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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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streitlustig und unnachgiebig. Ihre religiösen Überzeugungen sind ihnen wichtiger als ihr eigenes Leben – und glaub mir, Francesca, sie sind bereit zu sterben, um sie zu verteidigen. Sie nehmen ihre Liebsten in Schutz und lassen nur selten zu, dass sich jemand in ihre Angelegenheiten einmischt. Kamal ist einer von ihnen, auch wenn er etwas Besonderes ist. Er hatte Gelegenheit, die Welt und andere Denkweisen kennenzulernen. Außerdem fließt in seinen Adern westliches Blut. Sein Aufenthalt im Ausland war ein Fenster, durch das er schauen konnte, um den anderen Teil seiner Herkunft kennenzulernen. Er könnte frischen Wind nach Saudi-Arabien bringen und seine Heimat damit zu einem der mächtigsten Länder der Erde machen. Ich weiß, dass er es schaffen kann. Er hat den Mut und die Klugheit dazu. Aber auf seinem Weg werden ihm Feinde begegnen, die versuchen werden, alles zu untergraben, was er erreicht.« Er schwieg einen Moment, und sein Blick wurde weich. »Und du bist einer seiner größten und wertvollsten Erfolge. Du bist die Auserwählte, die er zu seiner Frau erkoren hat.«
    Francesca sah ihn sprachlos und ein wenig verwirrt an. Einerseits waren Méchins Worte besorgniserregend, andererseits erschienen sie ihr wie eine Liebeserklärung. Sie wollte das Gespräch nicht weiter vertiefen, weil sie Angst vor der Wahrheit hatte, die darin lag, und beschränkte sich darauf, ihm zu danken. Sie wusste genau, dass niemand in Riad sie mochte.
    Der aufbrandende Applaus verriet ihr, dass die Ardha zu Ende war. Der Ansager verabschiedete die Tänzer und kündigte die nächste Vorführung an. Kamal und die übrigen Ehrengäste schienen es zu genießen, ganz besonders der Botschafter, der sich ungewöhnlich angeregt mit Juliette und dem Scheich unterhielt, applaudierte und über alles lachte. Dennoch beschloss Francesca angesichts der Tatsache, dass sie früh am nächsten Morgen in die Stadt zurückkehren würden, sich zurückzuziehen und zu versuchen, trotz des Lärms zu schlafen.
    In der Einsamkeit ihres Zeltes fand sie die Ruhe, nach der sie sich sehnte. Sie war völlig erschöpft und schien wieder Probleme mit dem Kreislauf zu haben. Sie schlüpfte in ihr Nachthemd und zog den Morgenmantel über. Da Zobeida nicht da war, die ebenfalls auf dem Fest weilte, kämmte sie sich selbst, nachdem die Beduinin das in den letzten Tagen mit größter Sorgfalt und Gründlichkeit übernommen hatte. Sie würde sie ganz sicher vermissen – ihr beruhigendes Schweigen, ihre geschickten Hände, den Geruch ihrer kupferfarbenen Haut. Auch das Frühstücken mit Juliette würde ihr fehlen, die Ausritte in die Oase, die Gespräche über Kamal, während sie am wadi saßen und die Füße im Wasser baumeln ließen. Sie dachte an die Tage, die sie in Dschidda verlebt hatte, und die unmittelbar bevorstehende Rückkehr zur Arbeit und in den Alltag machte sie traurig. Sie war fasziniert von Kamals Welt und wollte nicht nach Riad zurück, als bedeute die Rückkehr das Ende des Zaubers, das Erwachen aus einem schönen Traum. Ihr wurde klar, dass sie nun hierhergehörte.
    Kamal betrat das Zelt und schlang seine Arme von hinten um ihre Taille.
    »Komm, ich möchte dir etwas zeigen.«
    »Ich muss mich nur schnell anziehen.«
    »Nein, komm so mit. Wir werden alleine sein.«
    Hand in Hand schlüpften sie aus dem Zelt. Sie liefen unter Palmen hindurch und am wadi entlang, spürten das kühle Wasser an ihren nackten Füßen. Sie folgten dem Licht des Mondes, der einen schmalen Streifen Erde beleuchtete. Auf einer Düne hielten sie an, und Francesca betrachtete staunend dieses Tal aus silbrig schimmerndem Sand, das sich wundersam und schier endlos zu ihren Füßen erstreckte. Schweigend standen sie da, den Blick auf den schwarzen Horizont gerichtet. Hinter ihnen lag das Zeltlager, in einen rötlichen Schimmer und wehmütige Klänge gehüllt. Vor ihnen lag die Weite der Wüste, die sie bereits in ihren Bann gezogen hatte. Francesca blickte zu ihrem Geliebten, um etwas zu sagen, und sah, dass er ganz in die Betrachtung der nächtlichen Landschaft vertieft war.
    »Du liebst dieses Land wirklich, Kamal. Ich sehe es in deinen Augen.«
    »Ich bin hier geboren, meine Eltern sind hier geboren, ich kenne diese Landschaft von klein auf und habe gelernt, sie zu lieben und zu achten. Während meines Studiums in England gab es keinen Tag, an dem ich nicht davon geträumt hätte, in die Wüste zurückzukehren. Ich hatte solche Sehnsucht nach meinen Pferden, ich wollte

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