Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
beruhigen. Mauricio, der vor einer halben Stunde eingetroffen war, war nicht nach Reden zumute. Francesca schwebte in Lebensgefahr. »Sie hat viel Blut verloren«, hatte eine Krankenschwester gesagt, als sie aus dem Operationssaal kam.
Auch Abdullah al-Saud und Fadila trafen ein, nachdem sie erfahren hatten, was passiert war. Kamal umarmte seine Mutter und zog sich dann mit seinem Onkel in einen Privatraum zurück.
»Ich will strengste Sicherheitsmaßnahmen in der Klinik«, forderte Kamal, und Abdullah nickte.
»Ich werde eine Bewachung für das Mädchen abstellen«, versicherte er, »und wir isolieren sie in diesem Teil der Klinik.«
»Ich will deine besten Männer, Tag und Nacht.«
Abdullah deutete auf ein Sofa, und sie setzten sich. Während sie sich über die weiteren Schritte unterhielten, beruhigte sich Kamal ein wenig.
»Alles, was Abdel uns erzählt hat, stimmte«, erklärte Kamal. »Mein Bruder Saud und Tariki haben sich mit einem Kriminellen wie Abu Bakr eingelassen, um mich zu beseitigen.«
Diese Worte bedrückten Abdullah sehr. Jetzt, da er hier saß und in Ruhe nachdenken konnte, wurde ihm bewusst, wie groß das Problem war, mit dem sie es zu tun hatten. Er fragte sich, wie sie aus dieser verfahrenen Situation herauskommen und die Ehre Saudi-Arabiens und der Familie retten sollten, nachdem sich der König wie ein Mafioso benommen hatte.
Jacques erschien in der Tür und teilte ihnen mit, dass Dr. al-Zaki den Operationssaal verlassen habe.
»Die Patientin war seit einigen Wochen schwanger«, teilte al-Zaki mit. »Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die Schwangerschaft beendet wurde. Als sie hier eintraf, war nichts mehr zu machen. So wie es aussieht, wurde sie in den Unterleib geschlagen. Sehr wahrscheinlich war das der Grund für die Fehlgeburt. Der Abgang des Fötus hat eine starke Blutung ausgelöst, die in ihrem geschwächten Zustand besorgniserregend ist. Wir mussten eine Ausschabung vornehmen, um eine Sepsis zu verhindern.«
»Sepsis?«, fragte Mauricio.
»Eine schwere Infektion, hervorgerufen durch Krankheitskeime. Wenn die Infektion in den Blutkreislauf gelangt, ist sie nicht mehr zu beherrschen, und wir können nichts mehr tun. Wir geben ihr starke Antibiotika. Wenn das Fieber in den nächsten vierundzwanzig Stunden sinkt, wissen wir, dass die Gefahr überwunden ist.«
Kamal sah Dr. al-Zaki sprachlos an. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Wie war es möglich, dass seine geliebte Francesca nach wie vor in Gefahr war? Er schloss die Augen und atmete tief durch, um die Wut und die Tränen zu unterdrücken, die in ihm aufstiegen. Doch als ihm in diesem Aufruhr der Gefühle bewusst wurde, dass sein Kind, das ihm die Frau schenken sollte, die er über alles auf der Welt liebte, nie geboren werden würde, schlug er mit der Faust gegen die Wand. Er war wie von Sinnen bei dem Gedanken, dass man sie gefoltert hatte, sie, der niemand auch nur ein Haar krümmen durfte!
Jacques und Abdullah gelang es, ihn zu beruhigen und dazu zu bewegen, sich zu setzen. Fadila sank zu seinen Füßen nieder und weinte bitterlich. Jacques fasste sie bei den Schultern und sprach ihr Trost zu. Kamal hingegen war in seinem eigenen Schmerz gefangen.
»Wie soll ich ihr das beibringen?«, brach es aus ihm heraus. »Sie war so glücklich über das Kind.«
Er hatte Angst, eine neue, bedrückende Erfahrung, die ihn zutiefst ratlos machte. Er fragte sich, woher er die Kraft nehmen sollte, Francesca ins Gesicht zu sehen, und wie er ihre Reaktion aushalten sollte. Er hatte Angst vor ihren Tränen, Angst, sie leiden zu sehen, Angst vor den Vorwürfen, Angst, sie könnte ihn hassen und ihm die Schuld geben. Er hatte Angst, sie zu verlieren. Fadila nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn auf die Stirn.
»Es ist meine Schuld«, flüsterte Kamal.
»Du trägst keinerlei Schuld, mein Sohn.«
»Doch, es ist alles meine Schuld. Ihr habt mich gewarnt, dass ich ihr schade, wenn ich sie an mich binde. Aber ich wollte nicht auf euch hören.«
»Du liebst sie zu sehr«, rechtfertigte ihn seine Mutter.
»So sehr, dass ich mein Leben geben würde, um ihr diesen Schmerz zu ersparen.«
***
Als Kamal aufwachte, dauerte es eine Zeitlang, bis er begriff, wo er sich befand. Er war noch in der Klinik und auf der Couch im Wartezimmer eingeschlafen. Auf dem stillen, nur schwach beleuchteten Gang sah er Abdullahs Männer vor Francescas Zimmer Wache stehen. Sie grüßten ihn mit einem Kopfnicken und ließen ihn
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