Was danach geschah
exklusivsten Stränden von Barbados, der französischen Riviera, den griechischen Inseln, Tahiti, Dubai und Rio de Janeiro. Ich lebte das Leben einer reichen, berühmten Frau, schlief in den exklusivsten Villen und Hotels, segelte auf den luxuriösesten Jachten, flog in Privathubschraubern, fuhr in den teuersten Limousinen, speiste in den schicksten Restaurants, trank den teuersten Champagner, kaufte in den edelsten Juweliergeschäften und Boutiquen ein und gewann und verlor Millionen von Dollar in den exklusivsten Kasinos. Es war ein traumhaftes Leben, wie im Himmel. Ich tauchte vor den Korallenriffen der Galapagosinseln, erklomm auf jedem Kontinent die höchsten Gipfel, fuhr durch die Sahara, segelte rund um die Welt, paddelte im Kanu den Amazonas und den Nil von einem Ende zum anderen, marschierte die Chinesische Mauer entlang, besuchte den Nord- und den Südpol und ging in Afrika auf Safari.
All das machte Spaß – eine Zeitlang. Doch überall, wohin ich ging, war ich allein – an den Stränden, in den Villen, in den Flugzeugen und den Kasinos. Es gab niemanden, mit dem ich hätte mein Glück teilen, und niemanden, den ich wenigstens aus der Ferne hätte neidisch machen können. Ich stellte mir vor, dass sich Gott so gefühlt haben musste, bevor er den Menschen erschaffen hatte. Konnte es in diesem ganzen Universum etwas Schlimmeres geben, als all das hier mit niemandem teilen zu können? Während ich allein von einem Weltwunder zum nächsten reiste, vom Ozean über die Wüste in die Berge, verstand ich, warum Gott bereit war, jedes Risiko in Kauf zu nehmen – selbst Ablehnung, Leid und Krieg, wie Luas gesagt hatte –, nur um sich der Freude hingeben zu können, wenn ein menschliches Wesen außer Atem sagt: »Oh, mein Gott … jetzt sieh dir das an!«
Ja, dank dieser Reise war ich in der Lage, Tim Shelly, Mi Lau, Luas und Elymas und dem, was ich als Tragödie und Ungerechtigkeit im Gerichtssaal betrachtet hatte, aus dem Weg zu gehen, doch ich musste meine Erfahrungen mit dem Leben nach dem Tode ebenso dringend mit jemandem teilen, wie ich meine Erfahrungen mit dem Leben selbst hatte teilen müssen. Vielleicht sehnte ich mich wie Gott immer verzweifelter nach einem anderen, nach einem Begleiter in meinem Paradies.
So wurde mir immer klarer, warum die Schlange zu Eva gesagt hatte, erst durch das Risiko, die Möglichkeit des Bösen werde das Leben reicher und würden Zufriedenheit und Freude erst ermöglicht werden. Auf eine Art war ich in den Garten Eden zurückgekehrt und hatte ihn für ebenso unzureichend empfunden, wie Eva dies getan hatte, weil es im Paradies nur das Perfekte gab. Ohne ihr Gegenteil kann Perfektion nicht verstanden oder erfahren werden, so wie das Licht einer Kerze direkt vor der Sonne nicht erkannt oder erfahren werden kann, bis sie aus dem Sonnenlicht fortgenommen und in die Dunkelheit gestellt wird. Ich war wieder bereit, aus dem Paradies vertrieben zu werden und dieses Risiko einzugehen – selbst das Risiko, von Tim Shelly angegriffen und an alles erinnert zu werden, was ich verloren hatte – meinen Mann, meine Tochter, mein Leben, meine Welt. Ich war sogar bereit, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass Seelen in ungerechter Weise für schuldig befunden wurden und ihre Strafe bis in alle Ewigkeit abbüßen mussten.
Und so kehrte ich, wie Gautama gesagt hatte, zu dem Ort des Beginns meiner Reise zurück und sah ihn erneut zum ersten Mal. Ich war bereit für meinen ersten Mandanten. Doch insgeheim hoffte ich wie schon immer seit meiner Ankunft in Schemaja, dass dies der Tag sein würde, an dem man mir sagte, das alles sei ein seltsamer, schrecklicher Traum, aus dem ich endlich aufwachen solle.
30
Luas antwortete nicht, als ich an seine Bürotür klopfte. Stattdessen erschien das Wesen aus dem Gerichtssaal im Flur und informierte mich, der Hohe Rechtsgelehrte sei beschäftigt und würde sich mit mir treffen, sobald ich meinen ersten Mandanten kennengelernt hätte. Ich solle in mein Büro gehen und warten.
Ich tat, was mir das Wesen aufgetragen hatte. Bald brachte es mir einen Antragsteller aus dem Gerichtssaal und zog die Tür hinter sich zu. Ich hatte beschlossen, dem Antragsteller den Rücken zuzukehren und die Wand hinter mir anzusehen. Ich wollte die Erforschung der Vergangenheit meines Mandanten hinauszögern und zunächst versuchen, ob wir nicht wie zwei Seelen miteinander kommunizieren könnten, die aus einer gemeinsamen Heimat vertrieben und einem gemeinsamen Schicksal
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