Was der Nachtwind verspricht
zu Fäusten geballt, als sie die Treppe hinaufging, und sie waren immer noch geballt, als sie an die Tür des Gästezimmers hämmerte, in dem der Graf untergebracht sein muss te. Geistesabwesend nahm sie wahr, dass sich drei der Mägde am Ende des Korridors herumdrückten, aber sie schenkte ihnen keine Beachtung. Sie ahnte ja nicht, dass Frauen von ihrem Verlobten angezogen wurden wie Motten vom Licht. Da sie selbst ihm am liebsten aus dem Weg gehen würde, war es nicht verwunderlich, dass ihr die Verbindung nicht auffiel.
Sie hatte sich jedoch das richtige Zimmer ausgesucht. Plötzlich stand Wassili Petroff vor ihr: halb entkleidet, ohne Rock und Stiefel. Das offene weiße Hemd hing ihm aus der Hose heraus und gab den Blick auf Brust und Bauch frei. Ihre Augen weiteten sich und blieben an seiner Brust hängen, die nur von wenigen, sehr hellen Haaren bedeckt war, so dass diese kaum zu sehen waren. Er war wirklich von Kopf bis Fuß golden wie ein Löwe. Und wie ein Löwe war auch er ein Raubtier und sehr, sehr gefährlich. Das wurde ihr instinktiv klar.
»Oh, genau die Person, die ich sehen wollte.«
Seine Stimme klang herablassend und verächtlich. Es war leicht zu erraten, warum. Sie trug immer noch ihre Arbeitskleidung, Rock und Mütze hatte sie abgelegt. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihr Haar zu richten, nachdem sie von ihrem Ausritt zurückgekehrt war. Die ordentliche Frisur, mit der sie diesen Tag begonnen hatte, sah jetzt recht zerzaust aus. Über die Schultern fielen ihr einige widerspenstige, seidenweiche Strähnen, die unter der Mütze versteckt gewesen waren. Die Menschen um sie herum waren es gewöhnt, sie so zu sehen, denn sie kümmerte sich herzlich wenig um ihr Aussehen. Gästen war dieser Anblick allerdings weniger vertraut.
Als sie den Kopf hob und ihm ins Gesicht sah, bemerkte sie verwirrt, dass er lächelte. Und was für ein Lächeln. In ihrem Bauch schienen Schmetterlinge zu flattern. Es war ein so merkwürdiges Gefühl, dass sie am liebsten gekichert hätte. Alexandra war entsetzt. Sie kicherte nie. Sie war auch nie um Worte verlegen, aber zum zweiten Mal an diesem Tag wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
Sie hatte fast vergessen, wie unglaublich gut er aussah. Er war so schön, dass sie Schwierigkeiten hatte, ihn anzusehen, ohne dass ihr verwirrende Gedanken durch den Kopf schwirrten. Du lieber Himmel, würde sie sich jedes Mal , wenn sie diesen Mann sah, geistig zusammennehmen müssen?
Als er sie mit einem Ruck ins Zimmer zog und die Tür hinter ihnen schloss , kam sie schnell wieder zur Besinnung. Jetzt ließ sie ihn ihre Verachtung spüren. Sie sah ihn an und sagte: »Wollt Ihr mich hier etwa verführen?«
Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Dennoch brachte es sie aus der Fassung, dass er ihre Frage einfach ignorierte und mit unverhohlener Überraschung sagte: »Großer Gott, Ihr seht aus, als würdet Ihr gerade aus dem Bett kommen.«
Nach seiner Herablassung nun auch noch diese Worte zu hören, war mehr, als sie sich gefallen lassen konnte. Ihr ganzer Zorn auf ihn war plötzlich wieder da. »Ich werde von Glück reden können, wenn ich mein Bett heute nacht überhaupt sehe. Dank Eurer Rücksichtslosigkeit werde ich die ganze Nacht packen müssen.«
Er hörte auf, sie anzusehen, als ob er sie am liebsten im Bett sehen würde - vorzugsweise in seinem -, und sagte mit einem gleichgültigen Schulterzucken: »Um Eure Frage zu beantworten: Ich will Euch sagen, dass ich auf Eurer Seite bin. Ich will auch nicht heiraten. Sagt Eurem Vater einfach, dass Ihr mich nicht haben wollt, dann kann ich morgen früh ohne Euch abreisen und Ihr könnt heute nacht ruhig schlafen und braucht nicht zu packen.«
»Ihr erwartet, dass ich diese Verlobung breche?«
»Aber gewiss doch«, sagte er herablassend. »Frauen sind doch für ihre Launenhaftigkeit bekannt.«
»Das müsste ich schließlich wissen. Aber in diesem Fall geht es um Ehre und um einen Schwur, und das bedeutet mir zufällig etwas, obwohl es mir lieber wäre, wenn es nicht so wäre. Also müsst Ihr derjenige sein, der einer Laune nachgibt und diese Verlobung bricht. Ich würde es begrüßen, wenn Ihr Euch dazu entschließen könntet, bevor ich meine Zeit mit einer Reise nach Kardinien verschwende.«
»Das ist unmöglich«, rief er aufgebracht aus. »Sagt Eurem Vater einfach, dass Ihr mich nicht haben wollt. Das kann doch wohl nicht so schwierig für Euch sein?«
»Dummkopf, das habe ich ihm schon gesagt. Es hat nichts
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