Was bisher geschah
ruhig) wirkt bis in die Neuzeit. Zwar ist sie inzwischen überholt. Bis heute prägend bleibt jedoch das Prinzip der Suche nach dem Ausgleich der Säfte (heiß/kalt, trocken/feucht), nach gesunder Lebensführung mit einer entsprechenden Diät, einer ausgewogenen Ernährung, viel Bewegung und einem anregenden Kultur- und Liebesleben.
Den Griechen dient zum Ausgleich der Temperamente und Affekte neben Sport und Kult auch das Theater. Es entwickelt sich aus Zeremonien für Dionysos, dem meist trunkenen Gott der Fruchtbarkeit und Ekstase, der sich als früher Aussteiger angeblich gerne in Indien herumtreibt und dort vermutlich mit Drogen und Vorformen des Tantra experimentiert. Die neue Kunstform wird die nächsten 2500 Jahre als Diskussionsforum und Unterhaltungsmedium dominieren. Wie heute im Fernsehen werden im Theater – bei allen grundlegenden Unterschieden in Sachen kultischer und emotionaler Beteiligung – Triviales, Alltagsprobleme mit Verwandten und Kollegen verarbeitet, aber auch historisch Bedeutsames: etwa die Perserkriege. So zum Beispiel bei Aischylos (525 – 456 v. Chr.), der mit Sophokles und Euripides das Triumvirat der Tragödienschreiber bildet. Der Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), der sich stärker praktischen Fragen zuwendet als Platon, wird später das Theatererlebnis quasi-medizinisch als Möglichkeit der Katharsis sehen, der Reinigung der Seele durch das Mitempfinden starker Gefühle. Die andere wichtige Theatergattung ist die Komödie, etwa von Eupolis, Kratinos und vor allem Aristophanes (um 445 – 385 v. Chr.), der Alltägliches, Politisches und Mythisches mit derbem Humor, Wortwitz und Erotik vermischt.
Bei so viel Unterhaltung hat es das andere neue Textgenre der Griechen schwer. Ungefähr zeitgleich mit dem Theater wird die Geschichtsschreibung aus der Taufe gehoben, und zwar gleich in zwei Strömungen: einmal die reportageartige Variante von Herodot (um 490 – 425), dem »Vater der Geschichtsschreibung«, zum anderen die kritisch interpretierende Version des Thukydides (um 460 – 400 v. Chr.). In der Einleitung seines Standardwerks Der Peloponnesische Krieg nennt Thukydides schon Beispiele für Irrtümer in älteren Darstellungen historischer Ereignisse. Er warnt, man solle »nicht blindlings den Dichtern glauben, die in ihren Hymnen alles mit höherem Glanze schmücken, noch den Geschichtenschreibern, die in ihren Berichten mehr auf die Befriedigung der Hörlust achten als auf die Wahrheit«. Wenn Thukydides von »Geschich ten schreibern« statt Geschichtsschreibern spricht, zeigt das, wie eng und selbstverständlich Geschichtsschreibung damals an spannende Storys gebunden ist; wenn er »Hörlust« sagt, wird klar, dass auch Geschichtstexte damals in geselliger Runde laut vorgetragen werden. Sie müssen sich neben der theatralischen Unterhaltung behaupten.
Im Peloponnesischen Krieg (431 – 404 v. Chr.) selbst gewinnt Sparta, die finanzschwache Militärmacht, die lange gar kein Geld hat und dann eine Währung von schwer transportablen Eisenbarren, die sich eher zum Hanteltraining als für den internationalen Handel eignen, gegen Athen, die quirlige Handelsstadt. Zwar führt Athen den attischen Seebund mit geradezu spartanischer Härte an. Sparta siegt aber auch deshalb, weil das demokratischere Athen anders als das rigide regierte Sparta innerlich zerstritten ist: Athen wird von Demagogen geführt, die ihre Politik an der Tagesstimmung des Volkes ausrichten. Außerdem wird Sparta von den Persern unterstützt. Sie protegieren in Griechenland immer wieder listig die zweitstärkste Macht gegen den vorherrschenden Stadtstaat und gewinnen so an Einfluss.
Ost-West-Konflikte und Vielvölkerstaaten: Persien und Alexander der Große
Bei all dem Aufhebens um die Griechen könnte man fast vergessen, dass das benachbarte Reich der Perser viel größer ist. Kyros II. der Große gründet es im 6. Jahrhundert v. Chr. Es reicht vom Indus im heutigen Pakistan nach Thrakien, dem nordöstlichen Griechenland, und Ägypten. Es ist keine Demokratie, aber die unterworfenen Völker werden in Provinzen, Satrapien genannt, verwaltet, sind durch eine staatliche Post verbunden, behalten ihre Gesetze, Religion und Sprache. Außerdem können sie Einfluss auf die persische Kultur nehmen, weil Ausländer als Ärzte, Künstler und Philosophen am Königshof in Persepolis arbeiten. Der persische Religionsstifter Zarathustra ist auch im Westen ein Begriff. Sein Zoroastrismus stellt den Menschen in
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