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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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sonst Männersache ist. Sie trägt zum Ruf ihrer Heimat als Zentrum der Poesie bei. Rund 300 Jahre nach ihrem Tod schafft es Sappho als einzige Frau auf eine Bestenliste von Lyrik-Evergreens, einen Kanon, der in Alexandria zusammengestellt wird. Zu Lebzeiten beschimpfen manche sie als sexuell unersättliche Lesbe aus Lesbos.
    Einerseits lassen die Griechen den kurz gehaltenen Ehefrauen zumindest gewisse Spielräume; andererseits wird hier das Patriarchat auf besonders perfide Weise durchgesetzt – mit dem Kult um athletische Männerkörper, divenhafte Helden und die jungfräuliche Weisheitsgöttin Athene; sie springt aus Zeus’ Schädel, buchstäblich als männliche Kopfgeburt. Wenn Homer Zeus’ Frau Hera ständig als »Kuhäugige« tituliert, ist das damals zwar keine Herabwürdigung, sondern ein Lob ihrer schönen großen Augen. Dennoch propagiert Homer mit dem Aufreißer Zeus und der ewig nörgelnden Hera problematische Geschlechterbilder. Anders als in anderen Kulturen werden sie aber immerhin ironisiert und aufgelockert. So kann ein Ehebruch bei Homer – ganz im Sinn heutiger Frauenzeitschriften – neue Fahrt in die Beziehung bringen. Und etwas fantasievoller als die Tipps in heutigen Männermagazinen sind die Tricks, die Zeus mit seinen vielen Verwandlungen in diverse Tiere – zum Beispiel den Stier, der Europa entführt – ausheckt, um jede Frau, die ihm über den Weg läuft, rumzukriegen. Pädagogischer Sex ist das Fremdgehen im weiteren Sinn insofern, als es Innovationen fördert: Der Erfinder Hephaistos etwa ärgert sich so sehr über seine untreue Frau Aphrodite, dass er eine Falle mit einer ausgeklügelten Riemenkonstruktion baut. Trotz seines Hinkebeins erwischt er so die Liebesgöttin mit dem flinken Kriegsgott Ares in flagranti, erlangt nebenbei Ruhm und sorgt für »homerisches Gelächter« unter den anderen Göttern.
    Im echten Leben schlafen Ehefrauen, damit sie ihre Männer nicht beim Symposion, dem Saufen mit Kumpels, Flötenspielerinnen und Tänzerinnen stören, allerdings in getrennten Schlafzimmern im Obergeschoss des Hauses. Sie haben ihre eigenen Sklaven, sonst aber wenig Sozialkontakte. Ebendiese Entfremdung zwischen Eheleuten geht Solon (um 640 – 561 v. Chr.) zu weit. Der Politiker, der später zu den sieben Weisen zählt, erlässt ein Gesetz: Mindestens dreimal im Monat müssen Athens Ehemänner mit ihrer Frau ins Bett.
    Heute gilt die griechisch geprägte Innovationskultur paradoxerweise als der Weisheit letzter Schluss. Natürlich hat diese Erfindung der Griechen auch Nachteile: Meditieren, Entspannen, Loslassen sind wohl nicht ihre Stärken. Bei allen Einschränkungen leuchtet es jedoch ein, dass die Althistoriker René van Royen und Sunnyva van der Vegt ein Buch mit dem launigen Ratgeber-Titel Griechen kommen von der Venus, Römer vom Mars (2006) publizierten: Da erscheinen die Griechen, obwohl sie einander bekriegen, als grundsätzlich liebevoller und körperfreundlicher als die militärisch-verklemmten Römer. Die gründen dafür die erste über Jahrhunderte unangefochtene Supermacht der Welt.

KAPITEL DREI
     
    Die Vereinigten Staaten der Antike
     
    Das Römische Reich: äußere Stärke, innere Konflikte – und die Fusion mit dem Christentum
     
     
    Seitdem sich die Sowjetunion im Dezember 1991 aufgelöst hat, wurden die USA als einzige verbleibende Supermacht immer wieder mit dem Römischen Reich verglichen, und zwar sowohl mit Blick auf die Stärken als auch Schwächen. Auch Rom wird mit seinem Sieg über einen großen Rivalen, nämlich über Karthago im Jahr 201 v. Chr., zur historisch wohl ersten unanfechtbaren Weltmacht, die weit über ihr Kerngebiet hinaus andere Länder und Kulturen beherrscht. Entsprechend grandios ist dann der Untergang des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. Nachdem mit dem 20. Jahrhundert nun für manche das sogenannte amerikanische Jahrhundert zu Ende gegangen ist und das »postamerikanische Zeitalter« anbricht, kann man sich fragen, wie weit der Vergleich zwischen der historisch ersten und der vorläufig letzten Supermacht reicht.
    Dass das alte Rom schon Amerikas Gründungsvätern im 18. Jahrhundert ein Vorbild für ihre junge Nation ist, lässt sich unter anderem am Washingtoner Kapitol ablesen. Der Sitz des amerikanischen Parlaments verweist auf das römische Kapitol als geistiges Zentrum des Imperium Romanum. Insgesamt haben das antike Rom und die jungen USA gemeinsam, dass beide zu ihrer Zeit neue, ansatzweise

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