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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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gerechnet, dass sie mal hierherziehen würde.
    „Wo ist dein Haus noch mal?“, drängte Chelsea sich in seine Gedanken, als hätte er es ihr schon mal gesagt, was er aber nicht hatte.
    „Gegenüber von der Shepherd-Molkerei“, sagte er. Seine Mom hatte ihm gesagt, er solle nach der großen Scheune Ausschau halten – die einzige, die von der Straße aus zu sehen war. Das Molkereilogo mit der Kuh wäre nicht zu übersehen, aber die Molkerei war nach Aussage seiner Mutter nicht mehr in Betrieb. Der Typ, den sie vor Kurzem abends in dem Restaurant getroffen hatten, hatte eine Tierklinik daraus gemacht.
    „Das ist auch meine Haltestelle“, erklärte Chelsea. „Ich arbeite Teilzeit bei Dr. Shepherd und helfe ihm bei der Pflege der Tiere.“
    Das klang gar nicht so uninteressant, aber Max würde ihr seine Neugierde niemals zeigen.
    „Ich zeige dir, wo du aussteigen musst“, sagte sie.
    „Toll.“ Als wenn er so eine dumme Scheune nicht allein finden könnte.
    Der Bus schwankte, was Max’ Sporttasche rutschen ließ. Er packte den Tragegurt und starrte dann weiter aus dem Fenster. Einen Moment lang schockierte ihn der Ausblick. Neben der Straße lag eine hohe Schneewehe, und direkt dahinter lauerte ein steiler Abhang. Er hatte keine Angst, es war nur eine Reaktion darauf, aus dem Fenster zu schauen und nichts als Luft zu sehen. Sie würden einen Schulbus nicht auf einer Straße fahren lassen, die unsicher war. Außerdem schlich der Fahrer förmlich dahin, er hatte vermutlich nicht mal die halbe Geschwindigkeit drauf, die hier möglich war.
    „Es gibt eine alte Geschichte“, fing Chelsea an. „Vor ungefähr fünfzig Jahren kam ein Auto hier von der Straße ab. Die Insassen, ein Mann und eine Frau, starben auf der Stelle. Sie waren gerade auf dem Weg in ihre Flitterwochen am Inn am Willow Lake gewesen.“
    „Stimmt das?“
    „Mein Grandpa sagt Ja, aber ich glaube, er weiß es auch nicht sicher. Man sagt, das Auto und die Leichen wurden nie gefunden, weil der See an dieser Stelle zu tief ist.“ Sie fing an, ihre Sachen zusammenzusuchen. „Wir sind fast da.“
    Die Scheune kam in Sicht, genau, wie seine Mom es ihm beschrieben hatte. Endlich.
    Max sah ungefähr fünf Häuser am Seeufer stehen. Ein dünner Rauchfaden stieg aus dem Schornstein einer der Hütten auf. Seine Mom hatte gesagt, er solle nach dem Briefkasten Ausschau halten, der mit gelben Smileys bemalt war. Er fragte sich, ob sie wohl aus dem Fenster schaute und den Bus um die Kurve kommen sah.
    „Da sind wir schon“, verkündete Chelsea.
    Drei andere Kinder standen auf und gingen nach vorne zur Tür. Max murmelte dem Fahrer einen Dank zu und sprang aus dem Bus, wobei er darauf achtete, nicht auf dem gefrorenen Boden auszurutschen.
    Die drei anderen Kinder – zwei Jungen und ein Mädchen – bogen in den Weg ein, der von der Hauptstraße abging. Nach ein paar Metern blieben sie dicht beieinander stehen und zündeten sich Zigaretten an.
    „Achtklässler“, sagte Chelsea. Ihr Ton verriet ihre Missbilligung. „Ich kann Rauchen nicht ausstehen. Das nervt mich total. Okay dann, wir sehen uns.“
    Nicht wenn ich es irgendwie verhindern kann, dachte Max. Froh, der Situation endlich zu entkommen, überquerte er die Straße und fand ohne Probleme den beschriebenen Briefkasten mit den Smileys. Der Schnee drum herum war sorgfältig abgetragen worden, sodass der Briefkasten deutlich zu sehen war. Vermutlich hatte seine Mom das getan. Sie tat oft so, als wenn er ein Volltrottel wäre. Sie hatte sogar angeboten, zur Bushaltestelle zu kommen und da auf ihn zu warten, aber das hatte Max dankend abgelehnt. So etwas taten Mütter von Vorschulkindern – nicht, dass seine Mutter das wissen konnte. Schließlich hatte sie noch nie in ihrem Leben auf einen Schulbus ihrer Kinder gewartet.
    Von dem Augenblick an, in dem der Bus um die Kurve bog, hatte Sophie den Atem angehalten. Als sie es bemerkte, stieß sie ihn wieder aus, nur um ihn gleich darauf wieder anzuhalten. Sie fragte sich, ob es jemals eine Zeit geben würde, in der sie so etwas sehen könnte, ohne sich sofort zu verspannen und von Erinnerungen an jene verschneite Nacht heimgesucht zu werden.
    War es hier im Haus warm genug? Sie schaute auf das Thermometer und legte dann noch ein Scheit Holz nach. Inzwischen war sie ganz gut darin, den Ofen anzufeuern. Auch wenn das Haus nur gemietet war, bedeutete es im Moment ihre Welt, und sie wollte unbedingt, dass Max sich hier wohlfühlte.
    Sie hörte, wie er seine

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