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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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liegen musste. Die Stunden, die sie allein im Bett verbrachte, waren eine Qual für sie. Kamal kam sie jeden Tag besuchen und brachte ihr jedes Mal weiße Kamelien mit, die überall im Zimmer standen, aber auf Francesca wirkte er abweisend und kühl. Sie waren nur selten allein, und in diesen raren Momenten behauptete Kamal, dass es nur die Müdigkeit sei.
    »Weshalb hast du in der Klinik zu mir gesagt, du könntest nicht mit der Schuld leben? Gibst du dir etwa die Schuld an der Entführung?«
    Kamal verneinte und wechselte das Thema, und Francesca traute sich nicht, weiter in ihn zu dringen. Eines Abends kam Kamal in Begleitung seiner Mutter und seiner Schwester Fatima. Francesca wusste, dass Fatima an dem Morgen dabeigewesen war, als sie wieder zu sich gekommen war, aber sie hatte keine Erinnerung daran. Jetzt saßen sie sich nach so langer Zeit wieder gegenüber, in dem Wissen, dass die religiösen und kulturellen Unterschiede, die in Dschidda zwischen ihnen gestanden hatten, nach wie vor existierten. Fadila legte ihre abaya ab und sah sie lange an. Dann reichte sie ihr einen Olivenzweig, küsste sie auf die Stirn und schenkte ihr eine goldene, mit Rubinen besetzte Brosche, die ihrer Großmutter mütterlicherseits gehört hatte. Fatima, fröhlich wie immer, überschüttete sie mit Komplimenten und beteuerte, sie sei zwar ein bisschen dünn, aber nach wie vor die schönste Frau, die sie je gesehen habe. Sie bestellte ihr Grüße von den anderen Mädchen und überreichte ihr ein Taschentuch, das die kleine Yashira bestickt hatte. Dann tranken sie Tee und unterhielten sich wie alte Freundinnen. Fatima hielt sich nicht an die Anweisungen ihrer Mutter und löcherte Francesca mit Fragen über die westliche Lebensweise. Sie staunte angesichts der Vorstellung, ohne Schleier, ohne männliche Begleitung und mit unverhüllten Knöcheln auf die Straße zu gehen, Auto zu fahren und ganz allein mit einem Buch im Café zu sitzen. Dass die Frauen arbeiteten und ihr eigenes Geld verdienten, machte sie völlig fassungslos. Nach langer Zeit sah Francesca Kamal zum ersten Mal wieder lächeln.
    Die nächtliche Stille machte ihr zu schaffen, denn dann kehrten das Gefühl der Einsamkeit und die Panik aus der Zelle in Petra zurück. Sie schlief unruhig und wachte bald atemlos und schweißgebadet wieder auf. Wenn doch nur Kamal neben ihr läge! Sie sehnte sich danach, sich in seine Arme zu schmiegen und ihren Kopf an seine Brust zu lehnen. Sie brauchte die Sicherheit seines Körpers, die Ruhe und die Freude, die sie nur bei ihm empfand. Sie fühlte sich fürchterlich einsam, auch wenn Kamal bei ihr war. Die Hochzeit hatte er nicht mehr angesprochen, und sie hatte nicht den geeigneten Moment gefunden, ihn danach zu fragen. Manchmal, wenn sich ihre Blicke begegneten, sah er verlegen weg. Sie war wütend auf sich, weil sie sich Sorgen machte, aber da war dieser seltsame Ausdruck in seinen Augen, der nicht wieder verschwunden war und mit jedem Tag stärker wurde.
    Durch Saras Pflege und die Ruhe kam Francesca wieder zu Kräften. An einem sonnigen Nachmittag Ende April befand Dr. al-Zaki, der sie häufig in der Botschaft besuchte, dass sie völlig wiederhergestellt sei, und empfahl ihr lediglich, mit einer erneuten Schwangerschaft zwei Jahre zu warten. Francesca errötete und sah zu Kamal hinüber, doch der stand da und rauchte, den Blick auf die Landschaft draußen gerichtet.
    Al-Zaki verabschiedete sich, und Sara begleitete ihn zur Tür. Francesca trat zu Kamal und sagte, dass sie einen Spaziergang durch den Park machen wolle. Ein kühler Wind strich über ihre Wangen, und sie dachte, dass der Schmerz bald vorüber sein würde. Kamal hielt ihre Hand, und das war alles, was zählte.
    »Ich bin froh, dass al-Zaki deinen Gesundheitszustand so gut beurteilt«, sagte Kamal und deutete auf eine Bank in einigen Schritten Entfernung. »Setzen wir uns. Ich muss dir etwas sagen.«
    Die vornehme Blässe von Francescas Gesicht, die ihre Augen und ihr Haar noch dunkler wirken ließ, erschien ihm unwiderstehlich. Sie war so wunderschön, und er hatte große Lust, sie zu küssen. ›Ich darf es nicht‹, sagte er sich und sah weg.
    »Ich will, dass du Saudi-Arabien verlässt, jetzt, wo du wieder ganz gesund bist. Du bist hier nicht sicher. In spätestens zwei Tagen wirst du abreisen.« Und als Francesca ihn nur ansah, ohne etwas zu sagen, setzte er hinzu: »Du sollst mich vergessen und alles, was du meinetwegen erlebt hast. Irgendwann wirst du vielleicht

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