Was danach geschah
erneut auf, setzte sich wieder auf den Stuhl in der Mitte, hob seine Arme und ließ den Gerichtssaal verschwinden.
Als Nächstes sah ich eine völlig andere Seite von Toby Bowles, eine, die ich mir aus dem ersten Teil von Haissems Präsentation nicht hätte vorstellen können. Zum Beispiel, als Tobys Zug im Betriebshof der Bahn in Altoona anhielt. Dort zog er sich seine Sonntagskleidung an, die er in seine Tasche gepackt hatte, und fuhr per Anhalter in die Berge hinauf, um seine Schwester Sheila zu besuchen, die am Ufer eines Sees in einem wunderschönen privaten Heim für geistig behinderte Menschen wohnte. Sie wohnte nicht mehr in dem elenden öffentlichen Heim, in dem sie als Kind untergebracht gewesen war, weil Toby Bowles seit dem Krieg Jahr für Jahr und Monat für Monat die Kosten übernommen hatte – und er sich deshalb nie einen neuen Wagen oder ein Haus wie das von Paul und Marion Hudson leisten konnte.
Manchmal spielten Toby und Sheila zusammen, gingen durch die Zimmer auf eine imaginäre Reise, die sie sich ausdachte. Toby spielte den Kunden in einem Laden, in dem nur Umarmungen verkauft wurden, oder einen Flugreisenden auf dem Weg zum Ende des Regenbogens. Sie kletterten Bäume hinauf und ruhten sich auf den Wolken aus oder paddelten zur anderen Seite des Sees, den sie für den exotischsten Ort der Welt hielt. Seine Geduld mit ihr kannte keine Grenzen. Stets nahm sie ihn mit hinauf in ihr Zimmer, bevor er ging, und zeigte ihm die Schwarzweißfotografie ihrer Eltern, auf dem sie, als ihre Tochter Sheila geboren wurde, gezwungen lächelten und das Kind wegen der Verunstaltungen an Gesicht und Gliedmaßen, den Anzeichen eines Downsyndroms, nicht allzu fest an sich drückten.
Ich erfuhr, dass auch Toby in seinem Leben unter vielen Ungerechtigkeiten gelitten hatte. Er war bei Sheilas Geburt und der Aufnahme dieses Fotos elf Jahre alt gewesen. Es war das letzte Foto, das sie von ihrem Vater, Gerard Bowles, hatten, der an jenem Tag mit einem von Schande und Abscheu gezeichneten Gesicht nach Hause kam. Er erzählte Toby, seine Mutter habe etwas ganz Böses getan und sei von Gott dafür bestraft worden, weswegen er gehen und nicht wiederkehren würde. Toby war zunächst sogar erleichtert, als sein Vater Gerard verschwand, weil er grausam zu seiner Frau und zu Toby war und sie manchmal mit dem Gürtel schlug, während er Abschnitte aus der Bibel über Sünde und Läuterung der Seele rezitierte.
Doch bald schon musste Toby erfahren, was der Verlust seines Vaters bedeutete, als seine Mutter nicht aufhörte zu weinen und mit Sack und Pack zu seinen Großeltern zog. Gleichzeitig wurde seine Schwester Sheila unter die Vormundschaft des Staates gestellt und fortgebracht. Spätnachts im Bett sorgte sich Toby um Sheila und seinen Vater. Er betete für ihre Rückkehr und bat Gott, seiner Mutter für das, was auch immer sie getan und was zur Trennung der Familie geführt hatte, zu vergeben.
In seiner Jugend verwandelte sich Tobys Sehnsucht und Liebe nach seinem Vater in Hass dem Mann gegenüber, der kein einziges Mal geschrieben hatte, um sie wissen zu lassen, dass er noch lebte – oder um zu fragen, ob sie noch lebten. In seinen schlimmsten Phantasien begegnete er seinem Vater auf der Straße, stellte sich ihm als seinen Sohn vor, zog einen Revolver aus der Tasche und schoss ihm zwischen die Augen. In anderen Momenten, wenn die Zukunft rosiger aussah, stellte sich Toby vor, eines Tages als erfolgreicher Mann von seinem Vater, der Bettler geworden war, angesprochen zu werden, den er aber, ohne sich zu erkennen zu geben oder Mitleid zu zeigen, zur Seite schieben würde.
Nur selten in seinem Leben spürte Toby Bowles nicht den Schmerz über das Verschwinden seines Vaters. Doch seine Schwester Sheila wurde die Nutznießerin dieses gebrochenen Verhältnisses und erhielt die Liebe, die er ansonsten seinem Vater gegeben hätte. Sie war auf diese Unterstützung angewiesen, weil ihre Mutter ihr die Schuld für alles gab, was schiefgelaufen war. Daher war Ester Bowles froh, als sie ihre Tochter Sheila dem Staat übergeben konnte, als hätte sie einen Typhuskranken gemeldet. Toby nahm Sheila gegenüber dieselbe Beschützerrolle ein wie bei seinen Töchtern. Er wäre gern ins Gefängnis gegangen oder hätte seinen Bankrott herbeigeführt, wenn sie dafür aus ihrem Asyl hätte fliehen können. Beinahe wäre ihm beides passiert, als er sie herausholte. Das gesamte Geld, das er während des Kriegs durch den Diebstahl und Verkauf
Weitere Kostenlose Bücher