Was bin ich wert
ruhig, ganz sanft.
– Ich bekomme immer wieder Post von Leuten hier in Deutschland, die ihre Niere verkaufen wollen. Zuletzt von einem insolventen Mittelständler. Ich bin an dieser Stelle für einen regulierten Markt. Die Begründung ist einfach: Erstens sterben bei uns im Jahr 1200 Menschen wegen fehlender Organe. Zweitens kostet im Iran eine Niere 700 Dollar, wobei dort 60 bis 70 Prozent der Spender sterben, weil es keine adäquate medizinische Nachsorge für sie gibt.
Zum legalisierten Organverkauf im Iran sind sehr unterschiedliche Informationen in Umlauf. 2007 berichtete der amerikanische Arzt Benjamin E. Hippen, im Iran könne tatsächlich seit gut 20 Jahren jeder seine Niere verkaufen, wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Der iranische Staat bietet dafür 1200 US -Dollar und ein Jahr Krankenversicherung. Dazu kommt eine separate Entschädigung des Empfängers in Höhe von 2300 bis 4500 Dollar, die von einer Wohltätigkeitsorganisation übernommen wird, wenn der Kranke oder seine Familie das Geld nicht aufbringen kann. Den Organverkäufern hingegen, das zeigt eine Untersuchung des iranischen Urologen Javaad Zargooshi, geht es physisch, psychisch und materiell nach der Operation schlecht.
– Außerdem würde ein geregelter Markt den Menschen in den Entwicklungsländern helfen. Ein Markt, der funktioniert wie eine Börse mit entsprechenden Maklern. Die Niere würde dann wie ein Wertpapier auch richtig begutachtet.Mit dem Spender gäbe es ein Beratungsgespräch. Man könnte ihm helfen, das Geld richtig anzulegen. Leute, die etwa in Indien ihre Niere verkaufen, tun das, um ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. Dafür bekommen sie dann vielleicht 700 Dollar. Aber was wollen sie damit groß machen? Auf einem organisierten Weltmarkt könnte man 20 000 bis 30 000 Dollar für eine Niere bekommen. Damit wäre den indischen Spendern wirklich geholfen, und auch das Problem der Nachsorge wäre geklärt.
– Und wer zahlt dann die 20 000 oder 30 000 Dollar?
– Da könnten natürlich auch unsere Krankenkassen mitbieten, damit die Armen hier nicht auf der Strecke bleiben. Für die Kassen macht das ja auch Sinn, weil sie Kosten für die Dialyse sparen.
Dazu hat Friedrich Breyer – ebenfalls ein Befürworter des legalisierten »Organankaufes« – in dem Buch Organmangel – Ist der Tod auf der Warteliste unvermeidbar? im Jahr 2006 folgende exemplarische Rechnung veröffentlicht. Die Dialyse eines nierenkranken Patienten kostet demnach im Jahr 40 000 Euro, eine Transplantation 50 000 Euro (ohne Organankauf) zuzüglich Nachsorgekosten von jährlich 10 000 Euro. Bei den entsprechenden Summen gibt es in der Fachliteratur allerdings zum Teil recht große Abweichungen. Breyer kommt zu dem Schluß: »Wenn man von einer durchschnittlichen Funktionsdauer des transplantierten Organs von zehn Jahren ausgeht – zumindest liegt der Median derzeit bei diesem Wert –, dann kostet die Transplantation über diesen Zeitraum 150 000 Euro und damit eine Viertelmillion Euro weniger als zehn Jahre Dialyse.« Auf der Basis solcher Rechnungen halten die entsprechenden Befürworter den legalisierten Ankauf von Organen für ökonomisch sinnvoll, wenn nicht sogar geboten.
– Ist das nicht so was wie Gesundheitsimperialismus?
Nach Berichten des US-amerikanischen Anthropologen Jonathan Xavier Inda, dem Autor des Buches The Anthropology of Globalization , wächst in verschiedenen Regionen Indiens der soziale Druck, eine eigene Niere zu verkaufen. So seienetwa Mitgift-Forderungen gegenüber mittellosen Brauteltern gestiegen, seitdem die neue »Einkommensquelle« zur Verfügung steht. Wer unter solchen Umständen ein Organ verkauft, tut das also nicht wirklich freiwillig.
– Im Moment bekommt ein Inder für seine Niere doch nur 700 Dollar. Ich möchte hier den Leuten helfen, die frühzeitig sterben, weil sie keine Organe haben, und ich muß zugleich denen helfen, die anderswo ausgebeutet werden. Und sie werden ausgebeutet, weil der Markt nicht transparent ist. Um es klar zu sagen: Ich will keinen freien, sondern einen regulierten Markt. Das ist für mich auch Ethik. Ich bin ein liberaler Ökonom ohne Patentlösungen, und es geht mir darum, die Schwachen zu schützen.
Zumindest einige der »Schwachen« scheinen auf diese Art der Unterstützung nicht sonderlich erpicht zu sein. Nachdem Oberender im Jahr 2007 einmal seine Gedanken über die Möglichkeiten der
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