Was der Nachtwind verspricht
ihm nur einen verächtlichen Blick zu und sagte mit schneidender Stimme: »Hast du etwa vergessen, dass ich meine Opfer immer vorwarne, Petroff? Ich habe noch andere Peitschen.« Dann sah sie mit ihren dunkelblauen Augen Fatima an. Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. »Wenn du sein Bett auch in Zukunft teilen willst, wirst du einen Preis dafür zahlen müssen. Ist es dir das wert?«
Fatima brachte vor Angst kein Wort heraus. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und rannte davon. Wassili fragte sich, was er zuerst tun sollte: zu Fatima eilen und ihr versichern, dass niemand ihr ein Haar krümmen werde, zumindest jetzt noch nicht, oder Alexandra den Hals umdrehen. Er ging einen Schritt auf Alexandra zu.
Sie wich zurück, aber ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Im Gegenteil, sie sah aus, als wolle sie ihm jetzt, da sie allein waren, die Augen auskratzen. Aber zuerst griff sie ihn mit Worten an.
»Du bist der falscheste, liederlichste, widerwärtigste Mann, der je erschaffen wurde! Du ziehst los und holst deine Braut ab, aber deine Geliebte läßt du weiterhin in deinem eigenen Haus wohnen. Hättest du sie nicht wenigstens in ein anderes Haus bringen können?«
Sie schrie ihn an. Während er sie zwang, noch einen Schritt zurückzuweichen, antwortete er fast zu ruhig: »Ich bin nach Russland gegangen, um meine Braut loszuwerden, und nicht, um sie zu holen. Ich ging davon aus, dass du genug Verstand hast, um zu sehen, dass wir beide nicht zusammenpassen. Aber ich versichere dir, dass meine anderen Geliebten bereits in anderen Häusern sind, und Fatima wird bis heute Abend umgezogen sein.«
»Aber du wirst dich nicht von ihnen trennen?«
»Ich habe dir bereits gesagt, dass ich das nicht tun werde, Liebling. Warum freust du dich denn nicht einfach und siehst endlich ein, dass dir das einen Grund liefert, um diese unselige Sache zu beenden?«
»Ich bin nicht nur durch diesen Verlobungsvertrag gebunden, du Idiot, ich habe mein Wort gegeben, dich zu heiraten. Wann siehst du endlich ein, dass das bedeutet, ich werde dich heiraten, egal, was du tust? Es gibt nur einen Ausweg: Weigere dich, mich zu heiraten. Nur so kannst du diese Verlobung beenden.«
Er zwang sie, noch einen Schritt zurückweichen, bis sie schließlich die Wand in ihrem Rücken spürte. Wassili stützte seine Arme rechts und links von ihr an der Wand ab. »Langsam fange ich an, mich auf diese Heirat zu freuen. Dann kann ich dir für den Rest meiner Tage das Leben so elend wie möglich machen.«
Alexandra war zu wütend, um sich einschüchtern zu lassen. »Elend hat gerne Gesellschaft, Liebling«, schleuderte sie ihm entgegen. »Glaub bloß nicht, dass ich meines allein ertragen werde.« Sie schlüpfte unter seinen Armen hindurch und stürmte zur Tür hinaus.
29
Bojik hatte vor Wassilis Haustür auf Alexandra gewartet. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie ihn völlig vergessen hatte. Seit dem Schneesturm, als er sie nicht hatte finden können, hatte er sie nicht mehr aus den Augen gelassen ... warum hatte sie eigentlich schon wieder die Beherrschung verloren? Es kümmerte sie doch überhaupt nicht, wie viele Frauen Wassili besaß. Andere? Er hatte andere gesagt, der Hundesohn, nein, verdammt, es war ihr egal. Es war klar, dass sie etwas tun muss te, um weiterhin konsequent zu erscheinen, aber sie brauchte es ja nicht ernst zu meinen.
Glücklicherweise hatte er sich nicht mehr an die Konsequenz erinnert, die er ihr angedroht hatte, falls sie noch einmal eine seiner Frauen bedrohen würde. Sie war außerdem heilfroh, dass sie gerade noch rechtzeitig aus seinem Haus entwischt war, denn er war ihr viel zu nah gewesen. Sie hatte schon wieder diese merkwürdigen Gefühle gespürt, die sie jedes Mal überfielen, wenn er in ihre Nähe kam. Und sie wusste , was passieren würde, wenn sie ihren Gefühlen noch einmal nachgab.
Wassili hatte seine Augen fest geschlossen, konnte aber immer noch ihren Geruch riechen, den Zorn in ihren mitternachtsblauen Augen sehen. Diese Leidenschaft ...
Er stöhnte und schlug abermals seinen Kopf an die Wand. Seit sie gegangen war, hatte er sich nicht von der Stelle gerührt. Er konnte diese Situation unter Kontrolle halten, ganz sicher konnte er das. Er durfte nur nicht in ihre Nähe kommen. Bis heute hatte er es auch geschafft. Warum hatte er ihrer Forderung eigentlich nachgegeben? Er hätte sie auf der Straße übernachten lassen sollen. Wenn man sie verhaftete, würde er kein Wort zu ihrer Verteidigung sagen.
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