Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)
Fragenkreis betrifft, so besteht für K. Barth kein echter Grund für eine Trennung von der alten Kirche.
Was den behandelten Fragenkreis betrifft – dies ist nun zu präzisieren. Wie scharf Barths Opposition gegen die katholische Lehre besonders im Fragenkreis Kirche–Sakrament ist (kirchliche Tradition, Primat, Mariologie, und im übrigen auch betreffs der »natürlichen« Gotteserkenntnis), ist genügend bekanntgemacht worden. Von daher fällt auf K. Barths Rechtfertigungslehre ein dunkler Schatten. Man wird zweifelnd-ungläubigen Blicken begegnen, wenn man von einer sachlichen Übereinstimmung in der Rechtfertigungslehre zu sprechen wagt: Wie soll das möglich sein!? Dazu kommt, daß Barth selbst in aller Form den Zusammenhang zwischen den Fundamentalproblemen der Christologie und der Erlösungslehre einerseits und den übrigen Problemen über Kirche und Sakrament andererseits herausgestellt und seine Ablehnung der katholischen Position bei diesen aus seiner Opposition bei jenen begründet (vgl. Einleitung).
Nun hat unsere Darstellung zum mindesten das aufgezeigt, daß man die Aussagen Barths in der Rechtfertigungslehre in bonam partem interpretieren kann. Und wir glauben auf Grund unserer Untersuchungen, daß man dies mit gutem Recht tut. Wie kommt dann aber Barth dazu, aus einer richtigen Grundposition heraus falsche Konsequenzen für den zweiten Problemkreis abzuleiten ? Drei sich überschneidende Faktoren scheinen mitzuspielen.
Jede Theologie; hat ihr Gefälle: ein anderes die griechische Vätertheologie und ein anderes die Theologie Augustins, ein anderes die thomistische und ein anderes die skotistische. Das Gefälle an sich bedeutet noch nicht überbordenden Irrtum. Aber es bedeutet Beschränktheit; kein Gefälle darf absoluten Anspruch erheben; das Wasser kann auf sehr verschiedenen Wegen zu Tale fließen. Das eine Flußbett führt vielleicht kräftiger und imponierender als das andere, ohne Umwege und tote Winkel, doch es wird ein beschränkt-einseitiges Gefälle sein und die allumfassende Unendlichkeit des Meeres nicht erreichen Das Gefälle macht Stärke und Schwäche einer Theologie aus. Stärke: In der Richtung des Gefälles fließt alles leicht, wird mit Schwung mitgerissen. Problemklötze, die unbeweglich schienen, werden von der Strömung fast spielend zu Tale befördert. Aber auch Schwäche: Gemäß seinem Gefälle verläßt der Fluß gar gern das Bett, untergräbt Ufer und übersteigt Dämme. Jede, auch die beste Theologie, kann auf ihre Weise das Opfer ihres Gefälles werden; jede, auch die beste Theologie hat gerade in ihren zugkräftigsten Stellen ihre gefährlichsten Strömungen. Gottes Wort allein ist das allumfassende lebendig-ruhende Weltenmeer.
Auch Barths Theologie hat ihr Gefälle, wir haben es in seiner ursprünglichen Kraft kennengelernt. Aber auch dieses Gefälle bedeutet in seiner Stärke zugleich Schwäche. Auch Barths Theologie hat ihre gefährlichen Neigungen. …
Diese Neigungen sind da, aber sie sind in Barths Grundposition weder zu Irrtümern noch zu unverantwortlichen Übertreibungen geworden. Sie machen das naturnotwendige Gefälle der Barthschen Theologie aus; das naturnotwendige Gefälle, das sich, nur auf andere Weise, auch bei katholischen Theologen, selbst bei einem Thomas v. Aquin findet. Dabei darf man nicht übersehen, daß Barth, wie jeder Theologe, der eine echte Entwicklung durchmachte, durch seine Vergangenheit (negativ und positiv) belastet ist; wie Augustin sein Leben lang an seinem Neuplatonismus und Manichäismus trug, so wird auch Barth sein Leben lang an seinem idealistischen Denkstil und an seinem antihumanistischen, dialektischen Existentialismus (negativ und positiv!) weitertragen.
Diese Neigungen im Gefälle der Barthschen Theologie übertreffen in den Grundproblemen nicht die zum Teil sehr beträchtlichen innerkatholischen Gegensätze (etwa die griechische und die scholastische Trinitäts- und Gnadenlehre). Sie sind deshalb nicht weiter bedenklich. Bedenklich werden sie aber im Problemkreis der Kirchen- und Sakramentenlehre, wo Barth sich von diesen Strömungen jenseits der Dämme tragen läßt, die uns Katholiken Gott in seiner Offenbarung zu setzen scheint. …
Die polemisch-einseitigen katholischen Darstellungen der Kirchen- und Sakramentenlehre scheinen uns ein weiterer Grund dafür zu sein, daß Barth aus einer richtigen Grundposition heraus zu negativen Konklusionen in diesem Problemkreis kommt. Wir haben uns … über die Bewertung
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