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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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den falschen Propheten auf der Kanzel, den zerstörerischen Gedanken, der das Gefüge unserer Gesellschaft zerstört. Wie der kleine David hatte mein Bo das große Untier ermordet, und wir waren stolz. Wir hatten keine Ahnung, dass zur gleichen Zeit, in der wir diesen wunderbaren Sieg feierten, Samar Mansour eine Videokassette mit seinem Dokumentarfilm in einen gefütterten Briefumschlag schob und folgende Nachricht beilegte:
Otto,
Die Wahrheit ist das, was wir als Wahrheit sehen wollen.
Vielleicht sehen wir uns nie wieder.
Streue die Samen aus.
Dein Freund,
Sam
    Am nächsten Morgen verhaftet die Polizei Harlan Hurley wegen mehrerer Fälle von Diebstahl, Post- und Überweisungsbetrug und organisierter Kriminalität. Die Jagd auf Samar Mansour endet mit der Bestätigung, dass er außer Landes geflüchtet ist, wahrscheinlich in den Libanon. Als Otto die Videokassette zwei Tage später in Buffalo erhält, wartet er, bis seine Mutter schlafen gegangen ist, und legt in seinem Zimmer die Kassette in den Rekorder.
    Samar Mansours Dokumentarfilm ist, wie angekündigt, gut aufgebaut und gut gemacht. Er beginnt mit einer finsteren starren Abfolge historischer Schwarzweißfotos: Männer in Nazi-Uniformen, verängstigte Gesichter von Frauen und Kindern, die in Zugwaggons geladen werden, elektrische Zäune rund um Konzentrationslager, Gefängnisbaracken, Duschen, Berge verwesender Leichen, Schornsteine, Verbrennungsöfen. Die Bilder wechseln immer schneller, bis sie in einen schwarzen Bildschirm münden.
    Aus dieser Dunkelheit ertönt der traurige Ruf einer Oboe, der erste Klang, den wir in dem Dokumentarfilm hören, ein Klagelied als Begleitung zu dem langsamen Marsch der zahllosen Titel von Büchern, Artikeln und Filmen zum Holocaust – jeden Titel, den Sam Mansour während seiner Recherchen finden konnte. Als der letzte über den Bildschirm läuft, wird die Oboe von dem symphonischen Dröhnen aus Wagners Walküre geschluckt, bis das höhnische Gesicht Adolf Hitlers die Bildfläche ausfüllt. Schließlich erscheint der Titel des Dokumentarfilms in weißen Buchstaben über einer Luftaufnahme von Auschwitz. Die Kamera stürzt sich hinunter auf die rötlichen Venen rostender Gleise, die ins Lager führen, und auf den Bahnsteig, auf den Millionen Füße ihre letzten Schritte gingen: Was geschah?
    Die Kamera zoomt Samar Mansour heran, der auf diesem Bahnsteig steht. Er trägt dieselben schwarzen Hosen und dasselbe blaue Hemd wie in Trudys Bar. Die Farbe seines Hemdes passt zu der seiner Augen. Sein dichtes schwarzes Haar ist sorgfältig gekämmt, und er wartet auf uns, die Zuschauer. Seine Stimme passt zur Rolle: gebildet, bedeutungsschwer, gebieterisch, glaubhaft. Ironischerweise sieht er mehr wie ein Rabbi als wie ein palästinensischer Doktorand aus, der versucht, den Holocaust zu widerlegen, was seine vorgetäuschte Glaubwürdigkeit unterstützt. Lächelnd stellt er sich als Sam Mansour vor, fördert damit den freundlichen akademischen Eindruck von Unvoreingenommenheit und Emotionslosigkeit. Er stellt den Zuschauern eine sehr ernste Frage: Was geschah? Er spricht in die Kamera, während er zu den Duschen geht, erklärt den Zweck des Films und versichert uns, er verfolge nichts weiter als die Wahrheit. Während er seine Beweise vor uns ausbreitet, bittet er uns, mit ihm die vielen Lücken in der Logik und Beweiskette zu überspringen, doch er kommt immer wieder auf die »Wahrheit« zurück, immer auf die Wahrheit. Er beharrt darauf und verlangt von uns zu glauben, er würde nur in unserem Interesse handeln.
    Filmisch gesehen, mit den parabolischen Kameraeinstellungen, den bedrohlichen Wachturmscheinwerfern und den Hallraum-Klangeffekten – als würde alles im Duschraum eines Konzentrationslagers gesprochen werden –, versetzt der Film den Zuschauer auf erstaunliche Weise in die finstere Zeit zurück. Otto ist, als er den Film in seinem Zimmer zum ersten Mal sieht, wie hypnotisiert. Sams Fähigkeiten als Filmemacher und Ottos eigener verzweifelter Wunsch, zu glauben, vernebeln seinen Blick für die impliziten Warnungen in Sams Bitte um Vertrauen und – eine harte Probe für die Vernunft – die offensichtlich grundlose Behauptung einer Verschwörung und Vertuschung.
    Ja, nur Ottos verzweifelter Wunsch, die Familie Rabun aus Kamenz durch Umschreiben der Geschichte mit einem glücklichen Ausgang für die Deutschen und die Juden zu entlasten, konnte ihn dazu bringen, die sorgfältig einbalsamierte Leiche der aufgezeichneten

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