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Was deine Blicke mir versprechen

Titel: Was deine Blicke mir versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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ihr, dass ihr Vater sie für etwas Besonderes hielt. Rosamunde hing noch ihren Gedanken nach, als ihr Mann plötzlich seinem Pferd die Sporen gab. Sie beeilte sich, ihm zu folgen.
    Obwohl Goodhall aus der Entfernung ein wahrer Traum zu sein schien, verlor es ein bisschen, als sie im Außenhof ankamen. Das Potential war vorhanden, und es war zweifellos eine wunderschöne Burg, nur leider ein wenig heruntergekommen. Schon am Zustand des Außenhofes war zu erkennen, dass der Burgvogt nachlässig gewesen war. Der Schaden war noch nicht Besorgnis erregend, jedoch ließ er Rosamunde erkennen, dass hier einiges zu tun war. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte.
    Sie begann gerade, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, als ihre Augen ganz automatisch die Stallungen suchten und sie auch fanden. Aus einer Mischung von Verzweiflung und Zorn stockte ihr fast der Atem. Die Burg war zwar etwas heruntergekommen, die Ställe jedoch waren die reinsten Ruinen. Riesengroße Löcher klafften in den Wänden, groß genug, dass die Pferde ihre Köpfe herausstrecken konnten. Ohne weiter nachzudenken, einfach als Reaktion auf diesen Anblick, lenkte Rosamunde ihr Pferd im Trab auf das Gebäude zu.
    Sie war noch nicht weit gekommen, als sie Arie hinter sich ihren Namen rufen hörte. Sie zügelte sofort ihr Pferd und drehte sich zu ihm herum. »Ich wollte mir mal die Ställe ansehen, Mylord. Sie ...«
    »Hierher!«, stieß er mit grimmigem Gesicht hervor und wies neben sich.
    Rosamunde zögerte, seufzte dann und ritt zurück an seine Seite.
    Scheinbar zufrieden mit ihrem Gehorsam, wandte sich Arie ab und, in der Annahme, dass sie ihm folgen würde, setzte er seinen Weg zu der Treppe des Hauptturmes fort. Er irrte sich nicht. Sie waren kaum stehen geblieben und hatten begonnen abzusitzen, als sich die Hauptportale öffneten und ein Mann am Arm eines Bediensteten heraustrat.
    Er war alt, einen so alten Mann hatte Rosamunde nie zuvor gesehen. Und er war unvorteilhaft gealtert. Was von seinem Haar übrig war, stand wie ein Kranz weißer Grasbüschel vom Kopf ab. Die eine Seite seines faltigen alten Gesichtes hatte sich zu einem Begrüßungslächeln verzogen, die andere Seite hing schlaff herunter. Der Mund war dort nach unten gezogen, das Auge geschlossen. Seine ganze linke Seite schien zusammengesackt. Von der schlaffen Schulter hing sein linker Arm reglos herunter, und er zog das linke Bein nach, als er entschlossen aus der Tür hinkte.
    Rosamunde starrte den Mann überrascht an. Trotz der Hinfälligkeit seines Körpers schien dieser Mann der Burgvogt zu sein. Das erklärte auch den Zustand des Anwesens. Von einem Mann in seiner Verfassung konnte man kaum erwarten, dass er ganze Arbeit leistete. Die Frage war nur, warum ihr Vater ihn nicht ersetzt und in den wohlverdienten Ruhestand geschickt hatte. Er war in einem derartig bemitleidenswerten Zustand, wie sie es nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Wenn jemand Ruhe verdiente, dann dieser Mann.
    Sie dachte noch darüber nach, als Arie ihren Arm nahm und sie mit sich zog.
    »Mylord Burkhart. Willkommen auf Goodhall«, schnarrte der Mann, sobald sie vor ihm stehen blieben. Wie ein Soldat vor dem Appell, zog er bei der Begrüßung die eine Schulter hoch. Es war eine so würdevolle Haltung, dass man die Tatsache seiner nur schwer verständlichen Worte, die, bedingt durch die schiefe Mundhaltung, klangen wie: »Ma Or Burhar. Wikom ao Gooha«, fast ignorierte.

»Habt Dank«, entgegnete Arie mit freundlichem Lächeln.
    »Ich denke, Ihr seid von unserer bevorstehenden Ankunft in Kenntnis gesetzt worden?«
    »Aye. Wir erhielten bereits vor einigen Tagen eine Nachricht vom König.« Sie mussten sich sehr anstrengen, um die schwerfällige Sprache des alten Mannes zu verstehen. »Ich habe die Diener angewiesen, alles vorzubereiten. Ich hoffe, es wurde zu Eurer Zufriedenheit erledigt.«
    Seine Worte enthielten einen fragenden Unterton, er schien besorgt, ob wirklich alles in Ordnung sei. Die Art und Weise, wie er mit seinem einen trüben Auge durch sie hindurchblickte, erklärte plötzlich auch, warum: Neben der linksseitigen Lähmung seines Körpers war der Mann blind. Daher seine Verunsicherung: Er konnte zwar Befehle erteilen, jedoch nicht überprüfen, ob sie auch ausgeführt wurden. Erneut wunderte sich Rosamunde, warum dieser Mann weiterhin sein Amt innehatte. War er ein alter Freund ihres Vaters? Wollte ihr Vater ihm einen Freundschaftsdienst erweisen, oder hatte er über lange

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