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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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der Bürgerrechtsbewegung. Als am 1. Dezember 1955 in Montgomery in Alabama die schwarze Näherin Rosa Parks in einem Bus aufgefordert wird, einem Weißen ihren Platz zu überlassen, bleibt sie sitzen. Sie wird verhaftet. Daraufhin organisiert der Baptistenprediger Martin Luther King den »Montgomery Bus Boycott«, die Bestreikung der öffentlichen Verkehrsmittel durch die schwarze Bevölkerung. Ein Jahr später erklärt der Oberste Gerichtshof der USA die Rassentrennung in Bussen für verfassungswidrig. Erst nach zähen Verhandlungen und Aktionen geht die Bundesregierung dagegen vor, dass Schwarze in Südstaaten aus Schulen, Universitäten und von Wahlen ausgeschlossen werden.
    Auf die Universitäten greift der Protest in Form von Sitzstreiks (Sit-ins) über, als auf dem Campus in Berkeley 1964 Büchertische mit Infomaterial zur Bürgerrechtsbewegung verboten werden. Was John F. Kennedy nach langem Zögern und wahltaktischen Überlegungen mit unter das Schlagwort new frontiers (neue Grenzen, Neuland) fasst, drückt Martin Luther King auf poetische Weise aus: In seiner berühmten Rede vor über 200 000 Demonstranten in Washington im August 1963 beschreibt King mit den Worten »I have a dream« die Vision vom Zusammenleben jenseits der Rassenschranken. Vor allem nach Kings Ermordung am 4. April 1968, aber auch schon Mitte der sechziger Jahre entbrennen Ghettoaufstände mit zahlreichen Toten. Es entstehen radikale Gruppierungen wie die Black Muslims mit ihrem Führer Malcolm X und die Black Panther Party um Bobby Seale und Huey Newton. Gemäß dem Motto »Black Power« ziehen sie mit schwarzen Baretten und Lederjacken uniformiert und – ganz legal – bewaffnet durch die Straßen. Sie bieten Lektürezirkel und Jurakurse über die Grundrechte an, betreiben Frühstücksküchen für Bedürftige und eigene Schulen. In den siebziger Jahren brechen sie nach internen Zerwürfnissen, Gewalttaten und Attacken durch das FBI auseinander.
    Die Umsetzung der alten marxistischen Forderung an die Proletarier, eine Weltrevolution voranzutreiben, bleibt ironischerweise bürgerlichen Studenten vorbehalten: Nachdem die Bürgerrechtsbewegung und der Protest gegen den Vietnamkrieg in den USA Mitte der sechziger Jahre die Studenten mobilisieren, springt der Funke 1968 nach Japan, Mexiko und in mehrere Städte in Westeuropa über. Beinahe parallel findet in der Tschechoslowakei unter dem Parteireformer Alexander Dubček der sogenannte Prager Frühling statt, der einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« anstrebt. Er wird im Sommer durch russische Panzer niedergewalzt. Zumindest in Paris scheint die Revolution im Mai’68 nach Studentenunruhen unter der Führung des Anarchisten Daniel Cohn-Bendit, heute Europa-Abgeordneter der Grünen, möglich. Straßenbarrikaden und ein Generalstreik legen das Land lahm. Zwischenzeitlich verlässt Präsident de Gaulle sogar das Land, kehrt aber bereits einen Tag später nach Frankreich zurück und kündigt Neuwahlen an. Die Revolte bricht daraufhin mangels Programm und Organisation in sich zusammen.

     
    Bild 20
    Das Plakat von Emory Douglas wirbt 1971 für eine der Schulen, welche die Black Panther Party betreibt.
    In Deutschland gärt es unter anderem in der Gruppe Subversive Aktion, zu der der Studentenführer Rudi Dutschke gehört. Sie ist ein Ableger der Situationistischen Internationale, der Bewegung um den Theoretiker Guy Debord, die seit den fünfziger Jahren Kunst und Politik auf neuartige Weise vermählen will. So will man herkömmliche Formen der Kunst wie Malerei und Skulptur, die sich als schnöde Ware vermarkten und vereinnahmen lassen, überwinden und stattdessen erkenntnisfördernde Situationen kreieren; dazu gehören karnevalistisch-satirische Aktionen auf der Straße, die Verbreitung von Pamphleten und Falschmeldungen in den Medien, um die sich heute die Yes Men und die globalisierungskritische Organisation Attac kümmern, wenn sie etwa eine gefälschte New York Times beziehungsweise Die Zeit mit ihren Botschaften drucken.
    In den sechziger Jahren will Rudi Dutschke mit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) eine Außerparlamentarische Opposition (APO) sein und nicht mehr, wie er meint, die »Spielregeln dieser unvernünftigen Demokratie« befolgen. Prompt warnt der Soziologieprofessor Jürgen Habermas, ein Vertreter der kritischen Theorie und Praktiker des »kommunikativen Handelns«, vor einem »linken Faschismus«. In Ansätzen verwirklichen einen solchen Faschismus in

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