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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Vorsehung mit physikalischen Kategorien verständlich zu machen. Auch andere haben versucht, Gottes Wirken mit der Quantenwelt zu verbinden oder in der Chaostheorie zu verorten. Doch werden gegen solche Versuche manche physikalischen und theologischen Einwände erhoben.
    Der um den Dialog nicht weniger verdiente Physiker und Theologe John Polkinghorne (Cambridge) dürfte recht haben: »Es ist nicht möglich, das kausale Netzwerk so aufzuknüpfen, daß man sagen kann, Gott tat dies, ein Mensch jenes und die Natur ein drittes. Der Glaube mag hier zwar unterscheiden können, aber keine Nachforschung kann Gottes Handeln demonstrieren.« Der alles umfassende Schöpfungsplan des Universums muß also richtig verstanden werden: nicht als ein detaillierter, bereits existierender Entwurf in der Vorstellung Gottes: »Das tatsächliche Gleichgewicht zwischen Zufall und Notwendigkeit, Kontingenz und Möglichkeit, das wir wahrnehmen, scheint mir mit dem Willen eines geduldigen und subtilen Schöpfers übereinzustimmen, der zufrieden damit ist, seine Ziele zu verfolgen, indem er den Prozess initiiert und dabei ein Maß an Verletzlichkeit und Unsicherheit akzeptiert, das das Geschenk der Freiheit durch Liebe immer kennzeichnet.«
    Theologie darf sich also nicht zuviel zumuten und ihre Neugierde zu weit treiben. Mir kommt da immer wieder der berühmte »Gnadenstreit«, die wichtigste Auseinandersetzung um Gnade und Freiheit im 16./17.   Jh., in den Sinn. Damals wollte man das Rätsel lösen, wie sich Voraussicht und Allmacht Gottes und die Freiheit des Menschen verbinden lassen. Nach endlosen Streitereien zwischen Dominikanern und Jesuiten und mehr als 120   Sitzungen in Rom verbot schließlich Papst Paul V. 1611 beiden Parteien, die Gegenpartei zu verketzern. Bis heute wartet man auf die damals in Aussicht gestellte päpstliche Erklärung, die »opportune«, zu geeigneter Zeit, veröffentlicht werden soll. Sie wird heute weniger denn je benötigt. Die meisten Theologen haben erkannt, daß es hier nicht um eine zu lösende Rätselfrage, sondern um das unergründliche Geheimnis des Wirkens Gottes selber geht. Und dies dürfte auch gelten für die Frage, wie ein allwissender Gott nicht nur die determinierten Vorgänge, sondern auch die zahllosen Zufallsprozesse, welche die Evolution vorantreibt, voraussehen kann.
    Theologisch relevant ist für mich das Daß ( id quod ) des Wirkens von Gott und Kosmos, Gott und Mensch, nicht aber das Wie ( modus quo ) des Zusammenwirkens, das uns letztlich verborgen ist und das wir auch gar nicht zu entschlüsseln brauchen. Da ist mir ein anderer Aspekt wichtiger, wie er von der biblischen Botschaft nahegelegt wird: Die meisten Wunder ereignen sich ja für den glaubenden Menschen nicht im Kosmos, sondern im Herzen des Menschen , wo Gottes Geist wirkt, der nach dem Apostel Paulus kein unheiliger Menschengeist, Zeitgeist, Kirchengeist, Amtsgeist ist, aber auch kein Schwarmgeist, sondern der Heilige Geist, der Geist der Freiheit und Liebe, der weht, wo und wann er will. Gottes Geschenk , um das der Mensch auch in schweren Stunden – und wer hat sie nicht? – bitten darf, um immer wieder neu zu einem Leben und Wirken in Frieden, Gerechtigkeit, Freude, Liebe, Hoffnung und Dankbarkeit befreit zu werden. Und es gibt für mich keinen schöner vertonten Hymnus auf Gottes Geist als das »Veni Sancte Spiritus«, »Komm, Heiliger Geist«, den Stephan Langton , Erzbischof von Canterbury, schon um 1200 dichtete und der die Wirkung des Geistes Gottes als Licht beschreibt (ich zitiere nur einige Strophen):
O lux beatissima,
Strahlend Licht, dein seliger Glanz
reple cordis intima
Fülle Geist und Sinne ganz,
tuorum fidelium.
mache leicht, was sonst zu schwer!
Sine tuo nomine 
Ohne daß du in uns webst
nihil est in homine,
ohne daß du uns belebst,
nihil est inoxium.
sind die Herzen tot und leer.
Lava quod est sordidum,
Wasche, was im Schmutz vergeht!
riga quod est aridum,
Gieße, was zu trocken steht!
sana quod est saucium.
Heile all das Leid der Welt!
Flecte quod est rigidum,
Biege, was zu fest und hart!
fove quod est frigidum,
Taue, was zu Eis erstarrt!
rege quod est devium.
Halte fest, was stürzt und fällt!
Da tuis fidelibus,
Denen, die dir hier vertraun,
in te confidentibus,
die auf keinen Sand mehr baun,
sacrum septenarium.
schenke alle Gaben dein!
    »Der Anfang aller Dinge« (2005), S.   174   –   179.

2. Jesus – Lebensmodell und Maßstab

Die oberste Norm – zur ethischen Botschaft Jesu
    In seinem

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