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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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mit Unterstützung Englands und der Niederlande ein. Aber erst Schweden unter Gustav Adolf rettet den deutschen Protestantismus vor seiner Vernichtung – und die eigene Vormachtstellung in Nordeuropa. Zwar endet der Religionskrieg zunächst mit dem Frieden von Prag im Jahr 1635, doch erhält er rasch auch aufgrund von Interessenpolitik einen neuen Schub. Wie wenig es bald um Religion geht, wird darin deutlich, dass sich Frankreich als katholisches Land unter Minister Kardinal Richelieu mit den Protestanten gegen den katholischen Kaiser Ferdinand II. verbündet. Frankreich unterstützt protestantische Reichsstände sowie Dänemark und Schweden finanziell und greift bei drohender Übermacht des Kaisers in den Krieg ein.
    Wie wirr die Bündnisse und politischen Intrigen sind, zeigt beispielhaft die Karriere des kaiserlichen Heerführers Wallenstein. Obwohl er erfolgreich gegen die Schweden bis zur Ostsee vordringt und die Truppen des dänischen Königs Christian IV. vom Reichsgebiet vertreibt, wird er nach Kontakten zu Frankreich und Schweden 1634 wegen angeblichen Verrats von kaiserlichen Offizieren ermordet. Hat Friedrich Schiller die Ereignisse in seinem Drama Wallenstein (1799) verdichtet, finden sich die alltäglichen Gräuel des Krieges eingängiger bei Grimmelshausen in seinem bereits erwähnten autobiografischen Roman Simplicissimus geschildert. Schon als Kind erlebt der Ich-Erzähler einen brutalen Überfall auf sein Dorf: Die »Magd ward im Stall dermaßen traktiert, dass sie nicht mehr darausgehen konnte, welches zwar eine Schand ist zu melden! den Knecht legten sie gebunden auf die Erd, steckten ihm ein Sperrholz ins Maul und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstig Mistlachenwasser in den Leib, das nennten sie ein Schwedischen Trunk.«
    Auf der Flucht lebt und lernt Simplicissimus zeitweise bei einem Einsiedler. Später heuert er als Söldner an und wechselt – ähnlich wie Grimmelshausen im echten Leben – mehrmals die Seiten. Er trifft Soldaten, die mit ihrer Gottlosigkeit und mit Ehebruch prahlen, und bemerkt, dass »beinahe jeder Weltmensch einen besondern Nebengott hatte«, zum Beispiel einen »Medico«, einen Quacksalber. Simplicissimus kritisiert einen Kunstsammler, der statt für Ecce Homo-Darstellungen des Leidens Christi nur oberflächlich von Kuriositäten aus China schwärmt. In einer Welt, die auseinanderfällt, träumt man vom »teutschen Helden, der die ganze Welt bezwingen, und zwischen allen Völkern Fried stiften wird«. Zugleich ist Simplicissimus von den ungarischen Wiedertäufern fasziniert: »Ihr Schulmeister instruierte die Jugend, als wenn sie alle seine leiblichen Kinder gewesen wären.«
    Inmitten der allgemeinen Verwirrung prüft Simplicissimus alle Optionen, probiert alles aus. Am Ende landet er nach zahlreichen Umwegen auf der terram australem incognitam , dem unbekannten Südland, einer Südseeinsel. Das ärgert ihn zunächst, weil er sich einsam fühlt. Dann erinnert er sich, wie er »von einem heiligen Mann gelesen, dass er gesagt, die ganze weite Welt sei ihm ein großes Buch, darinnen er die Wunderwerke Gottes erkennen und zu dessen Lob aufgefrischt werden möchte«. Wenn er auf der Insel – in Vorwegnahme von Daniel Defoes Robinson Crusoe (1719) – selbstgemachten Palmwein trinkt, verkörpert Simplicissimus die Widersprüche seines Zeitalters zwischen Weltflucht und Lebenshunger, hysterischem Glauben und intellektueller Neugier.
    Ideengeschichtlich betrachtet, könnte man Simplicissimus als literarische Variante des Philosophen und Mathematikers René Descartes (1596 – 1650) sehen: Auch er dient im Dreißigjährigen Krieg, reist durch Europa, wohnt in den Niederlanden und in Schweden – und will im Buch der Welt lesen. Auf dem Weg zur Begründung des Rationalismus ist Descartes hin und her gerissen zwischen Abenteuerleben und Einsiedelei, Glaube und Zweifel. Letzteren Widerspruch löst er mit dem berühmten Satz »Ich denke, also bin ich« (cogito ergo sum) auf und etabliert die Subjektivität als Voraussetzung für die Objektivität. So wie Descartes in einem Zirkelschluss einen Gottesbeweis dahingehend führt, dass dem unvollkommenen Menschen eine so vollkommene Idee wie jene von Gott nur von Gott eingepflanzt sein könne, erkennt Simplicissimus zwischen Naivität und Ironie Gott noch in den größten Grausamkeiten – weil sie den Glauben stärken.
    Dennoch sehen manche Historiker im Dreißigjährigen Krieg einen Grund dafür, dass Deutsche bis heute

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