Was bisher geschah
durch die Osmanen 1529 und 1683 triumphieren die vom Polenkönig Johann Sobieski geführten polnisch-österreichisch-deutschen Truppen schließlich gegen jene des Großwesirs Kara Mustafa. So wird – wie 1000 Jahre zuvor durch den Franken Karl Martell – das Vordringen der Muslime in Europa verhindert. In Zeiten, in denen das römisch-deutsche Reich, das bis 1806 zahlreiche Habsburger als Kaiser regieren, nur noch der Form nach existiert, vergrößert Österreich sein Gebiet. Auch dank des Heerführers Prinz Eugen erobert man Ungarn, Kroatien und Nordserbien. Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg erhält Karl VI. als Ausgleich für seinen Verzicht auf Spanien 1714 Gebiete von den Niederlanden bis nach Sardinien. Dass die Gebiete weit verstreut und schwer kontrollierbar sind, wird Österreich langfristig zusetzen.
Eine Verbesserung bringt zunächst aber Kaiserin Maria Theresia. Sie darf im Rahmen der sogenannten Pragmatischen Sanktion als Frau die Nachfolge Karls antreten, nachdem man im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 – 1748) die Ansprüche der Wittelsbacher aus Bayern abwehren muss; die stellen mit Karl VII. von 1742 bis 1745 immerhin einen Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Maria Theresia bewältigt die Doppelbelastung als Mutter von 16 Kindern und Herrscherin eines Vielvölkerstaates, indem sie die Verwaltung strafft. Sie führt Elemente des aufgeklärten Absolutismus ein. Ihr Sohn Joseph, Mitregent und Nachfolger, später als Joseph II. Kaiser, schafft die Todesstrafe und 1781 die Leibeigenschaft ab. Er will Kirchenbesitz verstaatlichen. Allerdings muss er einige Reformen und die Einführung des Deutschen als Amtssprache zurücknehmen, als dies in Ungarn und den Niederlanden auf Widerstand stößt.
Ob absolutistisch oder aufgeklärt – fast alle Herrscherhäuser schachern um Gebiete. Die werden durch Kriege, Bündnisse und Heiratspolitik zu immer neuen Patchworks zusammengeflickt. Ein kleiner Trost ist dabei, dass sogenannte Kabinettskriege diplomatisch verwaltet und begrenzt sind und die Zivilbevölkerung nicht ganz so brutal in Mitleidenschaft ziehen wie Religions- und Bürgerkriege. Ein Opfer des Geschachers ist allerdings Polen. Es steht beispielhaft dafür, wie selbstverständlich Länder damals zerhackt, verschmolzen und aufgelöst werden können.
Etabliert sich Polen im Mittelalter mit dem Haus Piasten als Königreich, steigt es im 15. und 16. Jahrhundert in einer Union mit Litauen zur Großmacht auf. Nach dem Aussterben der Jagiellonen und dem Zerfall der Zentralmacht zugunsten einer Adelsrepublik untersteht das Land Fremdherrschern wie den schwedischen Wasa-Königen und dem Sachsen August II., dem Starken (1670 – 1733). Zwar gibt es 1791 die erste Verfassung Europas, in der unter anderem die Gewaltenteilung festgeschrieben ist. Doch beginnt auch die traurige Tradition, die 1939 in der Aufteilung Polens zwischen Stalin und Hitler gipfeln wird: Im 18. Jahrhundert wird Polen dreimal geteilt und verschwindet 1795 schlicht von der Landkarte, als Preußen, Österreich und Russland sich jeder ein Stück des Kuchens einverleiben.
Wie in so vielen Bereichen ist Russland auch beim aufgeklärten Absolutismus ein Spätentwickler und kein Musterschüler. Nach der Propagierung Russlands als »drittem Rom« durch den Moskauer Großfürsten Iwan III. und den Zaren Iwan IV., den Schrecklichen, im 15. und 16. Jahrhundert bringt Peter der Große (1672 – 1725) – wie später Lenin und Stalin – Ansätze zum Fortschritt, allerdings in der brutalsten Form. Er drängt die Kirche zurück und schafft einen neuen Dienstadel. Unter falschem Namen reist der Zar durch Europa, um etwas über moderne Staats- und Wirtschaftssysteme und Schiffsbautechniken zu lernen. Ein einprägsames und eher harmloses Bild für seine Politik, die eine Modernisierung übers Knie brechen will und sich auch in den Privatbereich der Menschen einmischt, ist die Verordnung, wonach die Russen ihre traditionellen Bärte abrasieren müssen; eine grausamere Facette seiner Politik ist, dass beim Bau der neuen Hauptstadt Petersburg Zigtausende von Arbeiter umkommen. Im Nordischen Krieg kann der Zar 1721 nach zwanzig Jahren das Schweden von König Karl XII. besiegen und als Großmacht verdrängen, nachdem Karl sich an der Größe Russlands verhoben hat. Napoleon und Hitler wird es später ähnlich ergehen.
So richtig verkörpert den aufgeklärten Absolutismus in Russland erst Katharina die Große (1729 – 1796). Als geborene Sophie von
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