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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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Kamal erhob sich aus seinem Sessel und lief im Zimmer auf und ab. »Ich gab zu bedenken, dass es sich bestimmt um eine weitere deiner Affären handelt, aber sie sagt, dass es diesmal anders ist und du sie heiraten willst. Stimmt das?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Kamal, sie ist eine Christin.«
    »Entschuldige, Onkel, ich werde weder mit dir noch mit meiner Mutter oder sonst wem über mein Privatleben diskutieren.«
    »Dein Leben ist nicht mehr privat von dem Moment an, da die Familie in dir den zukünftigen König sieht.«
    Kamal nahm seine Sachen, grüßte auf orientalische Weise und wollte das Büro verlassen.
    »Warte noch«, versuchte es Abdullah. »Hast du mal daran gedacht, dass dieses Mädchen an deiner Seite die Hölle durchmachen wird, in einer Familie, die sie ablehnt, und Sitten und Gebräuchen unterworfen, auf die sie nicht im Geringsten vorbereitet ist?«
    »Alles, was ich weiß, ist, dass mein Leben die Hölle sein würde, wenn sie nicht bei mir wäre.«
    »Du bist ein Egoist.«
    »Mag sein.«
    ***
    Abenabó und Kader brachten Francesca zu Kamals Wohnung im Malaz-Viertel, was ein gewisses Risiko in sich barg, denn die gesamte Familie al-Saud wohnte dort. Aber zur Zeit der Mittagsruhe befand sich keine Menschenseele auf der Straße. Gegen halb drei hielt der Wagen vor einem kleinen, aber eleganten Haus, und Kader führte Francesca, die vollständig in die abaya gehüllt war, in den zweiten Stock. Kamal öffnete, ohne dass sie anklopfen musste.
    »Hallo«, sagte Francesca.
    »Hallo«, antwortete er und ließ sie herein.
    Er gab einige Anweisungen an Kader, der als Wache in der Eingangshalle im Erdgeschoss stehenblieb. Dann führte er sie wortlos in den Salon, wo er ihr Umhang, Jacke und Handtasche abnahm. Er blieb vor ihr stehen und liebkoste sie mit Blicken. Es war kein fordernder, sondern ein zärtlicher, sanfter Blick, der Francesca überraschte. Kamal streckte die Hand aus und ließ seine Finger über ihre Wange gleiten.
    »Alle sagen, dass ich dir schade, wenn ich dich an mich binde.«
    »Dann schade mir«, sagte sie und lächelte vor lauter Glück, ihn wiederzusehen. Als er sie lächeln sah, war es mit al-Sauds Zurückhaltung vorbei; er schloss sie in seine Arme und küsste ihr Haar, ihre Stirn, die tränenfeuchten Augen, die Wangen, bis sein Mund auf ihre warmen, sehnsüchtigen Lippen traf.
    »Mein Liebling!«, sagte Kamal ein ums andere Mal, während er ihr die Kleider auszog.
    Sie liebten sich mit derselben Leidenschaft wie in den gemeinsamen Tagen in Dschidda und der Oase. Danach entspannten sie sich in der Badewanne, bis zum Hals in das schaumige Wasser getaucht, Francesca an Kamals Brust gelehnt.
    »Wie viele Frauen hatte dein Vater?«, wollte Francesca wissen.
    »Viele.«
    »Mehr als vier, wie es der Koran vorschreibt?«
    »Hast du den Koran gelesen?«
    »Nein. Sara, die Haushälterin der Botschaft, hat mir die Sure zitiert. Sie sagte auch, dass ihr mit acht Jahren beschnitten werdet. Stimmt das?«
    Kamal lachte.
    »Ich wusste nicht, dass du beschnitten bist.«
    »Das freut mich«, sagte er.
    »Was freut dich?«
    »Dass ich der einzige Mann in deinem Leben war und bin.«
    »Ja, das bist du«, versicherte sie, um dann noch einmal zu fragen: »Also, wie viele Frauen hatte dein Vater?«
    Kamal lachte erneut. Als sie den Spott in seinem Lachen bemerkte, wurde Francesca wütend.
    »Warum lachst du?«
    »Weil ich es lustig finde, dich empört zu sehen. Ich muss zugeben, dass mein Vater offensichtlich vorhatte, das ganze Land mit seiner Nachkommenschaft zu bevölkern. Selbst mit einigen seiner Sklavinnen hatte er Kinder. Ein wahrer Mann, der alte Herr.«
    »Mamma mia!«
    »Und, was geht dir durch den Kopf? Dass ich viele Frauen haben werde, weil mein Vater sie hatte oder weil der Koran es erlaubt? Weißt du, in dieser Hinsicht sind wir nicht anders als jeder Mann im Westen. Ein Araber, der eine Frau findet, die er liebt und bei der er absolute Erfüllung findet, hat sicherlich nicht das Bedürfnis, sich eine zweite Frau zu nehmen. Hast du eine Ahnung, wie viele Europäer ich kenne, die jahrelang zwei Frauen nebeneinander haben, die Ehefrau und die Geliebte? Falls es nicht mehrere Geliebte gleichzeitig sind. Im Westen betreibt man eine versteckte und, so wage ich zu behaupten, gesellschaftlich akzeptierte Polygamie. Je mehr Frauen, desto männlicher. Aber die Männer im Westen machen schöne Worte und handeln nicht danach, sie machen Versprechungen und halten sich nicht daran. Oder schwören sie nicht

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