Was bisher geschah
durchsetzen, erklären sich 1991 Slowenien und Kroatien für unabhängig, 1992 folgt Bosnien-Herzegowina. In einem extrem brutalen Bürgerkrieg ermorden serbische Milizen vor allem Albaner beziehungsweise Muslime, was zynisch als »ethnische Säuberungen« bezeichnet wird. Nachdem es 1998 zu Massakern an Albanern in der Teilrepublik Kosovo kommt und der serbische Präsident Slobodan Milosevic dies auf Aufforderung der UNO nicht abstellt, bombardieren 1999 NATO-Flugzeuge serbische Ziele – mitten in Europa. Milosevic wird vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.
Was die Revolution von 1989/90 in Deutschland betrifft, könnte man zunächst an den alten Spruch von Lenin denken, wonach die Deutschen, wollten sie in einer Revolution einen Bahnhof stürmen, zuvor eine Bahnsteigkarte lösen würden. Trotz Ermunterung durch Gorbatschow verweigert sich die DDR-Führung um Erich Honecker Reformen. Im Oktober 1989 verstärkt sich der friedliche Widerstand der Massen mit Friedensgebeten in evangelischen Kirchen und in sogenannten Montagsdemonstrationen, an denen Hunderttausende teilnehmen. Am 9. November 1989 lenkt die DDR-Führung ein, ihre Bürger dürfen ausreisen. Das Ticket zur Vollendung der gewaltfreien Revolution löst die Regierung der Bundesrepublik unter Helmut Kohl nach, indem sie der UdSSR unter anderem fünf Milliarden DM Finanzhilfe gewährt. Am 3. Oktober 1990 ist die lang ersehnte Vereinigung der beiden deutschen Staaten amtlich.
In der UdSSR selbst kommt der alte französische Revolutionsspruch zu neuen Ehren: »Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder.« Zunächst erklären sich mehrere Sowjetrepubliken für unabhängig, angefangen bei Litauen am 11. März 1990. Dagegen wehrt sich just der Reformer Gorbatschow. Sowjetische Truppen töten Demonstranten. In Russland selbst macht sich Gorbatschow mit einem unklaren Kurs zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft unbeliebt, die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechtert sich. Als im August Parteimitglieder, KGB-Leute und Militärs gegen die Neuerungen putschen und das Weiße Haus in Moskau zu stürmen drohen, hält Boris Jelzin, als Präsident der Teilrepublik Russland im Gegensatz zu Gorbatschow vom Volk gewählt, die Stellung für die Demokratie. Zunächst hält er auch zum Präsidenten der UdSSR, Gorbatschow. Doch nach einem Machtkampf verbietet er die KPdSU und stürzt Gorbatschow – den Mann, dessen Foto DDR-Bürger bei Demonstrationen in Leipzig gegen ihr Regime in die Höhe gehalten hatten. Am 31. Dezember 1991 löst sich die Sowjetunion auf.
Der Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks haben eine merkwürdige Doppelwirkung. Einerseits scheint sich damit der realexistierende Sozialismus beziehungsweise Kommunismus als Alternative zur westlichen Welt politisch erledigt zu haben. Andererseits werden so wieder Fantasien über neue Formen des Sozialismus geweckt. Als Theoretiker feiert Marx eine kleine Renaissance im Westen; in Russland wird im 21. Jahrhundert sogar Stalin nostalgisch verklärt.
30-jährige Kriege und gewaltfreier Widerstand – die Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Anders als die Auflösung des Ostblocks geht die Entkolonialisierung in Afrika und Asien, die nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt, schrittweise vonstatten. Sie hat einen Höhepunkt Anfang der sechziger Jahre. Im März 1990 erlangt als letztes afrikanisches Land die ehemalige deutsche Kolonie Namibia ihre Unabhängigkeit – im Jahr der Auflösung der DDR. Unabhängig wird Namibia letztlich aber nicht von Deutschland, sondern von Südafrika. Die afrikanische Großmacht ist seit 1910 wie Kanada, Australien und Neuseeland ein Dominion , eine Ex-Kolonie mit Anbindung an das British Empire (seit 1931 souverän), das Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein Viertel der Welt beherrscht. Nach dem Ersten Weltkrieg übergibt Großbritannien das ehemals deutsche Namibia als Mandatsgebiet an Südafrika.
Die Geschichte Südafrikas, eines der ältesten Staaten Afrikas, und Namibias, einer der jüngsten Republiken der Welt, ist beispielhaft für die verschlungenen Wege der Entkolonialisierung. Gegen das Apartheidsystem, das in Südafrika und somit auch Namibia seit 1948 herrscht, und für die Unabhängigkeit kämpft seit den sechziger Jahren die SWAPO (South West Africa People’s Organisation), die später Namibias Regierungspartei wird. Die SWAPO wird von der UdSSR mit Geld und Waffen
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