Was dein Herz verspricht
Mannes auf - schmal und hohläugig, die Haut bleich, gar nicht mehr der gutaussehende, arrogante junge Lord, sondern ein Mann, dessen Hände zitterten, als hätte er sich öfter durch Trinken getröstet.
Kendall verbeugte sich höflich. »Ich fühle mich geehrt, Euer Gnaden, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, in welcher Sache Ihr mich aufsucht.«
Rand klopfte abwesend seine Reithandschuhe gegen seinen Oberschenkel. »Ich bin nur der erste in einer Reihe von Besuchern, die Euch in nächster Zeit beehren werden.«
Kendall hob fragend eine Augenbraue und ging zu einer geschnitzten, bemalten Anrichte. »Möchtet Ihr vielleicht etwas zu trinken? Cognac? Oder etwas Stärkeres?«
»Nichts, danke.«
Kendall wies auf das Sofa, aber Rand schüttelte nur den Kopf. »Ihr sagtet, Ihr könnt Euch nicht vorstellen, warum ich gekommen bin. Vielleicht könnt Ihr es erraten, wenn Ihr Euch Mühe gebt.«
Kendall nippte an seinem Cognac, seine Gesichtszüge voll unter Kontrolle. »Ich habe gehört, Ihr hättet Nachforschungen angestellt und einen Detektiv zum Wirtshaus geschickt.«
Rand lächelte dünn. »Mr. Small ist ein sehr fähiger Mann. So fähig, daß er herausgefunden hat, daß Ihr gelogen habt, was Euren Aufenthalt im >Swan and Sword< betrifft. Ihr wart nicht mehrere Stunden dort, sondern nur eine halbe Stunde, und so ist Euer Alibi für den Tag des Mordes nicht länger brauchbar. Ihr hattet genug Zeit, nach Castle Colomb zurückzukehren. Da Ihr einen Grund zum Lügen hattet, schließe ich daraus, daß es sehr wahrscheinlich ist, daß Ihr der Mann seid, der Rachael Warring ermordet hat.«
Kendall nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. Als er den Blick hob, lag eine Leere und Ergebenheit in sein Schicksal darin, die ihn verzweifelt wirken ließ. Dem folgte ein Ausdruck der Resignation. »Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis jemand es herausfände. Natürlich hatte ich gehofft, daß es nicht geschehen würde, denn ich bin noch jung und wollte leben. Andererseits scheint es, daß ich mehr Ehre besitze, als ich selbst geglaubt hatte. Das Schuldgefühl hat an mir genagt wie ein lebendiges Wesen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch so hätte weitermachen können, selbst wenn Ihr nicht die Wahrheit herausgefunden hättet.«
Rand zwang sich, langsam vorzugehen, aber sein Herz raste, und seine Gedanken flogen voraus zu der Sache, die der Viscount nur mit seinen Worten meinen konnte. »Warum erzählt Ihr mir nicht davon?«
Das Glas zitterte in Kendalls Hand. Er trank noch einen großen Schluck Cognac. »Ich hatte nicht vor, sie umzubringen. Ich habe sie geliebt. Wir hatten einen heftigen Streit, früher am Tag - gleich, nachdem Ravenworth gegangen war. Ihr Mann wollte die Scheidung. Ich war froh darüber, denn ich dachte, jetzt könnte ich sie heiraten. Statt dessen erklärte mir Rachael, daß sie mich nicht mehr sehen wollte.«
Er trank noch einen Schluck zur Beruhigung, aber seine Hand zitterte noch mehr, und er verschüttete Cognac auf den persischen Teppich. »Ich war verärgert — und voller Angst, daß ich sie diesmal vielleicht wirklich verloren hätte. Ich machte beim >Swan and Sword< halt und begann zu trinken. Es brauchte nicht viel, um mich selbst zur Rückkehr zu überreden.«
»Und...?«
»Ich betrat das Schloß durch einen überwachsenen Gar-tenpfad und die Hintertür, einen Weg, den ich aus Gründen der Diskretion oft gewählt habe. Rachael saß auf einem Hocker vor ihrem Toilettentisch und bewunderte die Juwelen an ihrem Hals.« Seine Augen wirkten leer, als wende er den Blick nach innen. »Sie war so schön... so unglaublich schön. Ich hätte sie am liebsten gleich an Ort und Stelle genommen.«
»Aber diesmal wollte sie Euch nicht.«
Grey schüttelte den Kopf. »Nein. Sie war immer noch verärgert und entschlossen, unsere Beziehung zu beenden. Wir stritten, und ich verlor die Beherrschung. Wir rangen. Das letzte, woran ich mich erinnere, war, wie sich meine Hände um ihren Hals legten. Ich drückte und drückte. Als ich sie schließlich losließ, war sie tot. Ich verließ das Schloß durch den Gartengang, stieg auf mein Pferd und ritt los. Ich nahm eine Nebenstraße über Land und ritt beinah mein Pferd zu Tode, um so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.«
Eine Spur von Feuchtigkeit glitzerte in den Augen des jungen Mannes. Rand empfand unwillkürlich einen Anflug von Mitleid. »Ich habe sie geliebt«, sagte der Viscount. »Ich wollte ihr wirklich nichts zuleide tun.
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