren worden sein. Die älteste Mutter war dabei bisher eine 64jährige Frau aus Aschaffenburg. Das schwer überschaubare Geschäft blüht. Allein in den USA werden damit jährlich
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