Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
überhand. Sie wusste, dass sie diesem Hünen nicht entkommen konnte. Sie versuchte, die Tür zu erreichen, doch sie verfing sich in ihrem Nachthemd und fiel hin. Der Araber stürzte sich auf sie, drehte sie zu sich um und begann mit keuchendem Atem, sie zu begrapschen. Francesca spürte ein tonnenschweres Gewicht auf der Brust, und mit letzter Kraft schrie sie nach Kamal.
Dem Prinzen blieb das Herz stehen, als er Francesca hörte. Er antwortete ihr und bat sie, weiterzuschreien und ihm so den Weg zu weisen. Doch Kalim hielt Francesca den Mund zu, packte sie grob am Hals und zerrte sie hoch. Dann blieb er angespannt stehen und überlegte, ob er noch Zeit hatte zu fliehen. Die Stimme dieses Mannes klang zu nah. Und tatsächlich, einen Augenblick später erschien Kamals Gestalt in der Tür.
»Lass sie los!«, befahl er und richtete die Pistole auf ihn. »Lass sie los!«
»Niemals!«, stellte Kalim klar.
»Du sollst sie loslassen, habe ich gesagt! Tu, was ich sage, oder man wird deinen Leichnam nicht wiedererkennen!«
»Diese gottverfluchte Hure wird teuer für ihre Schamlosigkeit bezahlen!«, blaffte der Terrorist und drückte das Messer an Francescas Hals, so dass es in die Haut einschnitt.
Als er Francescas Schrei hörte und das Blut sah, das ihren Hals hinabrann, verlor Kamal die Nerven.
»Ist gut, ist ja schon gut«, sagte er schnell. »Du kannst alles von mir verlangen, was du willst, aber tu ihr nichts. Lass sie los«, bat er.
»Lass die Waffe fallen«, befahl Kalim.
Kamal warf die Pistole vor Francescas Füße, die sie auf ein Zeichen ihres Peinigers vom Boden aufhob und sie ihm übergab. Kalim drückte ihr die Waffe an die Schläfe, schlang grob seinen Arm um ihren Hals und schleifte sie zur Tür. Als er an Kamal vorbeikam, verpasste er dem Prinzen einen Hieb mit dem Pistolenknauf. Dieser ging zu Boden und fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. Francesca schrie auf und versuchte, sich dem Schraubstockgriff zu entwinden, der sie daran hinderte, neben ihrem verletzten Liebsten niederzuknien. Es war ein kurzer Kampf. Kalim ließ die Pistole fallen und brachte Francesca wieder unter Kontrolle. Dann warf er sie sich über die Schulter und verließ die Zelle in die entgegengesetzte Richtung, aus der die Schüsse kamen.
Kamal richtete sich mühsam auf. Er musste sich an der Wand abstützen. Der Raum drehte sich um ihn, seine Ohren sausten, und in seinem Kopf hämmerte es schmerzhaft. Er fixierte einen festen Punkt, um das Schwindelgefühl loszuwerden, holte tief Luft und unterdrückte den Brechreiz. Der Gedanke, dass Francesca lebte, half ihm, sein Gleichgewicht wiederzufinden. Er nahm die Pistole an sich und ging hinaus. Leicht taumelnd rannte er los, geleitet von Francescas Stimme, die von weither zu ihm drang und kurz darauf nicht mehr zu hören war. Als er kurz davor war, zu verzweifeln, tauchte hinter einer scharfen Biegung ein Licht am Ende des Tunnels auf.
Francesca war barfuß, und das lose Geröll schmerzte an ihren Füßen. Das grelle Sonnenlicht blendete sie, nachdem sie so viele Stunden in völliger Finsternis verbracht hatte. Heftige Bauchkrämpfe peinigten sie, der Terrorist drückte mit seinem Arm ihren Hals zu und hinderte sie daran, normal zu atmen. Sie wollte schreien, damit Kamal sie hörte und ihr zu Hilfe kam. Und wenn der Schlag gegen die Stirn ihn getötet hatte? Sie versuchte sich loszureißen, aber das machte den Araber nur noch wütender, der sie anschrie und dabei auf den Abgrund zu ihren Füßen deutete. Sie befanden sich auf einem schmalen Felsgesims, nur anderthalb Meter breit, und der Abgrund unter ihnen schien nicht zu enden. Die Höhe ließ sie schwindeln, und sie musste sich an ihren Peiniger klammern. Sie gingen weiter.
»Lass sie los!«, war von hinten zu hören.
Kalim drehte sich vorsichtig um: Nur wenige Schritte hinter ihm stand Kamal, den Pistolenlauf auf seinen Kopf gerichtet. Er zog sein Messer und drückte es gegen Francescas Wange.
»Noch ein Schritt, und ich schneide ihr die Kehle durch«, drohte er.
»Lass sie frei, und ich gebe dir alles, was du verlangst«, schlug Kamal vor und steckte die Waffe in den Gürtel.
Vorsichtig kam er näher, und Kalim begann zurückzuweichen.
»Ich bin bereit, dir ein äußerst großzügiges Angebot zu machen. Du weißt, dass ich dir viel Geld geben kann. Überlass mir das Mädchen, und ich mache dich zu einem reichen Mann.«
»Halten Sie mich für einen Verräter, so wie Sie einer sind?«
»Lass sie gehen, du hast
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