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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Nicolaus Cusanus ( 1401   –   1464) formuliert: als Maximum auch das Minimum und so Minimum und Maximum überschreitend. Gott ist »der ganz Andere« und doch »interior intimo meo«, mir innerlicher als mein Innerstes (Augustin).
    Nun, je nach der konkreten Situation eines einzelnen oder einer Gemeinschaft wird der Mensch mehr personale oder apersonale Begriffe oder Metaphern brauchen; dies hängt ab vom Kontext. Apersonale Bilder (»Meer«, »Horizont«, »Sonne«) können unter Umständen von Gott ebenso viel aussagen wie personale, anthropomorphe (»Vater«, »Mutter«). Weit bekannt ist Friedrich Nietzsches Parabel vom »tollen Menschen«, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündet, um (erfolglos) Gott zu suchen, und deshalb den Tod Gottes proklamiert. In drei beeindruckenden, mächtigen Bildern beschreibt er, was sich in Begriffen nur schwer wiedergeben läßt: »Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir die Erde von der Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend?«
    »Der Anfang aller Dinge« (2005), S.   120   –   127.

Wie Gottes Wirken denken?
    Bei der Antwort auf die Frage nach Gott dürfen religiöse Bekenntnisse und naturwissenschaftliche Erkenntnisse nicht vermischt werden. Hans Küng wahrt diese Grenze und gibt vernünftig Rechenschaft
    über seinen von tiefer Spiritualität getragenen Glauben.
    Gerade in einem vernünftigen Vertrauen auf Gott sollte der Mensch vermeiden, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und religiöse Bekenntnisse zu vermischen: Man darf nicht aus (durchaus lobenswerten) ethisch-religiösen Impulsen dem Evolutionsprozeß mit Hilfe eines anthropischen Prinzips die Richtung auf einen bestimmten Endzustand Omega und damit eine Sinngebung zuschreiben, die nun einmal nicht die Wissenschaft, sondern nur der religiöse Glaube geben kann. Ich habe für ein Ja zu einem »Alpha« als »Grund« von allen Dingen plädiert und werde auch für ein »Omega« als »Ziel« plädieren. Aber es muß klar bleiben, daß es sich dabei um ein Ja »jenseits von Wissenschaft«, um ein Ja des vernünftigen Vertrauens, handelt.
    Auch wer ein anthropisches Prinzip annimmt, braucht auf keinen Fall ein »übernatürliches« Eingreifen Gottes in den Weltprozeß zu vertreten. Im Gegenteil:
    –   Nach Auffassung der Biologen erscheint ein unmittelbares übernatürliches Eingreifen Gottes bei der Entstehung und Weiterentwicklung des Lebens mehr denn je als unnötig.
    –   Aber zugleich sind führende Biologen der Auffassung: Der Evolutionsprozeß als solcher schließt, naturwissenschaftlich gesehen, einen Urheber (ein Alpha) und ein letztes Sinn-Ziel (ein Omega) weder ein noch aus.
    –   Auch für einen Naturwissenschaftler als Menschen stellt sich die existentielle Frage nach Ursprung und Sinn-Ziel des ganzen Prozesses, der er nicht ausweichen sollte, auch wenn er sie als Naturwissenschaftler nicht beantworten kann. Dies schließt allerdings ein aufgeklärtes Gottesverständnis ein:
    Ein vergeistigtes Gottesverständnis
    Eine allzu äußerliche, anthropomorphe Vorstellung wäre es zu meinen, Gott als Herr und König »kontrolliere« oder »steuere« die Ereignisse, auch die scheinbar zufälligen, sogar die subatomar unbestimmten Abläufe. Wie stünde es denn da um all die Verschwendungen und Sackgassen der Evolution, wie um die ausgestorbenen Arten und die elend umgekommenen Tiere und Menschen? Und wie um die unendlichen Leiden und all das Böse in dieser Welt und Weltgeschichte? Darauf hat eine solche Konzeption von einem Herr-Gott keine Antwort.
    Zu Recht sieht man das biblische Verständnis Gottes als Geist als besonders hilfreich an für eine evolutionäre Weltsicht. Der biblische Befund ist sehr aufschlußreich: Greifbar und doch nicht greifbar, unsichtbar und doch mächtig, lebenswichtig wie die Luft, die man atmet, energiegeladen wie der Wind, der Sturm – das ist der Geist. Alle Sprachen kennen ein Wort dafür, und ihre je verschiedene geschlechtliche Zuordnung zeigt, daß der Geist nicht so einfach definierbar ist: »Spiritus« im Lateinischen ist männlich (wie auch »der« Geist im Deutschen), »Ruach« im Hebräischen weiblich, und das Griechische kennt das Neutrum »Pneuma«. Geist ist also jedenfalls etwas ganz anderes als eine menschliche Person. Die »Ruach«: Dies ist nach dem Anfang des Schöpfungsberichts im

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