Was der Nachtwind verspricht
kümmern. Sie fuhr fort, auf ihn zu schimpfen, aber es machte nicht mehr soviel Spaß wie sonst. Als sich in ihr so etwas wie Schuldgefühle regten, hörte sie mit der Schimpferei ganz auf.
Er konnte also doch uneigennützig handeln. Das reichte natürlich nicht, um seine vielen schlechten Eigenschaften zu entschuldigen. Aber er half ihr dabei, ihre Pferde zu schützen, ihre Babys. Dafür muss te sie ihm zumindest danken, wenn sie Zeit dazu hatte.
Der Sturm tobte den ganzen Nachmittag über mit unverminderter Kraft, und Alexandra machte sich Sorgen um ihre Pferde. Sie waren zwar - genau wie sie selbst - an Kälte gewöhnt, konnten aber normalerweise in einen warmen Stall zurückkehren. Jetzt war das anders. Um die Pferde und auch sich selbst zu beruhigen, verließ sie einmal pro Stunde ihr Zelt, um nach ihnen zu sehen.
Sie war bereits zweimal bei ihnen gewesen. Als sie das dritte Mal zu ihnen ging, war schon jemand dort. Sie hörte, wie er >0 nein< sagte, bevor sie erkannte, dass es Wassili war, der, in einen langen Pelzmantel gehüllt, vor ihr stand. Sie dachte, er würde über das Wetter jammern, bis sie ihn erreichte und sah, dass der provisorische Unterstand, den sie errichtet hatte, halb leer war.
»Was habt Ihr getan?« flüsterte sie entsetzt, wobei sie automatisch ihm die Schuld gab.
»Ich wünschte, ich könnte sagen, ich hätte es getan, aber leider ist es nicht so.« Mit derselben Automatik schlug er einen spöttischen Ton an, aber als er ihren Gesichtsausdruck sah, hätte Wassili seine Worte am liebsten wieder zurückgenommen. »Ich wusste , dass so etwas passieren würde. Wenn Ihr so wertvolle Pferde in diese von Räubern bevölkerten Berge bringt, müsst Ihr einfach damit rechnen, ein paar von ihnen zu verlieren.«
»Ein paar? Alle meine Schimmel sind weg!« rief sie, und dann: »O Gott, das ist alles meine Schuld. Ich habe die Wachen hereingerufen. Ich dachte doch nicht, dass mitten in einem Sturm etwas passieren würde.«
»Obwohl dieser Schnee eine perfekte Deckung bietet und die Bewohner dieser Gegend ein solches Wetter gewohnt sind?«
Er hätte genausogut sagen können, dass er noch nie etwas so Dummes gehört hatte. Sie wusste schon, was er meinte. Und sie stimmte ihm sogar zu. Sie hatte nicht einmal an Räuber gedacht, sondern nur an den Sturm und daran, dass sie seine und ihre Männer nicht Wache stehen lassen wollte, zumindest nicht bis zum Abend, wenn vielleicht das Schlimmste vorüber gewesen wäre.
Aber das war keine Entschuldigung, deswegen erklärte sie es ihm erst gar nicht. Sie dachte schon nicht mehr an Wassili, als sie unter dem Seil hindurchkroch, das die Tiere zurückgehalten hatte, und zur Rückseite der provisorischen Koppel ging, wo das Seil durchgeschnitten worden war.
Keines der anderen Pferde war weggelaufen, alle hatten es vorgezogen, nahe bei dem Unterstand zu bleiben. Da alle anderen Pferde und auch Wassilis Rotschimmel noch da waren, sah es so aus, als ob nur ihre wertvollen Schimmel gestohlen worden waren.
Die Spur war zwar breit, aber kaum zu sehen, da sie allmählich von dem fallenden Schnee verwischt wurde. In ein paar Minuten würde man sie nicht mehr erkennen können. Es blieb keine Zeit, ihre oder seine Leute herbeizurufen. Selbst wenn sie schreien würde, man würde sie im Heulen des Windes nicht hören können. Sie muss te der Spur selbst folgen und herausfinden, wohin ihre Pferde gebracht worden waren. Dann würde sie zurückkommen und ...
»Wo zum Teufel wollt Ihr eigentlich hin?«
Sie wollte gerade eines der Pferde besteigen - keines der Pferde, die einen Sattel getragen hatten, war abgesattelt worden, damit sie noch etwas zusätzliche Wärme bekamen -, als Wassili sie mit einem Ruck zu Boden zog und eine Antwort auf seine idiotische Frage forderte. »Ich habe jetzt keine Zeit für so etwas, Petroff.«
»Ich werde Eure Pferde zurückholen.«
»Wie?«
»Ich werde sie zurückkaufen. Mein Cousin und ich sind diesen Räubern schon mehrmals begegnet. Sie sind immer bereit, ihre Beute wieder herzugeben, wenn man sie anständig dafür bezahlt.«
»Macht Euch nicht lächerlich«, erwiderte sie. »Dann wäre ich Euch ja verpflichtet! Ich werde sie selbst zurückholen, und mich wird das überhaupt nichts kosten. Die Räuber wird es allerdings ihr Leben kosten.«
»Alex, Ihr redet hier aller Wahrscheinlichkeit nach von einem ganzen Dorf voller Räuber, nicht nur von ein paar Wegelagerern.«
»Ich rede davon, meine Pferde zurückzubekommen meine Pferde,
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