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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Im Vergleich zur nachtridentinischen, gegenreformatorischen Kirche bedeutet das Zweite Vatikanische Konzil – bei allen Kompromissen – in seiner Grundtendenz eine Wende um 180° in Richtung auf die Ökumene. Trotz aller ungelöst gebliebenen Fragen (Geburtenregelung, Ehescheidung, Amtsfrage, Mischehe, Zölibat, Primat und Unfehlbarkeit) dürfen die konkreten positiven Resultate nicht gering geschätzt werden. Sie provozieren zugleich – hier zumindest kurz anzudeutende – Rückfragen an die anderen Kirchen.
    Was hat sich verändert für die Christenheit insgesamt?
    •    Die katholische Mitschuld an der Kirchenspaltung wird jetzt anerkannt. Zugleich wurde die Notwendigkeit steter Reform anerkannt: Ecclesia semper reformanda – ständige Erneuerung der eigenen Kirche in Leben und Lehre nach dem Evangelium. Doch Rückfrage: Dürfen sich deshalb die anderen Kirchen als überhaupt nicht zu reformierende (»orthodoxe«) Kirchen oder aber als bereits reformierte (»lutherische« oder »calvinistische«) Kirchen verstehen, oder sind auch sie noch zu reformierende Kirchen?
    •    Die anderen christlichen Gemeinschaften werden als Kirchen anerkannt : Es gibt in allen Kirchen eine gemeinsame christliche Basis, die vielleicht wichtiger ist als alles Trennende. Doch Rückfrage: Müsste nicht auch in anderen Kirchen das Bemühen um die gemeinsame christliche Basis und »Substanz« intensiviert werden?
    •    Von der ganzen Kirche ist ökumenische Haltung gefordert: die innere Umkehr (Konversion!) der Katholiken selbst, das gegenseitige Kennenlernen der Kirchen und der lernoffene Dialog, die Anerkennung des Glaubens, der Taufe, der Werte der übrigen Christen, schließlich eine in ökumenischem Geiste getriebene Theologie und Kirchengeschichte. Doch Rückfrage: Werden die anderen Kirchen nun auch ihrerseits die zahlreichen katholischen Anliegen anerkennen und realisieren, in Theologie, Liturgie und Kirchenstruktur?
    •    Die Zusammenarbeit mit den anderen Christen soll in jeder Weise gefördert werden: die praktische Zusammenarbeit im ganzen sozialen Bereich, aber auch gemeinsames Gebet und eine wachsende gottesdienstliche Gemeinschaft, insbesondere beim Wortgottesdienst, schließlich Theologengespräche auf gleicher Ebene. Doch Rückfrage: Müsste nicht die Bereitschaft zur praktischen Zusammenarbeit auch bei den anderen Kirchen stärker entwickelt werden?
    Was hat sich verändert für die Kirchen der Reformation?
    Eine ganze Reihe zentraler reformatorischer Anliegen wurde von der katholischen Kirche zumindest grundsätzlich aufgenommen:
    •    Neue Hochschätzung der Bibel : (1) im Gottesdienst: Verkündigung, Gebet und Gesang sollen ganz von biblischem Geist geprägt sein; ein neuer abwechslungsreicher, mehrjähriger Zyklus der Schriftlesung wurde geschaffen; (2) im kirchlichen Leben überhaupt: statt der Betonung der lateinischen Vulgata-Übersetzung jetzt die Forderung moderner Bibelübersetzungen aus dem Urtext; statt früherer Verbote von Bibellesungen durch Laien jetzt wiederholte Aufforderung zur häufigen Bibellektüre; (3) in der Theologie: das kirchliche Lehramt steht nicht über dem Gotteswort, sondern hat ihm zu dienen; es ist nicht mehr allgemeine Kirchenlehre, dass die Offenbarungswahrheit »teils« in der Schrift, »teils« in der Tradition enthalten sei; das Schriftstudium muss die »Seele« der Theologie (und der Katechese) sein; die Berechtigung der historisch-kritischen Schrifterklärung wird anerkannt, die Irrtumslosigkeit der Schrift nicht für die naturwissenschaftlich historischen Aussagen, sondern nur für die Heilswahrheit in Anspruch genommen.
    •    Echter Volksgottesdienst : Als Verwirklichung reformatorischer Anliegen können gelten:
    – gegenüber der früheren Klerikerliturgie ein Gottesdienst des ganzen priesterlichen Volkes: durch verständliche Gestaltung, aktive Teilnahme der ganzen Gemeinde in gemeinsamem Gebet, Gesang und Mahl;
    – gegenüber der früheren Verkündigung in der lateinischen Fremdsprache ein neues Hören auf das in der Volkssprache verkündigte Wort Gottes;
    – gegenüber der standardisierten römischen Einheitsliturgie die Anpassung an die verschiedenen Nationen: Mitzuständigkeit der Landesepiskopate statt der bisherigen exklusiv päpstlichen Zuständigkeit;
    – gegenüber der früheren Überwucherung und Verdeckung Vereinfachung und Konzentration auf das Wesentliche: Revision aller Riten und so größere Ähnlichkeit der Messe mit dem Abendmahl

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