Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)
Buch Genesis jener »Lufthauch«, »Braus« oder »Sturm« Gottes, der sich über den Wassern bewegt. Und das »Pneuma«: Dies steht auch dem Neuen Testament zufolge im Gegensatz zum »Fleisch«, das heißt, zur geschaffenen vergänglichen Wirklichkeit, und ist die von Gott ausgehende lebendige Kraft und Macht.
Geist ist also nicht wie in der griechischen Philosophie die göttliche Vernunft, sondern ist jene unsichtbare Gotteskraft und Gottesmacht, welche schöpferisch oder auch zerstörerisch wirkt, zum Leben oder zum Gericht, die in der Schöpfung genauso wirkt wie in der Geschichte, in Israel wie später auch in den christlichen Gemeinden. »Heilig« ist der Geist, insofern er vom unheiligen Geist, dem Menschen und seiner Welt, unterschieden wird und als Geist des einzig Heiligen, Gottes selbst, angesehen werden muß. Der Heilige Geist ist also Gottes Geist. Auch im Neuen Testament ist der Heilige Geist nicht – wie oft in der Geschichte der Religionen – ein magisches, substanzhaftes, mysteriös übernatürliches Fluidum dynamischer Natur (kein geistiges »Etwas«) und auch kein Zauberwesen animistischer Art (kein Geisterwesen oder Gespenst). Auch im Neuen Testament ist der Heilige Geist niemand anderer als Gott selbst ! Gott selbst, sofern er der Welt und dem Menschen nahe ist, ja, innerlich wird als die ergreifende, aber nicht greifbare Macht, als die lebenschaffende, aber auch richtende Kraft, als die schenkende, aber nicht verfügbare Gnade.
Der Unendliche wirkt im Endlichen
Für ein neuzeitlich-evolutionäres Wirklichkeitsverständnis, bei dem Gott als Geist in der Welt und die Welt in Gott ist, die Transzendenz in Immanenz, ist grundlegend: Gottes Geist wirkt in den gesetzmäßigen Strukturen der Welt, ist aber mit ihnen nicht identisch. Denn Gott ist reiner Geist und wirkt in der Weltgeschichte fortdauernd nicht in der Weise des Endlichen und Relativen, sondern als der Unendliche im Endlichen und als das Absolute im Relativen. Schon im Abschnitt »Wie Gott denken?« habe ich auf zwei Gesichtspunkte hingewiesen:
Gottes Geist wirkt nicht von oben oder außen als unbewegter Beweger in die Welt hinein. Vielmehr wirkt er als die dynamische wirklichste Wirklichkeit von innen im ambivalenten Entwicklungsprozeß der Welt, den er ermöglicht, durchwaltet und vollendet. Er wirkt nicht erhaben über dem Weltprozeß, sondern im leidvollen Weltprozeß: in , mit und unter den Menschen und Dingen. Er selbst ist Ursprung, Mitte und Ziel des Weltprozesses!
Gottes Geist wirkt auch nicht nur an einzelnen besonders wichtigen Punkten oder Lücken des Weltprozesses. Vielmehr wirkt er ständig als schöpferischer und vollendender Urhalt im System von Gesetz und Zufall und so als weltimmanent-weltüberlegener Lenker der Welt – allgegenwärtig auch im Zufall und Unfall – unter voller Respektierung der Naturgesetze, deren Ursprung er selber ist. Er selbst ist der auch alles Negative umfassende, alles durchwaltende Sinn-Grund des Weltprozesses, was freilich nur in vertrauendem Glauben angenommen und verstanden werden kann. Um alle Mißverständnisse zu vermeiden, hier noch eine weitere Präzisierung:
Keine Konkurrenz zwischen Gott und Welt
Es dürfte jetzt klar geworden sein: Welt oder Gott – das ist keine Alternative: weder die Welt ohne Gott (Atheismus) noch Gott identisch mit der Welt (Pantheismus)! Sondern Gott in der Welt, und die Welt in Gott. Gott und Welt, Gott und Mensch also nicht als zwei konkurrierende endliche Kausalitäten nebeneinander , wo die eine gewinnt, was die andere verliert, sondern ineinander : Wenn Gott wirklich der alles umfassende unendliche geistige Urgrund, Urhalt und Ursinn von Welt und Mensch ist, wird deutlich, daß Gott nichts verliert, wenn der Mensch in seiner Endlichkeit gewinnt, sondern daß Gott gewinnt, wenn der Mensch gewinnt.
Keith Ward (Oxford), der, wie wir hörten, kenntnisreich und detailliert sich mit einigen englischsprachigen »neuen Materialisten« auseinandergesetzt hat, hält es für ganz unwahrscheinlich, daß allein die natürliche Auslese vernünftige Wesen hervorgebracht habe; zur Erklärung des ganzen Prozesses sei es einfacher, die Hypothese eines in jedem Moment aktiv oder passiv bestimmenden unsichtbaren Einflusses Gottes anzunehmen.
Der um den naturwissenschaftlich-theologischen Dialog ebenfalls hochverdiente Biochemiker und Theologe Arthur Peacocke (Oxford) hat sich viel Mühe gemacht, das Einwirken Gottes auf das Universum und so Gottes spezielle
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