Was der Nachtwind verspricht
hast«, schlug Stefan vor. »Bis dahin wirst du wissen, ob sie schwanger ist. Und dann hast du einen legitimen Grund, die Verlobung aufzulösen.«
Wassilis Erleichterung hielt jedoch nicht lange an, so dass sein Lächeln nicht recht gelingen wollte. »Ich kann mich nicht auf so etwas verlassen. Wenn es nicht stimmt, sitze ich in der Falle. Es wäre am besten, ich würde überhaupt nicht nach Russland gehen, deswegen bin ich auch hier. Du bist doch auch einmal in einer solchen Situation gewesen, Stefan. Was wolltest du denn damals tun, um aus deiner Verlobung herauszukommen?«
»Du erwartest doch wohl nicht, dass ich diese Frage jetzt beantworte?«
Wassili sah zum ersten Mal Tania an. »Würdest du bitte ...?«
»Ganz sicher nicht.«
Er warf ihr einen missmutigen Blick zu, den sie ignorierte. Sie fragte sich, was er wohl tun würde, wenn sie jetzt anfinge zu lachen. Genau danach war ihr jetzt nämlich zumute - sie konnte überhaupt kein Mitgefühl für sein Problem aufbringen. Aber Stefan würde es nicht gerne sehen, wenn sie sich auf Kosten seines Cousins amüsierte. Daher hörte sie ihnen nur ruhig zu, als sie einige Möglichkeiten besprachen, die dann aber beide nicht als echte Alternativen ansahen. Und sie bemerkte, wie Wassili immer mehr die Fassung verlor.
Tania war der Meinung, dass ihr Ehemann außergewöhnlich gut aussah - aber nicht so gut wie Wassili. Kein Mann sah so unwiderstehlich gut aus wie Wassili. Aber noch nie hatte sie ihn in solch einem desolaten Zustand gesehen, noch nie so wütend. Und noch nie zuvor hatte sie gesehen, dass seine Augen so hell leuchteten wie die von Stefan. Er schritt durch das Zimmer - Schleichern war wohl der treffendere Ausdruck, um zu beschreiben, wie er sich bewegte - wie ein lohfarbener Löwe, den man eingefangen hatte, golden und zornig.
Es war ein faszinierender Anblick, hinter seiner maskulinen Anmut plötzlich diese impulsive, fast animalische Seite seines ansonsten stoischen Wesens zu entdecken. Von den vier Männern, die zusammen aufgewachsen und enge Freunde waren, war Wassili derjenige, der mit Worten angriff, die immer ihr Ziel fanden, und nicht mit roher Gewalt. Aber offensichtlich war er genauso zu Gewalttätigkeiten fähig wie die drei anderen.
Tania war damals gesagt worden, dass er derjenige sei, den sie heiraten sollte, da Stefan sie ohne großes Aufheben nach Kardinien hatte schaffen wollen. Er hatte gedacht, dass sie - wie alle Frauen - ihm Wassili vorziehen würde. Aber Wassili hatte sie von Anfang an beleidigt, da er sie für eine Hure gehalten hatte. Deshalb und wegen seiner abgrundtiefen Verachtung hatte sie ihn gehasst . Außerdem hatte sie sich gleich am ersten Abend, als sie sich kennengelernt hatten, zu Stefan hingezogen gefühlt - trotz seine r Narben und seiner >Teufelsau gen< -, und nicht zu dem viel zu gut aussehenden goldenen Adonis.
»Was wirst du jetzt tun?« fragte Stefan schließlich seinen Cousin.
»Ich weiß es nicht.«
»Doch, du weißt es«, sagte Stefan mit leiser Stimme.
»Ja, ich weiß es.« Wassili seufzte. »Aber es wird keine Hochzeit geben, nicht, wenn ich es verhindern kann. Einer von beiden, entweder der Vater oder das Mädchen, wird diese lächerliche Sache absagen - und wenn ich ihnen zeigen muss , wie ich wirklich bin.«
»Wie du wirklich bist?« fragte Tania ungläubig. »Du meinst, wie du sein kannst, wenn jemand dich nicht mögen soll.«
Da sie aus Erfahrung gesprochen hatte, muss te er sich geschlagen geben. »Ganz wie Sie meinen, Eure Majestät.«
Dieses Mal warf Tarda ihm einen missmutigen Blick zu. Stefan muss te ein Schmunzeln unterdrücken und sagte: »Geh nach Hause, Wassili. Morgen früh wird alles halb so wild aussehen. Selbst wenn du das Mädchen heiratest, muss t du ja noch lange nicht...«
»Aber natürlich muss er«, unterbrach ihn Tania entrüstet.
»Ich habe dir ja gesagt, dass sie mir eheliche Treue befehlen wird«, rief Wassili entsetzt und stürmte aus dem Zimmer.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen, sagte Tania: »Oh, das gefällt mir. Dem Pfau werden endlich die Federn gerupft.«
»Ich dachte, du hättest Wassili verziehen, wie er sich dir gegenüber auf der Reise nach Kardinien verhalten hat.«
»Das habe ich auch«, versicherte sie ihrem Mann. »Ich weiß ja, dass er das nur getan hat, damit ich mich nicht in ihn verliebe. Aber anstatt sich fast während der gesamten Reise wie ein kompletter Schwachkopf zu benehmen, hätte er sich gleich denken können, dass das nicht passieren
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