Was der Nachtwind verspricht
Aber ... darf ich dich fragen, warum du ihn nicht sehen willst?«
Sie war viel zu aufgewühlt, um anzuerkennen, dass er sich wirklich liebevoll um sie bemühte, oder daran zu denken, wie er ihre Antwort aufnehmen könnte. »Er hätte diese Verlobung schon vor unserer ersten Begegnung beenden können, aber er hat es nicht getan. Er ist schuld daran, dass wir uns gegenseitig das Leben zur Hölle gemacht haben, und das kann ich ihm nicht vergeben.«
Erst nach einer Weile fragte er sie: »Alex, wenn er die Verlobung jetzt auflösen würde, würde dein Wort dann immer noch gelten?«
»Da ich versprochen habe, dich zu heiraten, es sei denn, du löst die Verlobung auf - ich denke, ja.«
»Und wenn es keine Verlobung gäbe?«
Sie sah ihn an. »Wieso stellst du mir diese Frage?«
»Es ist wahrscheinlich eine dumme Frage, aber sie hängt mit etwas zusammen, das ich schon längst hätte tun sollen. Ich möchte dich ganz offiziell fragen, ob du meine Frau werden willst.«
Die Freude, die sie bei seiner Frage empfand, nahm sich neben ihrem Schmerz seltsam aus. »Du weißt, dass das gar nicht notwendig ist.«
»Alex, bitte. Willst du mich heiraten?«
»Ja.«
»Gibst du mir dein Wort darauf?«
»Treib es nicht zu weit, Petroff ...«
»Bitte.«
»Also gut, ich gebe dir mein Wort, obwohl es das letzte Mal ist, dass ich jemandem verspreche ...«
Er küsste sie, bevor sie ihren Satz beenden konnte. Alexandra vergaß, worüber sie sich aufregen wollte. Als er sie wieder freigab, rang sie nach Atem.
»Wofür war das denn?«
Er lächelte sie an. »Ich wollte mich bei dir bedanken, Alexandra, weil ich es wirklich zu weit getrieben habe.«
Sie sah ihn misstrauisch an. »Petroff, beim nächsten Mal reicht es, wenn du es nur sagst.«
39
Wassili wartete im Vorraum zur Kapelle des Palastes auf seine Braut. Seine Freunde leisteten ihm Gesellschaft und neckten ihn, weil er viel zu früh da war. Er sagte es zwar nicht, aber wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte die Hochzeit schon früher stattgefunden. Aber wahrscheinlich wäre Alexandra angesichts solcher Eile misstrauisch geworden. Er konnte es kaum erwarten und würde erst aufhören, sich Sorgen zu machen, wenn alles vorbei war.
Bis jetzt war es ihm gelungen, Alexandras Vater aus dem Weg zu gehen. Mit etwas Glück ...
Anstelle von Tania erschien plötzlich Konstantin Rubliow in der Tür und fragte mit donnernder Stimme: »Wo habt Ihr meine Tochter versteckt?«
Wassili seufzte. Er hatte einfach kein Glück mehr, seit er die Tochter dieses Mannes kennengelernt hatte. Aber das würde sich jetzt ändern.
Er sah Stefan an. »Würdest du uns bitte allein lassen?«
Stefan blickte zuerst den wütenden Mann an, den er sofort als Vater der Braut erkannte, und dann wieder Wassili. Er hob eine Augenbraue und fragte: » Muss ich?«
»Verdammt noch mal, Stefan ...«
Sein Cousin schmunzelte, dann legte er einen Arm um einen neugierigen Lazar und den anderen um einen verwirrten Serge und schob beide zur Tür hinaus.
Als er mit Konstantin allein war - der einen roten Kopf bekommen hatte vor lauter Verlegenheit, da er in Gegenwart des Königs von Kardinien laut geworden war, ohne sich dafür zu entschuldigen -, sagte Wassili: »Alex hat die Nacht bei den Hofdamen der Königin verbracht. Wir werden gleich heiraten.«
»Hat man ihr denn nicht gesagt, dass ich hier bin?«
»Doch, das hat man«, sagte Wassili. Dann fügte er zögernd hinzu: »Aber ich fürchte, sie will Euch nicht sehen.«
Konstantins Verlegenheit war wie weggewischt. »Unsinn. Meine Tochter und ich stehen uns sehr nahe. Sie ...«
Wassili unterbrach ihn. »Vielleicht hat es sie deshalb so verletzt, was Ihr getan habt.«
Konstantins wütender Gesichtsausdruck verschwand ganz plötzlich. »Dann weiß sie also, dass es nie eine Verlobung gegeben hat?«
»Nein, das weiß sie nicht. Sie war schon weg, als mir meine Mutter von Eurem Eingeständnis erzählt hat. Und ich habe beschlossen, ihr nichts davon zu sagen. Außerdem ist die Verlobung nicht mehr von Bedeutung. Ich habe sie gefragt, ob sie meine Frau werden will, und sie hat meinen Antrag angenommen.«
»Dann ist sie also jetzt glücklich mit Euch?«
»Sie wird es sein.«
Wassili sagte das mit soviel Überzeugung, dass Konstantin ihm einfach glauben muss te. Aber er hatte die Bedeutung von Wassilis Worten nicht erkannt.
»Gott sei Dank«, sagte er. »Nachdem ich gehört hatte, was Eure Mutter über ihr Benehmen zu sagen hatte, dachte ich schon, Alex würde Euch
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