Was dein Herz dir sagt
Einfühlungsvermögen für Menschen und ihre Reaktionen, das sein eigenes überstieg. Es ging tiefer und war genauer, was ihre Motive anging.
Im Sonnenschein zu sitzen war angenehm. Er betrachtete sie, während sie Informationen austauschten - sie strahlte Zuversicht und Selbstsicherheit aus, nicht so, dass es glitzerte und gleißte, sondern auf eine ruhige und stetige Weise.
Sie war zu einer bemerkenswert gelassenen Frau herangewachsen, die mühelos ein Gefühl von Frieden verbreitete.
Ihm fiel ein, dass inzwischen einige Zeit vergangen sein musste - ohne dass es ihm lang erschienen war. Er stellte seine Tasse ab. »Also, was sind deine Pläne?«
Sie erwiderte seinen Blick, dann öffnete sie ihre Augen weit. »Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher.« Da war ein Anflug von Geringschätzung in ihrem Ton, Selbstbelustigung. »Ich bin während des Trauerjahres viele Monate lang gereist, daher habe ich meine Reiselust zur Genüge befriedigt. Ich habe dieses Jahr an der Saison teilgenommen - es war schön, alte Freunde wiederzutreffen, Bekanntschaften aufzufrischen, aber ...«Sie schnitt eine Grimasse. »Das ist aber keine lebensfüllende Aufgabe. Ich bin einige Zeit bei Angela geblieben - ich weiß immer noch nicht, was ich mit dem Haus anfangen soll, ob ich es wieder öffnen und dort leben möchte, vielleicht Hof halten wie eine Königin mit einem literarischen Zirkel, oder vielleicht verschreibe ich mich auch guten Werken ...« Ihre Mundwinkel hoben sich, ihr Blick wirkte belustigt. »Kannst du dir vorstellen, wie ich irgendetwas davon tue?«
Das Silberblau ihrer Augen schien vielschichtig - offen, aber mit faszinierenden Tiefen. »Nein.« Er betrachtete sie nachdenklich, wie sie gelassen auf seiner Terrasse saß; er konnte sie sich nicht als irgendetwas anderes vorstellen, als sie gewesen war: die Frau eines Botschafters. »Ich denke, du solltest wohltätige Werke Muriel überlassen, und Hof zu halten würde dich zu sehr einschränken.«
Sie lachte, ein goldener Laut, der zu dem goldenen Nachmittag passte. »Du sprichst wie ein Politiker.« Das sagte sie bewundernd. »Aber genug von mir - was ist mit dir? Warst du dieses Jahr zur Saison in London?«
Das war der Aufhänger, auf den er gewartet hatte; er verzog seine Lippen zu einem trockenen Lächeln. »Ja, aber verschiedene Komitees und Gesetzesvorhaben erwiesen sich als wesentlich zeitraubender als gedacht.« Er führte das näher aus, ließ sich von ihr bereitwillig Informationen entlocken, sich selbst ein Bild von seinem Leben machen - und zu dem Schluss kommen, dass er eine Frau brauchte. Sie war zu klug, als dass er es aussprechen musste; sie würde es sehen und da sein, um es zu erklären, Elizabeth beruhigen, wenn es an der Zeit wäre.
Es war überaus angenehm, mit jemandem zu sprechen, der seine Welt kannte, die feinen Nuancen verstand. Caros Miene zu beobachten war ein Genuss - die verschiedenen Gesichtsausdrücke zu sehen, die über ihre Züge glitten, ihre Gesten, die so elegant und anmutig waren, ihre Intelligenz und den Humor in ihren Augen.
Caro war es ebenfalls zufrieden, aber während er sie beobachtete, beobachtete sie ihn im Gegenzug und wartete.
Schließlich fing er ihren Blick auf und fragte schlicht: »Warum warst du auf dem Weg hierher?«
Die schmale Straße führte zu seinem Haus - und sonst nirgendwohin. Das wussten sie beide.
Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Danke, dass du mich daran erinnerst. Bei dem ganzen Erzählen habe ich es ganz vergessen, aber es passt eigentlich gut dazu.«
Sich mit den Unterarmen auf den Tisch stützend sandte sie ihm einen verführerisch bittenden Blick. »Wie schon gesagt, ich bin zurzeit bei Geoffrey zu Besuch, aber alte Gewohnheiten kann man nur schwer ablegen. Ich kenne eine Reihe von Leuten aus den verschiedenen Ministerien und Botschaften, die den Sommer in der Nachbarschaft verbringen - und da habe ich für heute Abend ein Dinner arrangiert, aber ...« Sie ließ ihr Lächeln reuig werden. »Ich habe einen Herrn zu wenig. Ich bin gekommen, dich mit der Bitte zu überfallen, mir auszuhelfen - du wirst am besten verstehen können, wie wichtig es für meinen Seelenfrieden ist, dass die Zahl der weiblichen und männlichen Gäste ausgeglichen ist.«
Er war bezaubert und musste lachen.
»Nun«, trug sie rücksichtslos noch stärker auf, »wir haben eine kleine Gruppe aus der portugiesischen Botschaft und drei Gäste aus der österreichischen und ...«Sie fuhr fort, ihm ihre
Weitere Kostenlose Bücher