Was der Nachtwind verspricht
deiner Mutter den Weg weisen wird.«
Natürlich wusste n alle Bediensteten seiner Mutter, wo sich sein Haus befand, und wahrscheinlich würde überhaupt nichts passieren, wenn Alexandra vor seiner Haustür erscheinen und er nicht da sein sollte. Aber andererseits hatte sie mehr als einmal gedroht, ein paar Ohren abzuschneiden. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen.
»Bist du immer so schwierig?« fragte er sie. Er versuchte erst gar nicht, seinen Ärger zu verbergen.
Sie lächelte ihn an. »Für dich, Petroff, gebe ich mein Bestes.«
»Wenn das so ist: Willkommen in meinem bescheidenen Heim«, sagte er trocken und deutete auf das Haus, an dem sie gerade vorbeigekommen waren.
Sie sah ihn verärgert an. »Ach, und das hätte so viel von deiner Zeit in Anspruch genommen?« sagte sie mit schneidendem Sarkasmus, wendete ihr Pferd und ritt auf Wassilis Haus zu, das alles andere als bescheiden aussah.
Wassili gab ihr keine Antwort. Er rief Lazar, der vorausgeritten war, zu, dass er mit den Karren und den Pferden weiterreiten solle. Als Alexandra klar wurde, dass sie ab jetzt mit Wassili allein sein würde, hätte sie ihren Entschluss beinahe geändert. Aber in dem großen, dreistöckigen Gebäude waren sicher Bedienstete. Niemand, der so reich war wie Wassili, entließ seine Diener, nur weil er für ein oder zwei Monate auf Reisen ging.
Ihre Vermutung bestätigte sich, als er mit ihr zur Haustür ging und anklopfte. Während sie warteten, spürte sie, dass ihr Wunsch ihn mehr als nur verärgert hatte. Er war doch nicht etwa ... nervös? War es für ihn tatsächlich von Bedeutung, was sie von seinem Haus denken würde?
Wahrscheinlich nicht. Das bildete sie sich nur ein. Es war ihr ja sowieso egal. Sie war enttäuscht, dass sein Haus so nah war und ihr Besuch nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen würde, wie sie gehofft hatte. Ihre Niedergeschlagenheit kehrte zurück, und mit ihr eine Art Teilnahmslosigkeit. Was ging es sie an, wenn seine Mutter sie nicht mochte? Was kümmerte es sie, wenn sie ihren Vater durch ihr Benehmen demütigte? Was machte es schon, dass sie Christopher verlieren würde, wenn die Hochzeit doch noch stattfand?
Die Tür öffnete sich. Wassili wurde von einem Diener begrüßt, der Alexandra allein schon durch seine Größe überraschte. Er war der größte und dickste Mann, den sie je gesehen hatte, geradezu ein Riese, uralt, mit weißem Haar und runzligem Gesicht. So wie er aussah, hatte er sich bestimmt schon vor zwanzig oder dreißig Jahren zur Ruhe gesetzt. Er war sicher zu alt, um der Butler zu sein, aber dieser Eindruck war wohl falsch, denn er begann, den wartenden Lakaien Anweisungen zu geben, und schickte einen Mann nach draußen, der sich um die Pferde kümmern sollte. Doch sie muss te zugeben, dass er in seiner Jugend wohl mühelos unliebsame Besucher vom Haus ferngehalten hatte. Und mehr noch - er würde es immer noch schaffen.
Wassili sagte zu dem Alten - den er Maurus nannte -, dass er jetzt nicht bleiben, aber spät am Abend zurückkehren werde. Er stellte Alexandra nicht vor, also ignorierte sie die beiden und sah sich in der Eingangshalle um, die alles übertraf, was sie je zuvor gesehen hatte.
In dem weißen Marmorboden spiegelten sich die lebhaften Farben des riesigen Buntglasfensters über der Tür, das einen Regenbogen von Farben zauberte und sogar die drei großen Kronleuchter, die von der Decke des zweiten Stockes herabhingen, in glitzernde Edelsteine verwandelte. Die Halle war lang und ziemlich breit, mit einer großen Treppe am Ende und Korridoren auf jeder Seite, die weiter ins Haus hinein führten.
An der linken Seite der Halle konnte sie viele geschlossene Türen erkennen, auf der rechten Seite befanden sich jedoch nur zwei Doppeltüren, von denen die erste offenstand und den Blick auf einen weißen Teppich freigab. Sie konnte auch einige Möbelstücke aus Rosenholz sehen und den blaugelben Bezug auf dem Sofa und einigen Stühlen. Es war also ein Salon.
An den hohen Wänden hingen viele Bilder in allen nur erdenklichen Größen, außerdem einige Spiegel mit dickem Rahmen, vor denen auf Sockeln oder langen Anrichten Blumen standen. Mitten im Winter waren diese Blumen ein willkommener Anblick. Über einen Strauß gelber Rosen hinweg konnte Alexandra in einem der Spiegel einen Blick auf sich erhaschen. Sie zuckte zusammen.
Sie war nicht so schmutzig wie sonst - die Straßen, über die sie seit gestern geritten waren, wurden gut instand gehalten -, aber wie immer
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