Was der Nachtwind verspricht
Verteidigung -, denn es war ein sehr befriedigender Gedanke, sich einen vor Schmerz laut schreienden Kardinier vorzustellen.
Nachdem sie dem großen Wolfshund versichert hatte, dass sie über seine anfängliche Begrüßung nicht erzürnt war, blickte sie zu Nina, der Reisetasche und den vielen Kleidungsstücken hinüber, die auf dem Bett verstreut lagen. »Du weißt es also schon?«
»Jeder weiß es«, sagte Nina sachlich. »Wir wissen aber nicht, was du tun wirst. Daher habe ich angefangen zu packen, falls du dich dazu entschließen solltest, diesen Mann zu heiraten. Ich kann das alles hier aber auch ganz schnell wieder wegräumen.«
Nina gab durch nichts zu verstehen, welche Antwort sie gerne hören wollte, obwohl sie ihre eigene Meinung dazu besaß und bereits entschieden hatte, welche Antwort Alexandra geben sollte. Treu, wie sie war, würde sie alles respektieren, wozu Alexandra sich ent schloss , obwohl es wahrscheinlich einige Diskussionen geben würde, falls Nina dachte, dass Alexandra die falsche Entscheidung getroffen hatte. Alexandra liebte sie dafür.
Gesellschaftlich waren sie einander nicht ebenbürtig, und im Aussehen unterschieden sie sich völlig voneinander. Ninas schwarze Haare ringelten sich in unzähligen Locken. Sie hatte riesige hellblaue Augen, die ihr das Aussehen einer Eule verliehen, was zuweilen recht beunruhigend sein konnte, wenn sie ernster Stimmung war. Ansonsten war sie ein süßes kleines Pummelchen mit Grübchen in den Wangen und einem recht derben Humor. Sie und Alexandra waren die besten Freundinnen.
Alexandra setzte sich auf den Bettrand und ließ ihre Finger über ein malvenfarbenes Ballkleid gleiten. Sie hatte dieses Kleid nur ein einziges Mal getragen. In jener Nacht hatte sie ihren ersten Kuss bekommen, von Christopher, und dieser Kuss war so schön gewesen, wie sie es sich immer erträumt hatte.
Sie hielt den Rock des alten Kleides hoch und fragte Nina: »Warum hast du das denn eingepackt?«
»Du brauchst ein Kleid, das du bei deiner Hochzeit tragen kannst«, sagte das Mädchen pragmatisch.
Alexandra betete, dass es nicht so weit kommen würde. Falls doch, würde sie darauf bestehen, dass ein prachtvolles Hochzeitskleid für sie angefertigt wurde, damit sie mehr Zeit gewann. Vielleicht etwas in Schwarz.
»Bring die Reisetasche wieder weg«, sagte sie entschlossen. »Ich will Reisekoffer, jede Menge davon. Lass alle vom Dachboden herunterbringen, und dann leihst oder stiehlst du alle, die in der Stadt zu finden sind. Ich brauche so viele Koffer, dass ich damit mindestens zwei Karren vollkriege.«
Nina konnte sich nicht länger beherrschen. Ihr Grinsen sagte alles. »Du wirst also wirklich den Cousin eines Königs heiraten?«
Alexandra ignorierte die Tatsache, dass ihre Freundin sich darüber freute. »Nein. Ich habe mein Wort gegeben, dass ich es tun werde, aber das heißt nicht, dass die Hochzeit auch stattfinden wird - nicht, wenn ich es verhindern kann. Mein Verlobter ist der Meinung, dass er diese Verlobung nicht brechen kann - ich weiß, dass ich es auch nicht tun kann -, und es bringt mich auch nicht weiter, wenn ich mit ihm darüber streite. Also werde ich ihm einfach demonstrieren, was für eine fürchterliche Ehefrau ich ihm sein werde.«
»Aber du würdest eine ausgezeichnete Ehefrau für ihn abgeben«, widersprach ihr die treue Nina.
»Nicht für ihn. Aber selbst wenn es so wäre, wird er es nie erfahren, und er wird erst recht keinen Schimmer davon haben, wenn ich mit ihm fertig bin.«
Nina setzte sich neben sie und fragte zögernd: »Warum heiratest du ihn nicht einfach?«
»Damit würde ich Christopher betrügen.«
»Christopher geschieht es ganz recht, wenn er betrogen wird«, murmelte Nina.
Alexandra seufzte. Sie würde nicht schon wieder mit ihrer Freundin über die große Liebe ihres Lebens streiten. Keiner der Razins sagte mehr etwas Gutes über Christopher - Nina schon gar nicht -, und sie war es leid, ihn zu verteidigen, da sie nichts vorweisen konnte, um ihre Treue zu rechtfertigen.
»Selbst wenn ich nicht in einen anderen verliebt wäre, würde ich diesen arroganten Kardinier nicht heiraten. Und bevor du jetzt ernsthaft darüber zu streiten beginnst, solltest du wissen, dass er mich auch nicht heiraten will.«
Nina konnte es nicht glauben. Sie war völlig entrüstet. »Das hat er gesagt?«
»Ja. Aber er hat immer noch vor, sich selbst und mich zu opfern, obwohl sein Vater gar nicht mehr am Leben ist und gar nicht entehrt werden kann,
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