Was deine Blicke mir versprechen
erfahren!«
Arie schien nicht überzeugt. Er verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf und nahm Rosamundes Arm, um sie hinter Robert die Stufen hinaufzuführen.
Der Rittersaal, den sie betraten, befand sieh in einem chaotischen Zustand. Sie waren früher als erwartet eingetroffen. Obwohl noch nicht Mittag, befanden sich viele Menschen in dem Raum, wovon die einen hierhin und die anderen dorthin liefen. Die Ursache dieses Durcheinanders waren zwei Frauen, die ihre Befehle durch die Gegend brüllten.
»Aha«, murmelte Robert. »Tante Hortense und Tante Esther.«
Rosamunde sah ihn fragend an, sagte aber kein Wort, als sie die Frauen ihre Kommandos geben hörte.
»Hol mir meine Stickerei, Mädchen! Dieser Met schmeckt mir nicht. Er ist zu süß, hol mir einen anderen! Warum ist es hier drinnen so kalt? Kann denn niemand ein anständiges Feuer machen?« Jede dieser Forderungen, die von einer am Kamin sitzenden, schlanken, pferdegesichtigen alten Frau geäußert wurde, ließ die Diener wie von der Tarantel gestochen herumrennen. Einer holte die gewünschte Stickerei, ein anderer nahm das Glas an sich und eilte in die Küche, ein weiterer machte sich umgehend daran, das Holz neu aufzuschichten.
Um nur nicht zurückzustehen, gab eine rundliche Frau mit gerötetem Gesicht, die auf dem zweiten Stuhl am Kamin saß, sofort ihre eigenen Befehle. »Mein Gott, ist das heiß hier. Was? Willst du uns mit dieser Riesenflamme rösten, Mädchen? Schütte Wasser drauf! Hier, nimm meinen Schal und bring ihn auf mein Zimmer! Jemand muss mir ein paar Süßigkeiten bringen, damit ich die Zeit bis zum Mittagessen überstehe!«
Weitere Bedienstete eilten umher, und Robert warf Rosamunde einen amüsierten Blick zu. »Meine Tanten! Sie haben nie geheiratet und leben von einer Jahresrente in London. Wenn sie hierher kommen, spielen sie gern Schlossherrin.«
»Verstehe«, murmelte Rosamunde. Sie schaute zur Treppe hinüber und zu der Frau, die dort gerade herunterkam. Sie war von durchschnittlicher Größe, aber das war auch das einzige Durchschnittliche an ihr. Ihr hübsches, hellblondes Haar wirkte fast weiß, und ihr Gesicht war von erlesener Schönheit, obwohl sich im Augenblick eine große Müdigkeit in ihm abzeichnete. Jeder Schritt schien der Frau schwer zu fallen. Ihre Schultern waren nach vorne gesunken und sie bot ein Bild vollständiger Erschöpfung. Das ist Roberts Mutter, erkannte Rosamunde. Sie sah aus wie eine Frau, die Tage damit verbracht hatte, sich um ihren Mann zu sorgen und sich gerade dann, als sich eine Besserung abzeichnete, von Verwandten wie diesen beiden Tanten auf den Nerven herumtrampeln lassen musste.
In dem Moment, als sie Robert entdeckte, bestätigte sich Rosamundes Vermutung.
»Sohn!«, rief sie aus und ihre gesamte Haltung veränderte sich. Ihre Erschöpfung fiel von ihr ab wie ein altes Kleidungsstück und sie eilte die restlichen Stufen herunter, um die Ankömmlinge zu begrüßen.
Lady Shambley schien eine wunderbare Frau zu sein. So etwa hatte sich Rosamunde immer ihre eigene Mutter vorgestellt. Offensichtlich erleichtert und überglücklich, ihren Sohn zu sehen, nahm sie ihn fest in ihre Arme und hieß danach Arie und Rosamunde herzlich willkommen.
Sie bat sie zu Tisch, ließ Bier und Met bringen und klärte sie über den neuesten Stand von Lord Shambleys Gesundheit auf. Er erholte sich zufriedenstellend, kam langsam wieder zu Kräften. Schon jetzt verließ er einige Stunden am Tag das Bett und Lady Shambley wartete darauf, dass er bald verlangen würde, nach unten kommen zu dürfen.
Zu Rosamundes großer Überraschung fragte sie nicht, wie es dazu gekommen war, dass Arie so plötzlich geheiratet hatte. Aber dann wiederum vermutete Rosamunde, dass Lady Shambley davon Kenntnis hatte, dass Bischof Shrewsbury in der Nacht, als sie so plötzlich verschwanden, aufgetaucht war. Jeder wusste, dass Shrewsbury sich stets im Gefolge des Königs befand, und so konnte man sich wahrscheinlich zusammenreimen, wie diese Hochzeit zustande gekommen war.
Sobald sie ihre Gläser geleert hatten, schlug Lady Shambley ihrem Sohn vor, nach oben zu gehen, um seinen Vater zu begrüßen. Sobald er sich entfernt hatte, bot sie Arie und Rosamunde an, ihnen ihre Gärten zu zeigen. Arie lehnte das Angebot ab, entschuldigte sich damit, dass er mit seinen Männern sprechen müsse, die in aller Bequemlichkeit auf Shambley gewartet hatten, während er durch die Landschaft gerast war. Somit würden Rosamunde und Lady Shambley
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