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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Schwierigkeiten gehabt, die Quantentheorie zu akzeptieren, wenn er nicht Gott mit Natur oder Naturgesetzen wie sein »Hausphilosoph« Spinoza identifiziert hätte. Gott also ist kein innerirdisches Wesen , kein »Ding« dieser Welt, er gehört nicht zur »Faktenwirklichkeit«, und er kann nicht empirisch festgestellt werden. Gott ist kein »Weltwesen«, das heißt freilich: Er ist auch nicht im menschlich-allzumenschlichen Sinn »Vater«oder »Mutter«.
    Ist Gott also ein überirdisches Wesen ? Nein, er ist auch kein überirdisches Wesen über den Wolken, im physikalischen Himmel! Die naiv-anthropomorphe Vorstellung ist endgültig überholt: Gott ist kein im wörtlichen oder räumlichen Sinn »über« der Welt, in einer »Überwelt«, wohnendes »höchstes Wesen«.
    Also ist Gott ein außerirdisches Wesen ? Auch dies nicht. Gott west nicht jenseits der Sterne, im metaphysischen Himmel! Auch die aufgeklärt-deistische Vorstellung ist überholt: Gott ist kein im geistigen oder metaphysischen Sinn »außerhalb« der Welt in einem außerweltlichen Jenseits, in einer »Hinterwelt«, existierendes, verobjektiviertes, verdinglichtes Gegenüber.
    Was aber ist dann auf der Höhe des gegenwärtigen wissenschaftlichen Bewußtseins von Gott zu sagen – angesichts unserer neuen Vision vom unabsehbar weiten, tiefen und letztlich nicht voll begreifbaren Kosmos und der Jahrmilliarden Evolution von Welt und Mensch?
    Zeit-Raum, umgriffen von Ewigkeit und Unermeßlichkeit
    Grundlegend ist: Gott ist in diesem Universum , und dieses Universum ist in Gott ! Zugleich ist Gott größer als die Welt. Man könnte die Welt nach Augustin vergleichen mit einem Schwamm, schwimmend gehalten im ewigen, unendlichen Meer der Gottheit. Und selbst wenn es mehrere Welten gäbe: Gott ist nach christlicher Tradition »semper maior«, der je Größere, und auch Muslime drücken dies aus in der Formel »Allahu akbar« – Gott ist größer.
    Gott ist nicht isoliert in diesem All. Seine Unermeßlichkeit umgreift den Raum, sie ist nicht lokalisierbar. Er ist überall gegenwärtig, omnipräsent:
    –   Gott ist weltimmanent : Von innen durchdringt er den Kosmos und wirkt auf ihn. Zugleich partizipiert er an seinem Geschick, hat Anteil an seinen Prozessen und Leiden.
    –   Und zugleich ist Gott welttranszendent : Durchdringend übersteigt er zugleich den Kosmos. In seiner Unendlichkeit umschließt er alle endlichen Wesenheiten, Strukturen und Prozesse. Er ist die allumfassende transempirische Beziehungswirklichkeit.
    Es braucht die Transzendenz nicht auszuschließen, wenn Goethe dichtet:
    »Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
    Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
    Ihm ziemts, die Welt im Innern zu bewegen,
    Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
    So daß, was in Ihm lebt und webt und ist,
    Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.«
    Dieser unendliche Gott ist nicht statisch. Seine Ewigkeit umgreift die Zeit: Diese Ewigkeit ist nicht zeitlos, vielmehr ist sie gleichzeitig zu allen Teilen der Zeit. Gott ist keine unveränderliche Idee des Guten (Platon) ohne Bezug zu Mensch und Welt in ihrer Geschichtlichkeit. Auch kein »unbewegter Beweger« (Aristoteles) und kein unlebendiges Ur- Eines (Plotin). Er greift auch nicht aus einem übergeschichtlichen Bereich mirakulös in die Geschichte ein. Er ist kein Zauberer, der Tricks anwendet. Nein, Gott ist die Dynamik selbst, er schafft die Welt in sich selbst, er hält und bewegt sie unsichtbar von innen.
    So ist Gott denk-bar im Kontext eines neuzeitlichen einheitlich-dynamischen Wirklichkeitsverständnisses: Gott ist nicht als Teil der Wirklichkeit ein (höchstes) Endliches neben Endlichem. Vielmehr ist er die nicht greifbare »Dimension Unendlich« in allen Dingen. Doch nicht nur die unsichtbare mathematische Dimension, sondern die Realdimension Unendlich . Das Unendliche im Endlichen, mit dem man aber wie in der Mathematik im Prinzip rechnen sollte, auch wenn es in den Alltagsgleichungen nicht einkalkuliert werden muß.
    Man kann das Verhältnis Gott–Welt, Gott–Mensch nur dialektisch formulieren: Gott ist die Transzendenz, doch in der Immanenz. Es geht um eine Ewigkeit, aber in der Zeitlichkeit, um die Unermeßlichkeit, aber im Raum. Also das Absolute im Relativen, das Urgeheimnis in der Wirklichkeit von Welt und Weltgeschichte – so wenig einfach konstatierbar wie die alles tragende baustatische Formel in der Brücke, die den Abgrund überspannt. Doch hier wird natürlich sofort

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